© nobeastsofierce / fotolia.com
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In aller Munde

AMALGAM

Gesundheitsschädlich oder nicht? An Amalgamfüllungen scheiden sich die Geister. Grund genug, dem bewährten, aber umstrittenen Füllungsmaterial einmal genauer auf den Zahn zu fühlen.

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Kaum ein Gebiss eines Erwachsenen ist völlig frei von Karies. Und ist der Zahn erst einmal löchrig, muss er vom Zahnarzt saniert und anschließend wieder gefüllt werden. Der sicherlich bekannteste Füllstoff ist das silberfarbene Amalgam, ein Werkstoff, den Zahnmediziner seit über 150 Jahren einsetzen.

Aus gutem Grund, denn schließlich ist die Metalllegierung nicht nur kostengünstig, sondern lässt sich auch gut verarbeiten und ist sehr langlebig. Sogar im Seitenzahnbereich, wo großer Kaudruck herrscht, halten Amalgamplomben im Durchschnitt sieben bis acht Jahre und damit deutlich länger als viele ihrer zahnfarbenen Verwandten.

Gefahr durch Quecksilber? Hinter Amalgam verbirgt sich eine Mischung der Metalle Silber, Kupfer, Zinn und – etwa 50 Prozent – Quecksilber . Und hierin liegt das Problem: Denn bekanntlich ist das Schwermetall toxisch. Aufgrund des hohen Quecksilbergehalts stehen Zahnfüllungen aus Amalgam bereits seit Jahrzehnten in der Kritik und unter Verdacht, Vergiftungserscheinungen auszulösen.

Immer wieder werden diese Füllungen ursächlich für unterschiedliche Beschwerden und Krankheiten verantwortlich gemacht, die von Kopfschmerzen und Migräne über Müdigkeit und Depressionen bis hin zu Nervenschädigungen und Herz-Kreislauf-Problemen reichen. Jedoch: Einen gesicherten wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen chronischen Erkrankungen und Amalgam im Gebiss gibt es bis heute nicht. „Die toxikologische Gesundheitsgefährdung konnte in zahlreichen Studien, die seither aufgelegt wurden, nicht nachgewiesen werden”, informiert die Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Zahnheilkunde (DGÄZ).

Experten geben Entwarnung Eine Einschätzung, mit der die DGÄZ nicht allein ist. Auch zahlreiche andere Experten und Fachgesellschaften geben aufgrund der Studienlage „Amalgamentwarnung”. „Bislang gibt es keinen Beleg für ein erhöhtes Krebsrisiko durch Amalgamfüllungen”, erklärt beispielsweise das Deutsche Krebsinformationszentrum und fügt hinzu: „Intakte Amalgamfüllungen müssen auch bei einer Krebserkrankung nicht entfernt werden.”

Und in einer Broschüre des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) heißt es: „Nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnisstand besteht kein begründeter Verdacht dafür, dass ordnungsgemäß gelegte Amalgamfüllungen negative Auswirkungen auf die Gesundheit des zahnärztlichen Patienten haben. Ausnahmen sind die selten auftretenden lokalen Reaktionen in der Mundhöhle sowie die sehr seltenen Fälle allergischer Reaktionen.”

Nicht für jedermann Trotz dieser beruhigenden Stellungnahmen haben Amalgamfüllungen ihre Tücken. Fest steht nämlich, dass sich im Laufe der Jahre kleine Quecksilbermengen aus den Füllungen freisetzen und im Körper ablagern. Dies geschieht beispielsweise durch den Abrieb beim Kauen oder durch nächtliches Zähneknirschen. „Die Quecksilberaufnahme durch Zahnfüllungen liegt durchschnittlich etwa in der gleichen Größenordnung wie die Quecksilberbelastung durch die Nahrung und ist – auch nach neuesten internationalen wissenschaftlichen Kenntnissen – unbedenklich”, sagt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV).

»Eine intakte Amalgamfüllung zu entfernen, obwohl sie keine Probleme bereitet, ist nicht sinnvoll.«

Dennoch gibt es bestimmte Patientengruppen, bei denen – „vorsichtshalber” – keine neuen Amalgamfüllungen gelegt werden sollten: Schwangere und stillende Frauen, Kinder, Menschen mit schweren Nierenfunktionsstörungen und Personen, bei denen eine Amalgamallergie nachgewiesen wurde, gehören dazu.

Besonders groß ist die Quecksilberfreisetzung, daran besteht kein Zweifel, beim Legen neuer und beim Herausbohren alter Amalgamfüllungen. Deshalb müssen Zahnärzte hier umsichtig ans Werk gehen, um die Belastung für den Patienten und das Praxisteam möglichst gering zu halten. So sollten sie beim Entfernen alter Plomben beispielsweise darauf achten, dass möglichst große Füllungsfragmente entfernt werden.

Ästhetische Alternativen Die gesundheitliche Debatte um Amalgamfüllungen, aber auch die Tatsache, dass die grauen Plomben im Mund wenig schmeichelhaft aussehen, haben dazu geführt, dass sehr viele Zahnärzte heute Füllungsmaterialen wie Komposite oder Keramik bevorzugen und zahlreiche Patienten auch bereit sind, dafür einen Teil aus eigener Tasche zu bezahlen. Denn während die Kosten für Amalgamfüllungen vollständig von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, müssen Patienten für andere Füllungsmaterialien, abhängig vom verwendeten Material und dem Einsatzort, meist zuzahlen.

Gut zu wissen: Eine intakte Amalgamfüllung zu entfernen, obwohl sie keine Probleme bereitet, ist nach Ansicht der meisten Zahnärzte nicht sinnvoll. In der Regel empfehlenswerter ist es, einfach abzuwarten, bis die alte Amalgamplombe ihren Geist von selbst aufgibt und bis dahin für eine „schönere” Kunststofffüllung, ein Keramik- oder Goldinlay zu sparen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/12 ab Seite 92.

Andrea Neuen-Biesold, Freie Journalistin

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