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Politik

AMPREISV

Die am 1. Januar 2013 in Kraft tretende neue Arzneimittelpreisverordnung gesteht Apotheken nur eine minimale Erhöhung der Packungspauschale zu.

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Sinn und Zweck der Arzneimittelpreisverordnung ist es, Patienten und Beitragszahler vor einer willkürlichen Preisgestaltung zu schützen. Sie dient insoweit dem Gemeinwohl. Die entsprechende Rechtsgrundlage für die Verordnung findet sich im Arzneimittelgesetz, konkret in § 78.

In diesem Paragraf ist geregelt, dass das Bundeswirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit die Handelsspannen der Apotheken und des pharmazeutischen Großhandels für verschreibungspflichtige Arzneimittel festlegt.

Herstellerabgabepreis Auf den ersten Blick überraschend ist, dass sowohl Arzneimittelgesetz als auch AMPreisV keine Regelung für den Herstellerabgabepreis enthalten, den der pharmazeutische Unternehmer vielmehr aufgrund ökonomischer Entscheidungen – anders als in vielen anderen europäischen Ländern – „frei” festlegen kann. Diese Freiheit wird allerdings auf den zweiten Blick durch indirekte Preisinstrumente beschränkt, etwa durch Festbeträge, Rabattverträge und neuerdings durch die Nutzenfrühbewertung mit nachfolgenden Verhandlungen über den Erstattungsbetrag.

Seit 2011 beträgt der in der AM PreisV geregelte zulässige Großhandelszuschlag auf den Herstellerabgabepreis 3,15 Prozent plus zusätzlich 70 Cent (höchstens jedoch 37,80 Euro). Die Apotheke darf auf diesen Einkaufspreis drei Prozent und einen pauschalen Zuschlag von 8,10 Euro je Packung (sowie die Mehrwertsteuer) aufschlagen. Mit diesen Zuschlägen werden die Dienstleistungen der Apotheken bei der Versorgung mit rezeptpflichtigen Fertigarzneimitteln vergütet. Die gesetzlichen Krankenkassen erhalten allerdings bei der Abgabe rezeptpflichtiger Arzneimittel einen Rabatt in Höhe von derzeit 2,05 Euro je Packung.

Für Nacht- und Notdienste, die Abgabe von Betäubungsmitteln und die Zubereitung von Rezepturen sind separate Zuschläge in der AMPreisV vorgesehen. Besondere Zuschläge gelten zudem für in Apotheken hergestellte Arzneimittellösungen unter anderem für die Krebs- und Schmerztherapie. Der Apothekenfestzuschlag für Fertigarzneimittel galt unverändert seit neun Jahren, eine Anpassung an die Kostenentwicklung der Apotheken war somit überfällig. Die Erhöhung des Fixhonorars um nur 25 Cent fiel dürftig aus.

Wie kommt der Anpassungsbedarf zustande? Berechnungsgrundlage waren Daten des Statistischen Bundesamtes für den Zeitraum 2004 bis 2011. Aus dem Anstieg der Gesamtkosten der Apotheken − vor allem bedingt durch höhere Personalkosten − und dem Anstieg des Rohertrags, also dem Umsatz zu Verkaufspreisen (ohne MwSt. und vermindert um den Wareneinsatz), errechnete das zuständige Ministerium durch Differenzbildung den Anpassungsbedarf. Der Anstieg des Rohertrags ergibt sich dabei maßgeblich durch den Anstieg der Packungszahl und den damit verbundenen Zuwachs der Erträge aus dem packungsbezogenen Festzuschlag.

Die so errechnete Anpassungshöhe von durchschnittlich 11 500 Euro wurde dann in einem zweiten Schritt auf das verschreibungspflichtige Segment begrenzt, da der Festzuschlag nach AMPreisV nur diesen Teil vergüten soll. Mit einem geschätzten Anteil von Dreiviertel am Gesamtkostenanstieg ergab sich somit rechnerisch ein Anpassungsbedarf je Apotheke von rund 8600 Euro.

POSITIV: VERSANDHANDEL
Aber es gibt auch gute Neuigkeiten. Höchstrichterlich wurde entschieden, dass sich der Versandhandel aus dem EU-Ausland durch die Gewährung von Rabatten auf verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht einen Vorteil verschaffen darf. Auch für sie gilt die Preisbindung der AMPreisV.
Diese Entscheidung bedeutet mehr Wettbewerbsgerechtigkeit und sichert Arbeitsplätze in deutschen Apotheken.

Teilt man diesen Betrag durch die Zahl der Packungen je Apotheke (circa 35 000), ergibt sich eine Erhöhung des Festzuschlags je Packung um 25 Cent. Entsprechend sieht die Zweite Verordnung zur Änderung der Arzneimittelpreisverordnung eine Erhöhung des Zuschlags von 8,10 Euro auf 8,35 Euro je Packung zum 1. Januar 2013 vor. Dies bedeutet eine Deckelung des Apothekengewinns auf dem Niveau des Jahres 2004 und Abkopplung der Apotheken von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung.

Nachbesserungen Zweifel sind angebracht, ob so der Fortbestand von öffentlichen Apotheken vor allem in ländlichen, dünn besiedelten Gebieten mittelfristig gewährleistet werden kann. Ungelöst bleiben durch die neue Verordnung zudem die Unterdeckung der Honorierung für Rezepturanfertigung, Betäubungsmittel und Not- und Nachtdienste.

Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt und will nachbessern. Gedacht ist an die Einführung einer Nacht- und Notdienstpauschale in Höhe von rund 165 Euro. Man hofft so, die Rund-um-die-Uhr-Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln auf dem Land nachhaltig gewährleisten zu können. Zugleich droht den Apotheken neues Ungemach, da der Krankenkassenrabatt neu verhandelt werden muss. Der Ausgang der Verhandlungen ist ungewiss. Vorsorglich wies das Wirtschaftsministerium schon mal darauf hin, dass bei diesen Verhandlungen der nunmehr erhöhte Apothekenzuschlag zu berücksichtigen sei.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/12 ab Seite 94.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

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