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Politik

AUCH IN DER APOTHEKE

Seit etlichen Jahren ist der Gesetzgeber dabei, Gesetze und Verordnungen zu erlassen, die Steuerbetrug erschweren sollen. Jetzt wurde die Bonpflicht eingeführt. Muss das wirklich sein?

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Der Bundesrechnungshof schätzt, dass durch Manipulationen und Nichtangaben von Bargeldeinnahmen dem Fiskus jährlich circa 10 Milliarden Euro entgehen. Sieht man zum Beispiel die Situation auf einem Weihnachtsmarkt: Am Glühweinstand oder an der Bratwurstbude wird bar bezahlt. Oft gibt es gar keine Registrierkasse, geschweige denn einen Quittungsblock. Das wäre in der Arbeitsrealität dieser Marktstände auch gar nicht zu leisten. Die Mitarbeiter rechnen im Kopf den Betrag aus, oft noch mit dem zusätzlichen Becherpfand.

Bringt man diese zurück wird schnell das Pfandgeld ausgezahlt. Es herrscht Gedränge und viele Menschen wollen gleichzeitig bedient werden. Natürlich ist es verständlich, dass das Finanzamt bei Situationen wie in diesem Beispiel besonders aufmerksam ist. Die Möglichkeit Einnahmen am Finanzamt vorbei in die eigene Tasche zu stecken ist durchaus gegeben. Nun kann man nicht jeden, der einen Marktstand oder ähnliches betreibt, gleich der Steuerhinterziehung verdächtigen, aber der Gesetzgeber hat seit Jahren ein Auge auf alle Geschäfte, die mit Bargeld handeln.

Ein undurchdringlicher Dschungel Im deutsche Steuerrecht tummelt sich eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen. Die Abgabenordnung oder das Steuergrundgesetz steht über allem. Darunter befinden sich dann Gesetze wie das Alkopopgesetz, das Biersteuergesetz, das Branntweinmonopolgesetz, das Gewerbesteuergesetz, das Schaumweinsteuergesetz, das Erbschaftssteuergesetz, das Kaffeesteuergesetz und viele, viele mehr. Dazu kam nun Ende 2016 das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“. Man erhofft sich von diesen Regelungen mehr Sicherheit vor unlauterem Abzweigen von Einnahmen.

Dies hat auch dazu geführt, dass 2018 die sogenannte Kassennachschau eingeführt wurde. Dabei darf der Finanzbeamte unangekündigt zum Beispiel in der Apotheke erscheinen, einen Kassensturz verlangen und die Kassenaufzeichnungen prüfen. Sollten dabei Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, kann der Prüfer sofort weitreichendere Maßnahmen einleiten. Als nächste Stufe zur Umsetzung dieses Gesetzes gilt seit 1. Januar 2020 die Bonpflicht bei Steuerpflichtigen, die computergestützte Kassen oder Registrierkassen benutzen. Die Bonpflicht besagt, dass die Apotheke die Pflicht hat, jedem Kunden nach jedem Geschäftsvorfall einen Bon auszuhändigen oder – so der Kunde es ausdrücklich möchte – auf elektronischem Weg zuzustellen. Der Kunde hat aber nicht die Pflicht, die ausgedruckten Bons mitzunehmen.

Was muss angegeben sein? In §6 der Kassenordnung ist genau angegeben, welche Angaben der Bon enthalten muss:

  • Der vollständige Name und Anschrift des Unternehmens
  • Das Datum der Belegausstellung
  • Der Zeitpunkt des Vorgangsbeginns und des Endes
  • Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Art und Umfang der gelieferten Leistung (z.B. Verleih von Milchpumpen oder ähnliches)
  • Eine Transaktionsnummer
  • Das Entgelt und der entsprechende Steuersatz (Arzneimittel 19%, Bonbons 7% oder steuerbefreite Lieferungen)
  • Die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls


Die Bereitstellung des zertifizierten Sicherheitsmoduls wird den Softwarehäusern obliegen und es wird sicher nicht möglich sein, diese Frist einzuhalten. Daher gibt es für diese Anforderung eine Übergangsfrist bis September 2020. Die Aufzählung der Anforderungen zeigt, dass man im Apothekenalltag allein schon unter Datenschutzaspekten mit den nicht mitgenommenen Bons erhebliche Probleme hat. Besitzt der Kunde eine Kundenkarte, steht automatisch der Name auf dem Bon. Es macht ja auch sonst keinen Sinn, die Daten auf Wunsch des Kunden zu speichern. Die Kunden schätzen den Service keinen Stapel von Zetteln sammeln zu müssen und nehmen gerne einmal im Jahr die Aufstellung der Zuzahlungen und sonstigen Einkäufe, die die moderne Software bietet.

Aber der Name des Kunden mit sensiblen Daten, wie den verordneten Arzneimitteln sollte nicht irgendwo durch die Offizin flattern. Das ist ein Bild, dass man oft genug vor den Türen der Supermärkte sieht. Gerade in der Apotheke mit den modernen POS-Systemen muss jede Transaktion zwingend korrekt abgeschlossen werden, da sonst die Lagerhaltung in das vollkommene Chaos stürzt. Das ist mit und ohne Bonpflicht so. Und selbstverständlich muss es möglich sein, Fehler und Retouren im Computersystem durchführen zu können. Deshalb ist man noch lange kein Steuerhinterzieher.

Es muss nur lückenlos und sauber dokumentiert sein. Das ist auch in der Vergangenheit schon so gewesen. Ob das Ausdrucken jedes einzelnen Kassenvorganges zu mehr Steuerehrlichkeit führt, bleibt die Frage. Vorläufig werden circa 2 Millionen Kilometer mehr Papier ausgedruckt. Das sind, wie das Handelsforschungsinstitut EHI ausgerechnet hat, ungefähr 8500 Fichten, die dafür gefällt werden müssen. Bleibt zu hoffen, dass sie wenigstens den Zweck erfüllen, für den sie gedacht sind!

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2020 ab Seite 104.

Mira Sellheim, Apothekerin, Delegierte der Landesapothekerkammer Hessen

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