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E-Zigaretten

AUCH PASSIVRAUCHER SIND GEFÄHRDET

Was gibt es Neues zur E-Zigarette? „Dampfen“ ist nicht wesentlich gesünder als Rauchen und die Entwöhnung gelingt nicht unbedingt besser. Da sie als farbenfrohe Lifestyle-Produkte vermarktet werden, ist der Verkauf an Jugendliche mittlerweile untersagt.

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Seit die erste elektrische Zigarette im Jahr 2003 in China auf den Markt kam, gibt es immer mehr Marken und Geschmacksrichtungen. Die E-Zigarette trifft den Nerv der Zeit. Im Jahr 2014 probierte schon jeder fünfte Raucher eine elektrische Zigarette, das ergab eine Umfrage des Deutschen Krebsforschungszentrums. Auch der Umsatz steigt rasant, allein zwischen 2010 und 2014 von 5 Millionen Euro auf über 150 Millionen Euro im Jahr. Elektrische Zigaretten funktionieren mit Strom. Ein Heizelement verdampft das Liquid, eine aromagetränkte Flüssigkeit, die mit oder ohne Nikotin zu haben ist.

Der Verdampfungsprozess wird durch Knopfdruck aktiviert oder durch einen Zug aus dem Mundstück. Äußerlich hat die E-Zigarette rein gar nichts mehr mit der Filterzigarette gemein. Sie erinnert vielmehr an Kugelschreiber, Lippenstifte, Parfümflakons, ja sogar an Asthmasprays. Bei manchen Modellen sitzt an der Spitze ein kleines Lämpchen, das beim Dampfen aufleuchtet und die Glut nachahmen soll. Rund 100 Aromen stehen zur Wahl: Von Cappucino, Cognac, Früchten und Gummibärchen bis zu Käsekuchen. Ein Fläschchen Liquid mit Nikotin entspricht ungefähr 60 Zigaretten, ist aber deutlich billiger. Für manche Raucher ein Anreiz, auf die E-Zigarette umzusteigen.

Dampfen ist nicht gesünder Studien, die die Stiftung Warentest im Jahr 2015 ausgewertet hat, deuten darauf hin, dass Dampfen etwas weniger schadet als Rauchen. Harmlos ist die E-Zigarette deswegen aber nicht. Es fehlt vor allem an Langzeituntersuchungen, die das Dampfen mit dem Rauchen vergleichen. Beim Zigarettenrauchen inhaliert man mit dem Qualm neben dem süchtig machenden Nikotin vor allem giftige und krebserregende Substanzen. Da eine E-Zigarette nicht verbrennt, sondern verdampft, nimmt man meist weniger Schadstoffe auf. Es kommt jedoch auf die Betriebstemperatur an: Bei der üblichen Spannung von 3,5 Volt ist der Dampf relativ ungefährlich. Benutzt man jedoch Modelle mit wählbarer Spannung und verdampft bei 5 Volt, enthält der Dampf viel Formaldehyd.

Der Stoff, der die Atemwege reizen kann, entsteht aus Propylenglykol, einem zugelassenen Lebensmittelinhaltsstoff und Hauptbestandteil der Liquids. Die Flüssigkeiten enthalten außerdem Nikotin, Glyzerin und Aromastoffe. Die Aromen stammen aus der Lebensmittelindustrie und sind unschädlich, wenn sie geschluckt werden. Wie sie sich verhalten, wenn sie erhitzt und eingeatmet werden, ist allerdings noch unklar. Jedenfalls können Aromastoffe als Kontaktallergene wirken. Dass E-Zigaretten schon bei einer kurzzeitigen Anwendung sofortige unerwünschte Effekte verursachen, ist belegt. Das fünfminütige, elektrische Dampfen beeinflusste bei 30 Studienteilnehmern die Lungenfunktion und die Entzündungen in den Atemwegen, ähnlich wie das Tabakrauchen.

Bis vor kurzem nahm man an, dass E-Zigaretten die Umgebung weniger belasten. Aktuelle Untersuchungen des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zeigen jedoch das Gegenteil: Nachdem zwei Stunden lang E-Zigaretten geraucht worden waren, wies man in der Raumluft Formaldehyd, Benzylalkohol und Propylenglykol nach. Formaldehyd kann krebserregend wirken, Benzylakohol löst Allergien aus und Polyethylenglykol reizt Augen und Atemwege. Wie man mit E-Zigaretten im öffentlichen Raum umgehen soll und wie ernst man damit den Nichtraucherschutz nimmt, ist bisher nicht einheitlich geregelt.

Leichter zum Nichtraucher? Die Cochrane Collaboration untersuchte zwei Studien zur Rauchentwöhnung, einmal mit Nikotinpflastern, im anderen Fall mit E-Zigaretten. Beide Verfahren waren ähnlich wirksam, wiesen jedoch niedrige Erfolgsraten auf. Denn nicht einmal zehn Prozent der Teilnehmer schafften es, ein halbes Jahr lang rauchfrei zu bleiben, ob mit Nikotinpflaster oder E-Zigarette. Unabhängig von den Ergebnissen ist es umstritten, ob man sich durch den Umstieg auf die E-Zigarette das Rauchen abgewöhnen kann.

Experten geben zu bedenken, dass auch beim Dampfen ähnliche Verhaltensmuster wirken: Es werden Liquids nachgekauft, Akkus geladen und Geräte bei sich getragen. Und ebenso wie beim Rauchen muss das Verlangen immer wieder gestillt werden. Besonders attraktiv sind elektrische Zigaretten und Shishas für Jugendliche. Dabei spielt die äußere Form eine große Rolle, sehen doch E-Shishas aus wie bunte Stifte. Vermarktet wird beides als Lifestyle-Produkt. Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hatte im Jahr 2014 etwa jeder fünfte (21,4 Prozent) Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren schon einmal eine E-Shisha und jeder siebte (14,8 Prozent) eine E-Zigarette gedampft.

Bei den jungen Erwachsenen (18–25 Jahre) hatten 28,2 Prozent eine E-Zigarette und 14,4 Prozent eine E-Shisha ausprobiert. In diesem Zusammenhang weist das Bundesfamilienministerium darauf hin, dass der Gebrauch von aromatischen E-Zigaretten Jugendliche dazu verleiten könnte, auf nikotinhaltige E-Zigaretten oder auf Filterzigaretten umzusteigen. Wird der Einstieg aber im Jugendalter verhindert, beginnt man im späteren Leben weniger wahrscheinlich mit dem Rauchen, das betont die Bundeszentrale.

Kein Verkauf an Jugendliche Mitte 2016 bestätigte der europäische Gerichtshof die EU-Tabakrichtlinie von 2014. Neben Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln und dem Verbot von Menthol und anderen Aromen in Zigaretten wurde auch die Sonderregelung für elektronische Zigaretten bekräftigt: Die Behältnisse dürfen maximal 20 Milligramm Nikotin pro Milliliter enthalten. E-Zigaretten und Nachfüllbehälter dürfen nicht im Fernsehen, Radio oder anderen Medien beworben werden. Seit Anfang 2016 dürfen E-Zigaretten und E-Shishas nicht mehr an Jugendliche verkauft werden, auch nicht im Versandhandel. Das Verkaufsverbot betrifft auch nikotinfreie Liquids. Der Antrag, nikotinhaltige E-Zigaretten nach einem Zulassungsverfahren ausschließlich in Apotheken zu verkaufen, wie es für Arzneimittel üblich ist, scheiterte allerdings vor Gericht.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/17 ab Seite 82.

Dr. Christine Reinecke, Diplom-Biologin

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