Hund wird untersucht © razyph / iStock / Getty Images
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Tiere in der Apotheke

AUGEN AUF!

Genau wie Menschen können auch Hunde zahlreiche Augenkrankheiten entwickeln, wobei ein Großteil vererbt wird. Indem die betroffenen Tiere nicht zur Zucht zugelassen werden, kann diese Problematik eingedämmt werden.

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Es wird zwischen Erbkrankheiten unterschieden, die durch den Phänotyp des Tieres beziehungsweise durch die Rasse bedingt sind, und solchen, die unabhängig vom Äußeren des Hundes auftreten. Angeborene oder kongenitale Krankheiten sind bei der Geburt bereits vorhanden oder manifestieren sich kurz danach. In der Praxis werden häufig Fehlbildungen der Augenlider und Veränderungen der Wimpern vorgestellt, die aus der Lidentwicklung resultieren.

Wenn Hunde zwinkern Distichiasis ist eine angeborene Haarwuchsanomalie des Lidrandes. Sie ist durch sehr feine und kurze Härchen (Distichien) gekennzeichnet, die am inneren Augenlid aus den Meibomschen Drüsen entspringen und hornhautwärts gerichtet sind. Die Erkrankung wird oft beim Roten Cocker-Spaniel und dem American Cocker-Spaniel beobachtet, kann jedoch auch bei anderen Rassen auftreten. Da die Härchen ständig auf der Hornhaut reiben, führt dies zu Reizzuständen, was vermehrtes Zwinkern und Tränenfluss (Lakrimation) sowie Konjunktivitis oder Keratitis verursachen kann. Oft sind die Symptome so gering, dass der Besitzer die Veränderung nicht wahrnimmt. In solchen Fällen ist auch eine Behandlung nicht notwendig.

Die Härchen können mechanisch mit einer geeigneten Pinzette entfernt werden, was aber nicht dauerhaft erfolgreich ist. Eine Kryotherapie führt zur Verödung der Wurzeln. Bei stärkerer Reizung können die Wimpern durch einen operativen Eingriff mit Kürettage oder Exzision der Haarwurzeln entfernt werden. Bei einer Trichiasis sind normal lokalisierte Wimpern einwärts gedreht, sodass sie den Bulbus berühren, was ähnliche Symptome wie bei Distichiasis hervorruft. Beim Pudel tritt die Krankheit gehäuft auf. Diese Fehlstellung kann zu Hornhaut- und Bindehautirritationen mit Epiphora (permanentes Tränen) und schleimig-eitrigem Augenausfluss führen.

Nasenfalten-Trichiasis Die sogenannten brachycephalen Hunderassen wie Mops und Bulldoggen zeichnen sich durch einen extrem kurz gezüchteten Kopf aus. Bei ihnen wurde durch gezielte Selektion der Gesichtsschädel verkürzt. So wirft sich die Haut der Nase in großen Falten auf. Die Haare dieser Nasen- beziehungsweise Gesichtsfalte reiben dauernd auf der Hornhaut der Augen mit nachfolgenden Hornhautveränderungen. Es kann zu Hornhautgeschwüren kommen, die durchbrechen können, wenn sie nicht rechtzeitig und intensiv behandelt werden. Da es sich bei dieser Veränderung um ein rassetypisches Merkmal handelt, werden die Hunde zur Zucht zugelassen.

Sehprobleme werden beim Hund oft spät entdeckt, da sie die Orientierung nur wenig einschränken.


Entropium und Ektropium Das Entropium gehört zu den Anomalien der Lidstellung. Man versteht darunter eine Einwärtsdrehung des Lidrandes und damit auch der Wimpern. In der Regel ist das Unterlid betroffen. Solange die Welpen ihre Augen noch geschlossen haben, ist die Lidstellung normal. Nach dem Öffnen der Augen kommt es dann aber bald zum Einrollen und damit verbunden zu einer mehr oder weniger starken Reizung des Auges durch die Wimpern, da diese bei jeder Lidbewegung die Hornhaut berühren. Dies äußert sich durch vermehrten Tränenfluss, Blepharospasmus (krampfhafter Lidschluss) und Lichtscheu.

Es kann aber auch zu einer Entzündung der Horn- und Bindehaut, Schmerzzuständen und Hornhautveränderungen kommen. Die ständigen Schmerzzustände verursachen weitere Irritationen am Auge, wie Kratzen, Reiben und Scheuern. Im schlimmsten Fall kann ein Hornhautgeschwür entstehen, das durchbrechen kann, was den Verlust des Auges bedeutet. Eine Disposition für diese Erkrankung weisen zum Beispiel Rottweiler, Englischer Setter, Bullterrier und Dalmatiner auf. Betroffene Hunde müssen von der Zucht ausgeschlossen werden, auch wenn sie durch eine operative Korrektur eine normale Lidstellung erhalten.

Die Operation ist in den meisten Fällen ein Routineeingriff mit einer guten Prognose. Bitte beachten: Ein Blepharospasmus kann auch durch Staub, Fremdkörper, Dämpfe, Zugluft, Allergene sowie eine Konjunktivitis oder Keratitis entstehen. Grundsätzlich muss zwischen Entropium und Blepharospasmus aufgrund von Schmerzen unterschieden werden. Dies geschieht beim Tierarzt durch Einbringen eines topischen Lokalanästhetikums in das Auge: Der Blepharospasmus verschwindet durch diese Behandlung. Ektropium bedeutet die partielle oder vollständige Auswärtsdrehung meistens des unteren Lidrandes.

Die angeborene Form wird als Ectropium subcutis hyperplasticum bezeichnet. Dadurch reagiert die Bindehaut empfindlich und die Hunde neigen zu chronischen Bindehautentzündungen. Da die freiliegende Konjunktiva äußeren Einflüssen ausgesetzt ist und sich Keime ansammeln können, entwickelt sich in Folge eines Ektropiums oft eine Konjunktivitis. Die Tränenflüssigkeit kann nicht abfließen, und die Lider können ihre Schutzfunktion nicht wahrnehmen. Betroffene Hunde sind daher auch anfällig für Hornhautverletzungen.

In ausgeprägten Fällen muss ein Ektropium operiert werden. Das Ektropium ist bei vielen Rassen mit reichlicher und verschieblicher Kopfhaut ein typisches Merkmal, zum Beispiel beim Bloodhound, Bernhardiner und Neufundländer, ebenso auch beim Boxer und Spaniel. Das spastische Ektropium tritt in Zusammenhang mit entzündlichen Veränderungen der Bindehaut auf, das paralytische Ektropium nach einer Nervus-facialis-Lähmung. Auch Narben oder Tumoren können eine Lidauswärtsdrehung verursachen.

Mikroblepharon Als Mikroblepharon (Blepharophimose) wird eine zu kleine Lidspalte bezeichnet. Klinisch fällt eine zu kleine Lidspalte dadurch auf, dass auch bei Manipulation am Auge wenig bis gar keine Sklera oder Konjunktiva sichtbar wird. Das Mikroblepharon tritt häufig einseitig auf, sodass ein Vergleich mit dem anderen Auge erfolgen kann. Die Fehlbildung kann ein Entropium und Reizungen von Kornea und Konjunktiva zur Folge haben.

Eine Prädisposition für die Ausbildung eines Mikroblepharons wird für Hunderassen wie Bullterrier und Chow-Chow angenommen. Differenzialdiagnostisch muss ein Mikrophthalmus, also ein angeborenes zu kleines Auge, abgeklärt werden. Fazit: Auch wenn eine Vielzahl von Erkrankungen und Fehlbildungen erfolgreich behandelt werden kann, ist es das Ziel, dass diese, wenn möglich, erst gar nicht entstehen. Dies gelingt am besten durch züchterische Vorsorgeprogramme sowie durch DNA-Analysen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/18 ab Seite 24.

Dr. med. vet. Astrid Heinl, Tierärztin

Sehprobleme werden beim Hund oft spät entdeckt, da sie die Orientierung nur wenig einschränken.

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