Demenz
PTA-Fortbildung

Mehr als nur vergesslich

 

Die Demenz ist eine bislang nicht heilbare, fortschreitend verlaufende Erkrankung, die Betroffene, ihre Angehörigen und das Pflegepersonal vor große Herausforderungen stellt. Aber es ist nicht immer gleich Alzheimer.

19 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. März 2021

Frühzeitige Diagnose Auch wenn das Fortschreiten der Demenz letztendlich nicht aufgehalten werden kann, ist ein frühzeitiges Erkennen einer Demenz sinnvoll. Mit einer früh einsetzenden Behandlung lassen sich der Verlauf der Demenz sowie die Entwicklung von Begleiterkrankungen positiv beeinflussen, was zu einer allgemeinen Verbesserung der Alltagskompetenz beiträgt. Das Wissen um die Demenz ermöglicht vielen Betroffenen und Angehörigen zudem eine intensivere Auseinandersetzung mit der Erkrankung und verhilft somit zu einem besseren Umgang mit ihr. Auch erhalten alle Beteiligten so die Möglichkeit, sich frühzeitig über die Folgen klar zu werden, sich über Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren und gemeinsam weitere wichtige Schritte einzuleiten (z. B. Vorsorgevollmacht, Wahl der Pflegeform, Hilfsangebote einholen). Die Diagnosestellung Demenz ist zugleich immer eine Ausschlussdiagnostik und birgt die Chance, eine Demenzform zu erkennen, die gut behandelbar ist. In elf Prozent aller Demenzfälle liegt eine sekundäre Demenz vor, bei der die kognitiven Störungen durch Nebenwirkungen von Medikamenten oder durch Grunderkrankungen ausgelöst werden. Durch Veränderung der Arzneimittelwahl oder Einleitung einer geeigneten Therapie kann es dann möglich sein, die Symptome signifikant zu reduzieren.

Etablierte Testverfahren Wesentliche Voraussetzung für die Diagnose Demenz ist der Nachweis einer Gedächtnisstörung und einer Beeinträchtigung des Denkvermögens verbunden mit einer alltagsrelevanten Einschränkung der Lebensführung. Bevor die Diagnose Demenz gestellt wird, müssen die Symptome seit mindestens sechs Monate bestehen. In der Regel ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner, der erste körperliche Untersuchungen durchführt. Grundlegend sind Labortests, mit denen er Grunderkrankungen wie beispielsweise eine Schilddrüsenfehlfunktion oder Vitaminmangelzustände ausschließt. Mit neurologischen oder psychiatrischen Diagnostikverfahren überprüft er die geistige Leistungsfähigkeit. Ein häufig eingesetztes Testverfahren ist der Mini-Mental- Status-Test (MMST), der unter anderem Fragen zum eigenen Alter, dem aktuellen Datum oder dem derzeitigen Aufenthaltsort beinhaltet. Dadurch lässt er Aussagen über die Fähigkeiten zur Orientierung, Merkfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und zur Sprache zu. Ebenso hat sich der Demenz-Detektions-Test (Derm- Tect) etabliert. Er besteht aus fünf Teilen, in denen der Betreffende eine Wortliste wiederholen, Zahlen und Zahlenwörter umwandeln, eine Supermarktaufgabe lösen, Zahlenfolgen rückwärts wiederholen und die zuerst gestellte Wortliste abermals aufsagen muss. Bekannt und bewährt hat sich auch der Uhrentest, bei dem der Betroffene gebeten wird, eine bestimmte Uhrzeit auf ein selbst gemaltes Ziffernblatt einzutragen. Damit misst der Test die Fähigkeit für räumliches Denken und Problemlösungen. Das Ergebnis lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Ausmaß eine Hirnfunktionsstörung vorliegt. Dabei korreliert die kognitive Verschlechterung mit zunehmender Unfähigkeit, eine vorgegebene Uhrzeit korrekt einzuzeichnen.

TIPPS FÜR DIE KOMMUNIKATION IN DER APOTHEKE

Demente Menschen sind auch Teil des Apothekenalltages. Jede PTA oder jeder Apotheker kennt Kunden, die durch eine eingeschränkte Merkfähigkeit auffallen. Folgende Tipps für den Umgang mit dementen Kunden verhelfen zu einer guten Kommunikation:

+ Nehmen Sie sich Zeit für das Kundengespräch und bleiben Sie geduldig.
+ Sprechen Sie die Kunden immer mit ihrem Namen an.
+ Verwenden Sie im weiteren Gespräch immer die Anrede „Sie“ und nicht „man“.
+ Halten Sie im Gespräch Blickkontakt, damit die Person merkt, dass sie gemeint ist und folglich zuhört.
+ Sprechen Sie ruhig, langsam und deutlich.
+ Bilden Sie kurze, einfache Sätze.
+ Formulieren Sie klar, eindeutig und leichtverständlich.
+ Ergänzen Sie Ihre Worte mit Mimik und Gestik.
+ Stellen Sie immer nur eine Frage auf einmal, die einfach sein und möglichst mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten sein sollte.
+ Keine Warum-, Weshalb- Wann- und Wo-Fragen stellen.
+ Warten Sie die Antwort des Kunden ab, bevor Sie das Gespräch weiterführen, gegebenenfalls wiederholen Sie Ihre Frage im gleichen Wortlaut.
+ Verwenden Sie Signalwörter, wie „hier“, „jetzt“, „in“, „auf“, „also“.
+ Machen Sie nicht auf Fehler aufmerksam.
+ Bieten Sie immer nur zwei Auswahlmöglichkeiten an, z. B. „Möchten Sie lieber das Präparat X oder das Präparat Y kaufen“, anstatt das ganze Sortiment anzupreisen.
+ Vermerken Sie immer Dosierungen und Anwendungshinweise auf der Packung, auch wenn der Betroffene die Medikamente schon kennt und länger einnimmt.

Bildgebung und Labordiagnostik Häufig erfolgt eine Überweisung an den Facharzt (z. B. Neurologe, Psychiater) oder an eine spezielle Gedächtnissprechstunde von Krankenhäusern, die mithilfe bildgebender Verfahren wie einer Computertomografie (CT) oder einer Magnet-Resonanz- Tomografie (MRT) das Vorliegen eines Gehirntumors, von Blutungen oder Durchblutungsstörungen ausschließen können. Ebenso kann ein Schrumpfen bestimmter Gehirnareale als Folge des Absterbens von Nervenzellen und somit eine demenzielle Erkrankung erkannt werden.

Durch Einsatz der Positronen-Emissionstomografie (PET) können der Hirnstoffwechsel untersucht und Proteinablagerungen im Gehirn nachgewiesen werden, deren Aktivität beziehungsweise Lokalisation Aussagen zu möglichen Demenzformen erlauben. Wird eine Entzündung des Gehirns vermutet, hilft eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquordiagnostik) zur Bestätigung. Sie wird auch zur Differenzierung verschiedener Demenzformen eingesetzt. So lassen sich zum Nachweis einer Alzheimer- Erkrankung beispielsweise im Nervenwasser die Konzentrationen der Proteine beta-Amyloid 42 und phosphoryliertes Tau bestimmen, die bei dieser Demenzform in charakteristischer Weise verändert sind (hohes phosphoryliertes Tau-, niedriges beta- Amyloid 42 (als Zeichen eines erhöhten Umsatzes)).

Diagnose Alzheimer Trotz allem kann aber auch durch aufwändige Untersuchungen nicht immer die genaue Ursache einer Demenz festgestellt werden. Häufig wird die Diagnose „Alzheimer- Krankheit“ gestellt, wenn keine anderen Ursachen für die kognitiven Veränderungen feststellbar und keine sonstige Demenzerkrankung diagnostiziert werden kann. Allerdings ist Alzheimer keine reine Ausschlussdiagnose mehr. Heute lässt sich die Alzheimer-Demenz schon zu Lebzeiten mit einer etwa 95-prozentigen Sicherheit positiv diagnostizieren.

Das Zusammenspiel aus Liquordiagnostik, Bildgebung per PET-Marker und neurophysiologischen Testungen erlaubt inzwischen eine hohe Sicherheit für die Diagnose. Allerdings kommt – auch aus Kostengründen – in der Regel nur für wenige der Betroffenen das ganze Arsenal der diagnostischen Mittel zum Einsatz. Letztendlich lässt sich daher oft erst nach dem Tod eine 100-prozentige Bestätigung der Erkrankung durch Nachweis von Amyloid-Plaques und Neurofibrillen im Hirnpräparat erzielen.

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