Demenz
PTA-Fortbildung

Mehr als nur vergesslich

 

Die Demenz ist eine bislang nicht heilbare, fortschreitend verlaufende Erkrankung, die Betroffene, ihre Angehörigen und das Pflegepersonal vor große Herausforderungen stellt. Aber es ist nicht immer gleich Alzheimer.

19 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. März 2021

Typischer Verlauf Zu Beginn zeigt sich eine gestörte Merkfähigkeit, die vor allem das Kurzzeitgedächtnis betrifft. Später vergisst der Betroffene auch Inhalte aus dem Langzeitgedächtnis. Er kann sich dann trotz intensiven Nachdenkens nicht mehr an lang erworbenes Wissen erinnern. Darüber hinaus sind Aufmerksamkeit, Sprache, Auffassungsgabe, Denk- und Urteilsvermögenvermögen sowie Orientierungssinn beeinträchtigt. Der Erkrankte ist immer schlechter in der Lage, sich zu konzentrieren, sich sprachlich auszudrücken (Wortfindungsstörungen) und mit anderen Menschen zu kommunizieren. Er kann weder Dinge begreifen noch Zusammenhänge erfassen oder Entscheidungen treffen. Zunehmend findet er sich schlechter in seinem Umfeld örtlich oder zeitlich zurecht. Seine Wahrnehmung, sein Verhalten und Erleben wird auf diese Weise grundlegend erschüttert. Hinzu kommen Veränderungen im sozialen Verhalten. Demente Personen werden antriebslos, ängstlich und ziehen sich aus ihrem Umfeld zurück. Häufig entwickeln sie Stimmungsschwankungen oder eine Depression. Zudem ist Unruhe ein typischer Begleiter. Macht man sie auf Fehler aufmerksam, reagieren sie vielfach ablehnend oder aggressiv. Auch neigen sie zu übertriebenem Misstrauen. Alle diese Veränderungen führen zu einer zunehmenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit im Alltag, die schließlich in einer völligen Hilflosigkeit des Erkrankten und damit Abhängigkeit von seiner Umwelt endet. Dies stellt aber nicht nur für den Betroffenen eine erhebliche Belastung dar. Auch Angehörige und betreuende Personen sind enorm - physisch und psychisch - gefordert und haben es zunehmend schwerer, mit der an Demenz erkrankten Person umzugehen oder gar zusammenzuleben.

Pathogenetische Mechanismen Die Symptome bei der Alzheimer- Demenz sind auf einen allmählichen Untergang von Nervenzellen (Neuronen) und eine Zerstörung ihrer Verbindungen (Synapsen) zurückzuführen. Sie gehen mit einem Rückgang der Hirnmasse (Hirnatrophie) und einer geringeren Erregungsübertragung des Botenstoffes Acetylcholin einher. Eine zentrale Rolle bei der Pathogenese spielt dabei ein Ungleichgewicht zwischen Produktion und Abbau des Proteins beta-Amyloid, woraus Ablagerungen (Amyloid-Plaques) im Gehirn resultieren. Zudem werden unlösliche Eiweißablagerungen aus dem Protein Tau (Neurofibrilläre Tangles) beobachtet. Das Amyloid-beta-Protein ist ein Spaltprodukt eines größeren Transmembranproteins, dem APP (Amyloid-Precursor-Protein), an dessen Spaltung betaund gamma-Sekretasen (Enzyme aus der Familie der Proteasen) beteiligt sind. Die Amyloid-Plaques, die auch senile Plaques genannt werden, bestehen vor allem aus dem 42 Aminosäure langen beta- Amyloid (beta-Amyloid 42). Die Moleküle lagern sich in der Gefäßwand von Blutgefäßen und zwischen den Neuronen im Bereich der Synapsen ab, die dadurch zerstört werden. Eine beeinträchtige neuronale Kommunikation ist die Folge. Ebenso stören Eiweißfaserbündel (Neurofibrillen) aus Tau-Proteinen die Informationsübertragung der Nervenzellen. Tau-Proteine sind Bestandteile der Mikrotubuli, die als Zytoskelett der Zelle Form und Festigkeit verleihen. Vor allem die langen Axone der Nervenzellen benötigen diese Stabilisierung. Bei der Alzheimer-Erkrankung wird Tau zu stark mit Phosphatgruppen bestückt, wodurch es seine Funktion nicht mehr erfüllen kann und sich im Zellkörper anhäuft und zum Zelltod führt. Die länglichen Neurofibrillen aus Tau-Protein finden sich im Inneren der Nervenzellen. Sie verteilen sich im gesamten Zellkörper und in den Dendriten, den Empfängern von neuronalen Signalen, wodurch die neuronalen Zellen absterben. Da vor allem cholinerge Nervenzellen betroffen sind, resultiert daraus ein Mangel an Acetylcholin, das als Botenstoff an der Vermittlung wichtiger kognitiver Prozesse beteiligt ist.

Warnsignale beachten Man geht davon aus, dass der Verlust von Neuronen bereits 20 Jahre vor dem Auftreten der ersten Symptome beginnt. Die Neurodegeneration startet in der Tiefe des Temporallappens und greift auf den Hippocampus über, also den Bereich des Zentralen Nervensystems, der zum limbischen System gehört und eine zentrale Rolle bei der Gedächtnisbildung spielt. Wenn diese Hirnareale erreicht sind, wurden bereits größere Netzwerke strukturell aufgelöst, die sich in einer zunehmenden Vergesslichkeit bemerkbar machen. Im weiteren Verlauf schreitet der degenerative Prozess bis zur Hirnrinde (Kortex) und zu den Basalganglien voran, sodass nach und nach alle kognitiven Funktionen betroffen sind. Diverse Verhaltensauffälligkeiten sind die Folge, was mit Beeinträchtigungen bei den Tätigkeiten des täglichen Lebens einhergeht und schließlich zum Verlust der sozialen Kompetenz führt. Es ist oftmals schwierig, diesen Prozess wahrzunehmen und die Veränderungen als Demenz zu erkennen. Vor allem in der Anfangsphase wird die zunehmende Vergesslichkeit häufig nicht als krankhaft, sondern als altersbedingt fehlinterpretiert. Treten aber weitere kognitive Einschränkungen und auffällige Verhaltensweisen hinzu oder verschlimmern sie sich kontinuierlich, sollten diese Veränderungen als ernstzunehmende Warnsignale gedeutet und ihnen nachgegangen werden. Frühe Hinweise auf eine möglicherweise beginnende Demenz können sein:

  • Vergesslichkeit: Häufiges Vergessen von Namen, Terminen oder Absprachen; im Gespräch Vergessen von Antworten des Gesprächspartners und daher wiederholtes Nachfragen und häufige Wiederholungen im Gespräch,
  • Schwierigkeiten mit gewohnten Handlungen und Abläufen: Eingeübte komplexe Alltagstätigkeiten können plötzlich nicht mehr ausgeführt werden, zum Beispiel Kochen, Anziehen,
  • Sprachprobleme: Wortfindungsstörungen, Verwendung unpassender Füllworte,
  • Räumliche und zeitliche Orientierungsprobleme: Betroffene verlaufen sich in ihrer unmittelbaren Umgebung und finden nicht mehr nach Hause,
  • Eingeschränkte Urteilsfähigkeit: Beispielweise die Auswahl einer nicht der Situation entsprechende Kleidung,
  • Probleme mit dem abstrakten Denken: Umgehen mit Zahlen ist nicht mehr möglich, einfache Rechnungen können nicht durchgeführt werden,
  • Liegenlassen von Gegenständen und Wegräumen an falsche Orte: Zum Beispiel Wegräumen der Butter in den Kleiderschrank oder der Hausschuhe in den Backofen,
  • Stimmungs- und Verhaltensänderungen: Abrupte Schwankungen, Ängstlichkeit oder Reizbarkeit oft ohne erkennbaren Grund,
  • Ablehnendes und aggressives Verhalten beim Hinweis auf Fehler
  • Persönlichkeitsänderungen: Ein beispielsweise normalerweise freundlicher Mensch kann unerwartet ärgerlich, eifersüchtig oder ängstlich werden,
  • Verlust der Eigeninitiative: Zum Beispiel der Verlust des Interesses an bisherigen Hobbies, vernachlässigtes äußeres Erscheinungsbild.
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