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Heilpflanzen

ALTER WEGGEFÄHRTE

Spitzwegerich ist seit der Antike eine bewährte Arzneipflanze. Noch heute werden die Blätter von Plantago lanceolata L. zur Stillung von Hustenreiz und zur Wundheilung verwendet.

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Die Gattung der Wegeriche (Plantago) ist mit mehr als 190 Arten sehr artenreich und weltweit vertreten. Neben dem bei uns vorkommenden Spitzwegerich (Plantago lanceolata L.) sind vor allem der in südlichen Regionen wachsende Flohsamen (Plantago ovata) und der in Mitteleuropa gedeihende Breitwegerich (Plantago major) bekannt.

Auf Schritt und Tritt Plantago lanceolata L. ist in Europa heimisch und findet sich weltweit wildwachsend in den gemäßigten Zonen. Die anspruchslose Pflanze aus der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceaeae) gedeiht auf trockenen Böden, wobei sie sonnige Standorte bevorzugt, aber auch im Halbschatten wächst. Sie ist auf Grünflächen in Parks und Gärten, auf Wiesen und Äckern und vor allem am Wegesrand anzutreffen. Der deutsche Name Wegerich spielt auf ihre ubiquitäre Verbreitung an Wegen an. Er stammt aus dem Althochdeutschen und steht für „Wegbeherrscher“ (wega = Weg, rih = König).

Auch der lateinische Gattungsname Plantago verweist auf den Wegbewohner. Planta bedeutet sowohl Fußsohle als auch Setzling, was als ein „mit den Füßen festgetretener Setzling“ verstanden werden kann. Da die Samen des Spitzwegerich im feuchten Zustand sehr klebrig sind, bleiben sie gerne an Schuhen oder Tierpfoten hängen und werden entlang des Weges verbreitet. Außerdem haben die Blätter anderer Wegericharten, vor allem die des Breitwegerichs, Ähnlichkeit mit dem Abdruck einer Fußsohle.

Vom Winde verweht Aus den Blüten entwickeln sich zwischen Juli und Oktober lange, schmale schotenförmige Kapselfrüchte. Sie springen nach der Reife an vier Seiten auf und geben zahlreiche Samen frei, die mit Hilfe ihrer Flughaare kilometerweit verstreut werden. Damit erhält das ausbreitungsfreudige Weidenröschen die Möglichkeit, sich weit entfernt von ihrem ursprünglichen Standort als Pionierpflanze auf verwaisten Waldbrandflächen oder auf Schutthalden anzusiedeln, was ihr die volkstümlichen Namen Feuerkraut oder Trümmerblume eingebracht hat.

Unscheinbare Blüte Die lanzettförmigen bis schmal-elliptischen Blätter von Plantago lanceolata L. haben der anspruchslosen Pflanze ihren Artnamen gegeben (lat. lanceolatus = lanzettförmig) und finden sich auch in der deutschen Vorsilbe Spitz- wieder. Ihr Synonym Siebenrippe nimmt auf die kräftigen parallel angeordneten Längsnerven Bezug. Die etwa 20 Zentimeter langen Blätter sind wenig behaart und am Rand gelegentlich fein gezähnt. Sie bilden eine grundständige, büschelige Rosette, deren Blätter im Gegensatz zu denen des Breitwegerichs zum Teil aufgerichtet sind. Aus ihrer Mitte entspringen 20 bis 40 Zentimeter lange blattlose, mit Längsfurchen durchzogene Stängel.

Sie tragen endständig etwa 2,5 Zentimeter lange walzenförmige Blütenähren, aus denen während der Blütezeit bräunliche, zierliche Staubgefäße mit gelben Staubbeuteln herausragen. Nach der Blüte bilden sich Kapselfrüchte mit zwei klebrigen Samen.

Lange Tradition Früher galten die meisten Wegericharten als Heilpflanzen, vor allem haben der Breit- und der Spitzwegerich bei den Heilkundigen hohes Ansehen genossen. Beide Arten finden sich in den Kräuterbüchern des Mittelalters, wobei diese nicht immer genau voneinander unterschieden wurden. Heute wird nur noch der Spitzwegerich im Europäischen Arzneibuch (Phr. Eur.) aufgeführt, dessen Blätter und Blütenschäfte (Plantaginis folium/ Spitzwegerichblätter) arzneilich verwendet werden.

Bereits in der Antike lobte Dioskurides die fiebersenkenden, blutstillenden und krampflösenden Eigenschaften des Wegerichs und Plinius der Ältere rühmte seinen Saft gegen Schlangenbisse und Skorpionstiche. Tausend Jahre später empfahlen Hildegard von Bingen und Albertus Magnus den Wegerich sowohl äußerlich als auch innerlich gegen verschiedenste Krankheiten. Vor allem schätzten sie ihn als Wundheilmittel und als Hustenreizstiller. Auch in der Volksmedizin hat der Spitzwegerich seit langem einen festen Platz. Wegen seiner allgemein bekannten hustenreizstillenden Wirkung galt der Saft aus der Pflanze lange Zeit geradezu als ein Synonym für Hustensäfte. Für die Wundheilung wurden frische Blätter als ein natürliches Pflaster auf kleine Verletzungen der Haut gelegt. Zerquetschte Blätter halfen bei Insektenstichen.

Schleim und Gerbstoffe Noch heute werden die Blätter des Spitzwegerichs medizinisch verwendet. Die Kommission E empfiehlt sie innerlich gegen Katarrhe der Luftwege sowie entzündliche Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut und äußerlich bei Entzündungen der Haut. Die Wirksamkeit von Plantaginis lanceolatae folium wird zum einen auf die Schleimstoffe mit ihren reizmildernden Eigenschaften zurückgeführt. Die Schleimstoffe bilden einen schützenden Film über der Schleimhaut in Mund und Rachen und lindern so Hustenreiz. Hinzu kommen die adstringierenden Eigenschaften der Gerbstoffe, die adstringierend, blutstillend und stabilisierend auf die Schleimhäute wirken. Zudem weisen Iridoidglykoside wie Aucubin und Catapol eine antibakterielle Wirkung auf.

Achtung Die Blätter müssen nach der Ernte rasch getrocknet werden. Eine Braunverfärbung der Droge deutet auf eine nicht sorgfältig erfolgte Trocknung oder auf eine feuchte Lagerung der Blätter hin. Bei Feuchtigkeit kommt es zu einer Polymerisation der Iridoide und dadurch zu einem Verlust der antibakteriellen Wirkung.

Plantago major Die Homöopathie verwendet statt des Spitzwegerichs den breitblättrigen Breitwegerich. Empfohlen werden meist die Urtinktur und Verdünnungen bis D3, die bei Zahnschmerzen, Ohrenschmerzen, Neuralgien und Bettnässen zum Einsatz kommen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/17 ab Seite 76.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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