Ein Mensch mit langen braunen Haaren zieht Haare aus einer Bürste© Rattankun Thongbun / iStock / Getty Images Plus
Bei vielen Haaren in der Bürste erschrecken die meisten Menschen sehr.

Alopezie

NEUER WIRKSTOFF GEGEN KREISRUNDEN HAARAUSFALL VOR ZULASSUNG

So ganz erforscht ist er noch nicht, der kreisrunde Haarausfall – in der Fachsprache Alopecia areata genannt. Doch es gibt Hoffnung: Das erste Arzneimittel gegen diese mit einem hohen Leidensdruck verbundene Erkrankung wird bald EU-weit zugelassen.

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Der Januskinase-Hemmer Baricitinib ist ein Alleskönner: Von Rheuma über Neurodermitis bis COVID-19 konnte er sich bereits in der Anwendung beweisen. Nun auch bei Alopecia areata.

So richtig half bisher nichts gegen diese rätselhafte Krankheit. Die meisten Betroffenen verlieren zum ersten Mal in den Zwanzigern stellenweise ganze Haarbüschel. Verstanden hat man die Krankheit noch nicht ganz; man weiß nur, dass sie – wie beim Rheuma – aufgrund einer Autoimmunreaktion des Körpers auftritt.

Januskinase-Hemmer wird bereits erfolgreich eingesetzt

Und gegen Rheuma wird Baricitinib (Olumiant®) bereits eingesetzt, wie auch gegen andere Autoimmunerkrankungen. Ursprünglich galt die Zulassung des Medikamentes, das 2017 in Deutschland auf den Markt kam, für erwachsene Patienten mit mittelschwerer bis schwerer rheumatoider Arthritis. Im Herbst 2020 erfolgte dann eine Zulassungserweiterung für Neurodermitis. Bariticinib wird in der Europäischen Union noch off Label verordnet, in den USA hat der Wirkstoff aber bereits eine Notfallzulassung. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt ihn seit längerem bei schweren COVID-Verläufen.

In der vergangenen Woche hat nun der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur EMA auch noch eine Zulassungsempfehlung für Patienten mit schwerer Alopecia areata ausgesprochen. Falls die EU-Kommission diesem Votum folgt, wäre Baricitinib der erste Januskinase-Hemmer mit dieser Indikation. Und: Weitere Vertreter dieser Wirkstoffklasse könnten folgen.

 

Kreisrunder Haarausfall
Alopecia areata – der kreisrunde Haarausfall – begründet sich vermutlich in einer Autoimmunreaktion des Körpers gegen die in der Haut befindlichen Haarbestandteile. Das eigene Immunsystem greift die Wachstumszellen der Haarwurzeln an. Diese reagieren mit einer lokalen Entzündungsreaktion, woraufhin das Haar ausfällt.
Diese Entzündungsreaktionen treten typischerweise an scharf abgegrenzten runden Stellen auf der Kopfhaut auf; das kann aber auch an den Augenbrauen oder im Bart passieren.  Dabei treten weder Juckreiz auf noch bleiben Narben zurück. Die Erkrankung betrifft Frauen und Männer gleichermaßen.

Höhere Dosis für bessere Ergebnisse

Unabhängig von der Krankheit, gegen die der Wirkstoff eingesetzt wird, das Prinzip von Baricitinib ist immer das gleiche: Es soll die Immunantwort des Körpers regulieren. Während der klinischen Studien bekamen Patienten einmal täglich entweder zwei Milligramm oder vier Milligramm des Wirkstoffs. Ziel der Behandlung war eine mindestens 80-prozentige Wiederbehaarung der Kopfhaut nach 36-wöchiger Behandlung. In einer Studie erreichten dies 38,8 Prozent der Teilnehmer unter vier Milligramm Baricitinib und 22,8 Prozent mit zwei Milligramm. Der Erfolg war mit der höheren Dosis also größer; und das bestätigte auch eine zweite Studie, bei der die Ergebnisse ähnlich lagen. Zu den beobachteten Nebenwirkungen zählten übrigens Akne, erhöhte Kreatinkinase- sowie HDL- und LDL-Cholesterol-Werte.

Nun muss die EU-Kommission entscheiden. Und das erfolgt in der Regel innerhalb von zwei Monaten: Es gibt also baldige Hoffnung für die betroffenen Patienten.

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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