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Husten

ATEMWEGE IN AUFRUHR

Unter Husten leidet fast jeder mindestens ein Mal im Jahr. Für die Therapie bedeutsam ist die Unterscheidung in einen produktiven und trockenen Husten.

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Durchschnittlich endet ein Erkältungshusten nach drei bis vier Wochen. Aber einige Erreger lassen den Betroffenen deutlich länger husten. Ein Keuchhusten kann sich sogar über Monate hinziehen.

Darüber hinaus kann der Husten den eigentlichen Infekt überdauern. So ein postinfektiöser Husten kann mit oder ohne Überempfindlichkeit der Rezeptoren (bronchiale Hyperreagibilität) einhergehen. Medikamentös kommen inhalative Kortikosteroide, inhalative Beta-Sympathomimetika oder Antitussiva zur Anwendung.

Husten ist keine eigenständige Krankheit, sondern meist Symptom einer Vielzahl pulmonaler und kardialer Erkrankungen. Besonders ein länger persistierender Husten ist häufig durch eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder ein Asthma bedingt. Meistens ist Husten Begleiter einer Erkältung oder einer akuten Bronchitis.

Meist viral ausgelöst In etwa 90 Prozent der Fälle sind Viren die Übeltäter, wobei Rhinoviren die größte Rolle spielen. In der Regel reagiert der Organismus auf den Erregerangriff zunächst mit einer Entzündung der oberen Atemwege, was als grippaler Infekt oder umgangssprachlich Erkältung bezeichnet wird.

(K)ein Ende abzusehen
Durchschnittlich endet ein Erkältungshusten nach drei bis vier Wochen. Aber einige Erreger (z. B. Adenoviren, Mykoplasmen, Bordetella pertussis) lassen den Betroffenen deutlich länger husten. Ein Keuchhusten kann sich sogar über Monate hinziehen. Darüber hinaus kann der Husten den eigentlichen Infekt überdauern. So ein postinfektiöser Husten kann mit oder ohne Überempfindlichkeit der Rezeptoren (bronchiale Hyperreagibilität) einhergehen. Medikamentös kommen inhalative Kortikosteroide, inhalative Beta-Sympathomimetika oder Antitussiva zur Anwendung.

Dabei leiden die Betroffenen zumeist nicht nur unter Husten, sondern sie klagen zudem über Schnupfen, Halsbeschwerden, Kopf- und Gliederschmerzen. Erhöhte Temperatur oder Fieber kommen selten hinzu. Möglich ist auch eine sich anschließende Infektion der unteren Atemwege, bei der sich die Bronchien entzünden. So eine Bronchitis kann sich in seltenen Fällen auch ohne vorherige Beteiligung der oberen Atemwege einstellen.

Der Hustenreflex reinigt vor allem die Atemwege. Er läuft unwillkürlich ab und lässt sich nur schwer unterdrücken. Er wird durch Stimulation von Hustenrezeptoren in Gang gesetzt, die sich im gesamten Bereich der oberen und unteren Atemwege befinden, wobei ihre Verteilung am Kehlkopf am dichtesten ist. Die Reize werden über aufsteigende Nervenbahnen in das Hustenzentrum im Zentralnervensystem weitergeleitet, das in der Medulla oblongata, einem Teil des Hirnstamms, liegt. Die Reize können mechanischer, chemischer oder thermischer Natur sein.

Je nach Art aktivieren sie entweder Chemo- oder Mechano- beziehungsweise Dehnungsrezeptoren. Überschreiten die Reize einen gewissen Schwellenwert, löst das Hustenzentrum über absteigende Nervenbahnen einen Reflex aus und erregt die Effektororgane. Folge ist eine explosionsartige Ausatmung der Atemluft, die sich als Hustengeräusch bemerkbar macht und Fremdkörper und Sekret aus den Atemwegen mit sich reißt.

Akut oder chronisch Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) ist vor allem diese Unterscheidung wichtig. Demnach gilt ein Husten bis zu acht Wochen als akut, danach wird er chronisch. Ein akuter Husten ohne begleitende bedrohliche Symptome wie Atemnot, hohes Fieber, Bluthusten oder starke Thoraxschmerzen geht zumeist auf akute virale Infekte zurück und klingt bei ansonsten gesunden Personen nach kurzer Zeit von selbst ab.

Sonderstellung der Phytopharmaka
Es ist ein typisches Merkmal pflanzlicher Hustenmittel, dass sie als Vielstoffgemische ein breites Wirkstoffspektrum aufweisen und nicht immer in reine Antitussiva oder Expektoranzien unterteilt werden können. So wirken Präparate mit Spitzwegerich nicht nur hustenreizlindernd, sondern auch schleimlösend. Thymian- und Efeupräparate haben hingegen nicht nur eine expektorierende, sondern auch antitussive Wirkung.

Chronischer Husten erfordert hingegen immer eine diagnostische Abklärung durch den Arzt und ist auf eine Vielzahl behandlungsbedürftiger Erkrankungen zurückzuführen (z. B. COPD, Asthma, Endokarditis, Tuberkulose, Allergien, Medikamente oder Reflux).

Arztbesuch empfehlen Unter Umständen kann es sinnvoll sein, nicht acht Wochen verstreichen lassen, bis der Mediziner die Ursache ergründet. Wird ein trockener Husten nach wenigen Tagen nicht produktiv, sondern persistiert als Reizhusten, liegt vermutlich kein banaler Erkältungshusten vor, der von selbst ausheilt beziehungsweise einer Selbstmedikation leicht zugänglich ist.

Ebenso muss ein Husten ärztlich abgeklärt werden, der sich länger als zwei oder drei Wochen unverändert ohne Tendenz zur Besserung zeigt oder sich sogar verschlimmert. Auch ist ein Arztbesuch beispielsweise bei Hustenpatienten mit Fieber > 39 °C, Schmerzen beim Atmen, Atemnot, eitrigem oder blutigem Auswurf, Begleiterkrankungen oder bei Verdacht auf arzneimittelbedingten Husten sowie bei Schwangeren, Stillenden, Säuglingen und Kleinkindern anzuraten.

Produktiv und nicht-produktiv Traditionell wird Husten in diese beiden Kategorien unterteilt. Ersterer geht mit einer vermehrten Produktion (Hyperkrinie) von zähem Schleim (Dyskrinie) einher. Trockener Husten ist hingegen unproduktiv, da keine Sekretproduktion stattfindet, und macht sich als Reizhusten bemerkbar. Treten die beiden Hustenformen im Rahmen einer Erkältung oder einer akuten Bronchitis auf, können drei verschiedene Phasen unterschieden werden.

In der Regel besteht zu Anfang ein trockener Reizhusten, der zwei bis drei Tage anhält. Darauf folgt ein etwa sieben bis zehn Tage andauernder produktiver Husten, dem im Anschluss in der Abheilungsphase wieder ein trockener Reizhusten folgen kann, sodass es möglich ist, dass Betroffene insgesamt bis zu acht Wochen von Hustenattacken geplagt werden.

Selbstreinigung der Lunge Ein produktiver Husten entwickelt sich, wenn die natürliche Reinigungsfunktion der Atemwege nicht optimal funktioniert. Normalerweise sorgt ein physiologischer Selbstreinigungsmechanismus dafür, dass Fremdstoffe kontinuierlich aus den Atemwegen befördert werden. Dafür sind die Atemwege mit einer speziellen Schleimhaut ausgekleidet, die mit sekretproduzierenden Zellen und Drüsen versehen ist.

Diese sondern ständig Sekret ab, das aus einer dünnflüssigen Sol- und einer zähen Gelphase besteht. In ersterer schlagen Zilien rhythmisch hin und her und schieben so die Gelphase mitsamt der darin gefangen Partikel und Mikroorganismen in Richtung Rachen, wo sie durch Verschlucken unschädlich gemacht werden.

Zur Unterstützung des gesamten Systems befindet sich zwischen den beiden Sekretschichten noch eine oberflächenaktive Substanz, der Surfactant. Er führt zur Verbesserung der Fließeigenschaften des Bronchialsekrets, indem er ein Verkleben der Zilienspitzen in der Gelphase verhindert. Der gesamt Vorgang wird als mukoziliäre Clearance bezeichnet.

Husten als Ersatzreinigungsmechanismus Bei einer Entzündung der Atemwege hat sich die Gelphase in Plaques umgewandelt, die schwer auf der Schleimhaut aufliegen und die Zilien verkleben und damit lähmen. Somit werden sie in ihrer Funktion beeinträchtigt und können die Weiterberförderung des zähflüssigen Sekretes in Richtung Rachen nicht mehr bewältigen.

Die körpereigene mukoziliäre Reinigung kommt zum Erliegen und durch den entstehenden Druck werden die Hustenrezeptoren gereizt. Als Folge wird ein produktiver Husten als Ersatzreinigungsmechanismus ausgelöst, der fremde Substanzen aus dem Atemtrakt fernhält.

»Produktiver Husten ersetzt die natürliche Reinigungsfunktion der Atemwege, wenn diese nicht mehr richtig funktioniert.«

Bei Reizhusten für Ruhe sorgen Anhaltender, trockener Husten ist für den Betroffenen hingegen ohne Nutzen. Seine gewaltigen Stöße reizen vielmehr die erkältungsbedingt bereits entzündeten Schleimhäute immer wieder aufs Neue. Diese reagieren mit noch heftigeren Hustenanfällen, die wiederum eine zunehmende Schleimhautirritation mit verstärkten Hustenattacken nach sich ziehen und damit einen Teufelskreis aus Gewebeschädigung, Entzündung und erneuter Sensibilisierung der Hustenrezeptoren unterhalten. Antitussiva können helfen, diesen Circulus vitiosus zu unterbrechen. Dabei werden periphere, hustenreizlindernde Wirkstoffe von zentralen, hustenreizstillenden Substanzen unterschieden.

Hustenreiz stillen Zentrale am Hustenzentrum angreifende Substanzen heben die Reizschwelle im Hustenzentrum an und senken so die Frequenz und Intensität des Hustens. Ein notwendiges Abhusten bleibt aber jederzeit erhalten, weshalb auch die Bezeichnung Hustenblocker falsch ist. Als Goldstandard gelten das verschreibungspflichtige Codein und seine Derivate, deren Wirkung durch Bindung an Opioidrezeptoren im Hirnstamm erzielt wird. Für die Selbstmedikation stehen Dextromethorphan und Pentoxyverin zur Verfügung.

Hustenreiz lindern Periphere Antitussiva wirken außerhalb des Hustenzentrums. Man vermutet, dass sie die Reizschwelle der Hustenrezeptoren in Luftröhre und Bronchien herabsetzen oder die aufsteigende Leitung zum Hustenzentrum beeinflussen. Wichtige Vertreter sind das lokal wirkende Dropropizin sowie die systemisch verfügbaren Substanzen Benproperin und Levodropropizin, wobei letzteres der Verschreibungspflicht unterliegt.

Auch Lokalanästhetika (z. B. Ambroxol) wirken als periphere Antitussiva durch Dämpfung der Rachenrezeptoren. Voraussetzung ist, dass der Wirkstoff lokal als Lutschtablette oder Saft verwendet wird und damit lange im Rachenraum einwirken kann.

Pflanzlicher Schutzfilm Daneben lindern auch Schleimdrogen wie Isländisch Moos, Eibisch, Malve, Wollblumen oder Spitzwegerich den Hustenreiz. In Form von Säften, Lutschtabletten, Gurgellösungen, Tees, Hustenbonbons und Honigzubereitungen entfalten sie lokal eine hustenreizlindernde Wirkung im Rachen. Die Rezeptoren im Kehlkopf und in den Bronchien werden nicht mehr erreicht.

Die Schleimbestandteile und der in den Präparaten enthaltene Zuckersirup legen einen beruhigenden Schutzfilm auf die entzündete Schleimhaut. Rezeptoren im Rachen werden quasi umhüllt und so deren Ansprechbarkeit vermindert. Zudem wird der Speichelfluss angeregt. Die Zubereitungen werden als Demulzenzien oder Linderungsmittel bezeichnet und wirken so lange, wie sie am Rezeptor verweilen (circa 30 Minuten).

Chemisch-synthetische Hustenlöser Expektoranzien sind Mittel der Wahl bei einem produktiven Husten. Sie helfen, das Sekret aus den Atemwegen zu eliminieren. Dies erreichen sie durch Erhöhung des Sekretvolumens (Sekretolyse) und Herabsetzung der Viskosität (Mukolyse). Dadurch verflüssigt und löst sich der Schleim. Der Zilienapparat wird wieder in Gang gesetzt und die mukoziliäre Clearance unterstützt (sekretomotorische Wirkung).

Vorab immer Fragen stellen
Bevor Sie einem Kunden ein Hustenmittel empfehlen, sollten Sie seine Eigendiagnose oder seinen Präparatewunsch hinterfragen. Die ABDA stellt in ihrer Leitlinie „Husten“ wichtige Beispiele vor:

+ Welche Beschwerden liegen vor? (Trockener oder produktiver Husten, Schmerzen beim Atmen,
   Atemnot?)
+ Seit wann? (Akut, chronisch?)
+ Wann treten die Beschwerden auf? (nachts, morgens?)
+ Weitere Begleitsymptome? (Fieber, Hals-, Kopfschmerzen, Schnupfen?)
+ Wurden die Beschwerden schon beim Arzt abgeklärt?
+ Welche Arzneimittelerfahrungen liegen vor?
+ Liegen noch andere Erkrankungen vor? (z. B. Asthma, COPD, Mucoviszidose, Refluxösophagitis?
+ Welche Arzneimittel werden eingenommen? (z. B. ACE-Hemmer, Antidepressiva).

Bei uns haben Acetylcystein (ACC) und Ambroxol die größte Bedeutung erlangt. Sie haben sekretolytische, sekretomototische und antientzündliche Effekte. ACC soll über eine Sprengung der Disulfidbrücken zwischen den Mucopolysaccharidfasernden und über Radikalfänger eigenschaften wirken. Ambroxol greift in verschiedene Stellen des natürlichen Reinigungsmechanismus der Atemwege ein und normalisiert die mukoziliäre Clearance.

Pflanzliche Alternative Efeuextrakt löst zum einen den in den Bronchien festsitzenden Schleim,
der dadurch besser abgehustet werden kann. Zum anderen wirkt er bronchospasmolytisch und fördert das Durchatmen. Als Folge dieser Effekte wird der Hustenreiz gelindert. Des Weiteren richten sich einzelne Inhaltsstoffe des Extrakts direkt gegen die Entzündung.

Als Hustenlöser gut bewährt haben sich auch Thymian und Primelwurzel. Für ätherische Öle oder Bestandteile daraus, wie Cineol und Myrtol, konnten Untersuchungen eine Verbesserung der mukoziliären Clearance sowie antioxidative und antiinflammatorische Eigenschaften bescheinigen. Dem Vielstoffgemisch aus Pelargonium sidoides, der Kapland-Pelargonie, wurden sekretomotorische, antivirale und antibakterielle Wirkungen attestiert.

Homöopathika einsetzen Die Wahl eines passenden Einzelmittels richtet sich nach den Leitsymp-
tomen. Sie kommen meist in D6 oder D12 zur Anwendung. In Komplexmitteln finden sich auch andere Potenzen. Klassiker bei einem sekretarmen Husten sind Rumex (typischer Reizhusten), Bryonia (schmerzhaft) und Hyoscyamus (abends im Liegen nicht endend) und Spongia (heisere Stimme, vom Kehlkopf ausgehend).

Bei einem sekretreichen Husten haben sich folgende Optionen bewährt: Drosera (keuchhustenähnliche Anfälle), Sticta (verschleimt, aber leicht lösend), Ipecacuanha (krampfartige Anfälle mit starker Verschleimung), Coccus cacti (zäher Schleim, der kaum abgehustet werden kann) und Antimonium sulfuratum nigrum (starke Verschleimung mit Luftnot).

Kombinationen von Antitussiva mit Expektoranzien Immer wieder wird über den Einnahmemodus der Hustentherapeutika diskutiert. Lange Zeit war gültige Empfehlung, einen Husten dem Krankheitsverlauf entsprechend ausschließlich mit antitussiven oder expektorierenden Präparaten zu behandeln.

Aus Angst vor einem Sekretstau wurde sogar auf die abendliche Einnahme eines Antitussivums zur Hustendämpfung verzichtet, wenn tagsüber das Abhusten von Schleim mit Expektoranzien gefördert wurde. Inzwischen hat ein Umdenken stattgefunden: Laut Leitlinie können beide Prinzipien (tagsüber Sekretolyse, nachts Hustendämpfung) kombiniert werden.

Antibiotika nur in Ausnahmefällen Sie sind keine routinemäßige Therapieoption, da Erkältungen und akute Bronchitiden überwiegend viraler Natur sind. Selbst eine bakterielle Beteiligung ist keine absolute Indikation für eine antibiotische Therapie. Die Leitlinie sieht Antibiotika nur bei selten auftretenden bakteriellen Superinfektionen einer akuten Bronchitis oder bei akuten bakteriellen Infekten der oberen Atemwege vor (z. B. (Rhino-)Sinusitis, eitrige Tonsillitis, Pharyngitis, eventuell Otitis media).

Begleitende Maßnahmen empfehlen Geben Sie während oder zum Abschluss des Beratungsgespräches Ihrem Kunden immer Tipps mit auf den Weg, wie er seinen Husten zusätzlich noch nicht-medikamentös lindern kann. Empfehlen Sie ihm, dass er seinem Körper Schonung gönnt, auf das Rauchen verzichtet und die Raumluft feucht hält. Quält ihn ein Hustenreiz, können Sie zuckerhaltige Hustenbonbons, warmen Tee oder ein Glas warme Milch mit Honig raten. Teemischungen mit schleimlösenden Drogen helfen bei produktivem Husten. Dieser profitiert auch von Wärmeanwendungen und Inhalationen. 

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/13 ab Seite 12.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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