Säuglingsernährung
PKA-Fortbildung

Was ist am besten für die Kleinsten?

Vor kurzem wurde in den USA Säuglingsnahrung knapp – eine Katastrophe. Denn Milchpulver für Neugeborene unterliegt strengen Anforderungen. Viele Mütter bevorzugen hierzulande das Stillen. Wie können Sie frischgebackene Eltern beraten?

7 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. September 2022

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Als im Mai dieses Jahres der Mangel an Milchpulver für Säuglinge in den USA so bedrohlich wurde, musste die amerikanische Regierung tonnenweise industriell hergestellte Babynahrung aus Europa über ihre Airbase im deutschen Rammstein einfliegen lassen. Zuerst fragen Sie sich als PKA oder vielleicht auch als Elternteil bestimmt, wie es in einer großen Industrie-Nation so weit kommen konnte.

In den USA ist die FDA (Food and Drug Administration) nicht nur wie in Deutschland das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) für die Zulassung von Arzneimitteln zuständig, sondern auch für die Überwachung von Lebensmitteln. Nachdem in den USA vier Säuglinge durch bakteriell verunreinigtes Milchpulver erkrankt und zwei davon sogar verstorben sind, hat die FDA die Produktion einer der größten Hersteller gestoppt und die bereits produzierte Ware zurückgerufen.

Die Lage auf dem Markt verschärfte sich schnell und so war die Ware in großen Gebieten sogar ausverkauft, auch durch zwei weitere Gründe: Der eine Grund liegt in den zahlreichen Handelsbeschränkungen, durch die die amerikanischen Babynahrungshersteller so gut wie keine ausländische Konkurrenz zu befürchten hatten. Aber mindestens genauso bedeutend ist es, dass in den USA nur ein geringer Anteil der Säuglinge von ihren Müttern gestillt wird.

Dies ist in Deutschland anders. Hier ist sogar gesetzlich vorgeschrieben, dass Verbraucherinnen bei der Suche nach Information über industriell hergestellte Säuglingsnahrung zunächst immer darüber aufgeklärt werden müssen, dass Stillen das Beste für Babys ist.

LERNZIELE
In dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditier­ ten Fortbildung erfahren Sie,
+ warum Stillen das Beste für Babys ist,
+ welche gesetzlichen Anforderungen es in Deutschland an Babynahrung gibt und
+ was die Zusatzbezeichnungen auf den Verpackungen der Babynahrung bedeuten.

Gut für Mutter und Kind Dies müssen Sie bei der Beratung Ihrer Kundinnen auch streng beachten, auch weil die Entscheidung, nicht zu stillen, nur schwer rückgängig gemacht werden kann. Auch die WHO (World Health Organization) empfiehlt, Babys in den ersten sechs Lebensmonaten voll zu stillen. Welche Argumente sind es, die für das Stillen sprechen?

  • Muttermilch enthält alle lebenswichtigen Nährstoffe, die das Baby benötigt.
  • Die Muttermilch passt sich kontinuerlich die Ernährungsbedürfnisse des Babys an.
  • Stillen ist für das Kind ein guter Schutz vor Allergien.
  • Stillen ist für das Kind ein guter Schutz vor Infektionen.
  • Beim Stillen wird die Bindung zwischen Mutter und Kind gefördert.
  • Stillen ist die preiswerteste Art, das Baby zu ernähren.
  • Die Temperatur der Muttermilch ist immer genau richtig.
  • Stillen senkt für die Mutter das Risko, an Brustkrebs zu erkranken.

Falls eine werdende oder frischgebackene Mutter noch sehr unsicher ist, ob sie ihr Baby stillen möchte, sollten Sie ihr geduldig zureden, es zumindest zu versuchen. Denn die bereits am Ende der Schwangerschaft gebildete Vormilch, das sogenannte Kolostrum, ist äußerst wertvoll für das Neugeborene. Es handelt sich um ein wahres Superfood!

Schon wenige Tropfen davon helfen mit, das noch unreife Immunsystem durch die Immunglobuline der Mutter und die hohe Nährstoffkonzentration aufzubauen. Durch komplexe Kohlenhydrate wird das Mikrobiom (neue Bezeichnung für die Darmflora) durch die Besiedelung mit Bifidobakterien unterstützt. Diese stärken die Darmfunktion. Denn sie besitzen nicht nur eine Platzhalterfunktion auf der Darmoberfläche, die für das gesamte kindliche Immunsystem wichtig ist.

Sondern sie stärken dort den Säureschutzmantel, indem sie Milchsäure bilden. Außerdem fördert Kolostrum den Abgang des Kindspechs, des ersten Stuhlgangs des Neugeborenen, dessen Name von der meist pechschwarzen Farbe herrührt. Mit dem Kindspech wird auch Bilirubin aus dem Köper des Neugeborenen ausgeschieden. Das trägt dazu bei, einer Neugeborenen-Gelbsucht vorzubeugen.

Mini-Magen Die jungen Eltern müssen sich keine Sorgen machen, dass ihr Neugeborenes von der wenigen Vormilch nicht satt wird, denn der Magen besitzt nach der Geburt lediglich die Größe einer Kirsche. Fünf bis sieben Milliliter reichen, um diesen kleinen Magen zu füllen.

Jeder Tropfen der Vormilch, den das Baby bekommen kann, zählt! Nach drei Tagen hat sich der Magen bei gesunder Entwicklung auf die Größe einer Walnuss entfaltet, nach einer Woche entspricht er der Größe eines Pfirsichs. Dabei verändert sich die Zusammensetzung der Muttermilch permanent. Am fünften Tag spricht man von Übergangsmilch, nach zwei Wochen von reifer Muttermilch. Aber auch während einer einzelnen Stillmahlzeit verändert sich die Zusammensetzung.

Wer hilft, wenn es mit dem Stillen nicht klappt? Natürlich sollte eine Kinderärztin oder ein Kinderarzt, eine Kinderkrankenschwester oder ein Kinderkrankenpfleger oder eine Hebamme regelmäßig nach dem Neugeborenen schauen. Diese werden die jungen Eltern auch dabei bestärken, sich genug Zeit und Ruhe für das Stillen zu nehmen. Für das Neugeborene ist es nämlich ein hochkomplexer Vorgang, das Atmen, Trinken und Schlucken zu koordinieren.

Es ist übrigens ein sehr guter Tipp von Ihnen als PKA, wenn Sie schwangeren Kundinnen raten, sich frühzeitig nach einer Hebamme umzuschauen, die zur Nachsorge nach Hause kommt. Da junge Mütter mit ihren Neugeborenen oft bereits zwei Tage nach einer natürlichen Geburt aus dem Krankenhaus entlassen werden, sind Stillprobleme leider ohne Unterstützung geradezu vorprogrammiert. Oft reichen dann aber kleine Tipps zum Ausstreichen der Milch oder zu Quarkumschlägen der Brust und das Stillen funktioniert wieder besser.

All diese Argumente sollen aber nicht dazu führen, dass eine Mutter, die nicht stillen kann oder darf, zum Beispiel, weil sie dauerhaft lebensnotwendige Medikamente einnehmen muss, ein schlechtes Gewissen hat oder sich um die Gesundheit des Babys fürchten muss. Auch, wenn eine Frau absolut nicht stillen möchte, ist das ihr Recht.

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