© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Berühmte Apotheker

VERFECHTER PRAXISNAHER WISSENSCHAFT

Eine Plauener Apotheke trägt seit 1985 seinen Namen: Kurt Mothes. Und dies trotz anderer Wünsche seitens des SED-Regimes der DDR. Als Apotheker der Wissenschaft kämpfte er zeitlebens für eine unabhängige, kundennahe Pharmazie.

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Als drittes Kind des städtischen Beamten Albin Mothes und seiner Frau Anna wurde Kurt Albin Mothes am 3. November 1900 in eher kärgliche Verhältnisse hinein geboren. Schon früh verlor er zudem seine Mutter. Sonntägliche Wanderungen und Exkursionen zusammen mit seinem Vater nährten jedoch Naturverbundenheit und die Liebe zu seiner vogtländischen Heimat. Da er als Junge eher kränkelnd war, bereitete ihm die Schulzeit einige Probleme. Unter anderem besuchte er die Oberrealschule in Plauen.

Nach kriegsbedingtem Notabitur und Re- krutenzeit begann er schließlich 1918 eine Apothekenlehre in der Johannes-Apotheke in Plauen. 1920 schloss er in Zwickau die pharmazeutische Vorprüfung mit „Sehr gut“ ab. Bis zu Beginn seines Pharmaziestudiums Ostern 1921 in Leipzig war er noch ein Jahr als Apothekerassistent in der Schwan-Apotheke seiner Heimatstadt verbunden. Von beiden Apothekeninhabern (A. Sachoritz und Dr. W. Schulze) wurde Kurt Mothes als lernbegieriger, geschickter, gewandter und zuverlässiger Mensch charakterisiert.

Zielstrebig: Studium, Promotion, Habilitation Nach zweijährigem Hauptstudium legte Mothes 1923 das Pharmazie-Staatsexamen ebenfalls mit der Note „Sehr gut“ ab. Bis 1925 studierte er noch Chemie, nebenbei Physiologie und Pharmakologie und fertigte bei dem Botaniker und Pflanzenphysiologen Wilhelm Ruhland (1878 bis 1960) am traditionsreichen Pflanzenphysiologischen Institut der Leipziger Universität seine Dissertation „Ein Beitrag zur Kenntnis des Stoffwechsels höherer Pflanzen“ an. Der pflanzliche Stickstoff-Metabolismus, Eiweißabbau, die Säureamide hatten es ihm angetan. Parallel engagierte er sich sozial, gründete die studentische Sozialorganisation „Helferschaft“, die unter anderem eine leistungsfähige Mensa, Wohnungsvermittlung, Leihbücherei für Studenten organisierte.

Nach der Promotion zum Dr. phil. 1925 trat er noch im selben Jahr eine Assistentenstelle am Botanischen Institut der Universität Halle-Wittenberg an. 1927 folgte die Approbation zum Apotheker, 1928 die Habilitation für Botanik und Pharmakognosie in Halle mit seiner Arbeit „Physiologische Untersuchungen über das Asparagin und das Arginin in Coniferen“. Zunächst blieb Mothes Privatdozent in Halle. 1929 heiratete er die in Germanistik promovierte Dr. Hilda Eilts. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor – 1931 Ute, 1933 Georg und 1935 die Zwillingsbrüder Winrich und Heinrich.

Vielseitiger Forscher Zur Jahreswende 1932/33 schuf Mothes zusammen mit dem Wirtschaftswissenschaftler Gerhard Mackenroth einen „Freiwilligen Arbeitsdienst“ an der Friedrichs-Universität Halle. 1934 zunächst nur kommissarisch, erhielt er 1935 einen Ruf als ordentlicher Professor für Botanik und Pharmakognosie an die Albertus-Universität Königsberg (heute Kaliningrad), wo er eine pflanzenphysiologische Arbeitsgruppe aufbaute – bei gleichzeitig intensiver Lehrtätigkeit. Exkursionen führten Mothes in jener Zeit nach Skandinavien und an den Arktischen Ozean, zu den rumänischen Karpaten, nach Südostpolen und in die Westukraine.

Er befasste sich zusätzlich mit forstbotanischen, vegetationsgeschichtlichen und pflanzenphysiologischen Untersuchungen, wandte sich dem Naturschutz zu. Während all dieser Zeit wurde er laufend von der Gestapo überwacht. 1940 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft beauftragte ihn außerdem noch zu Kriegszeiten mit der Errichtung und Leitung eines Waldforschungsinstitutes. Doch die Belagerung Königsbergs führte dazu, dass er stattdessen als einziger, letzter Apotheker Königsbergs (Lazaret-tPharmazeut) die sanitäre Versorgung auch für die Zivilbevölkerung noch sicherzustellen hatte.

Sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst 1949 entlassen wurde, folgte. Seine neue Heimat war gleichzeitig die alte: Halle – und damit die DDR. Von 1949 bis 1957 leitete er die Abteilung Chemische Physiologie am Institut für Kulturpflanzenforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Gatersleben und widmete sich hierbei insbesondere dem Stickstoff-Stoffwechsel der Pflanzen. Mehrere Professuren an den Lehrstühlen für Pharmakognosie, Allgemeine Botanik und Biochemie der Universität Halle in den Jahren 1951 bis 1966 folgten. 1954 wurde Prof. Mothes auch 22. Präsident der (gesamtdeutschen) Deutschen Akademie der Naturforscher „Leopoldina“, der heutigen Nationalen Akademie der Wissenschaften.

Für insgesamt 20 Jahre hatte er dieses ehrenvolle Amt inne – international geachtet und geschätzt. Von 1963 bis 1967 konnte er durch Errichtung eines Instituts für Biochemie der Pflanzen in Halle durch die Deutsche Akademie der Wissenschaften, dessen Direktor er wurde, besser ausgestattet forschen. Über 30 Mitgliedschaften in Akademien und wissenschaftlichen Gesellschaften rund um den Erdball (etwa auch Royal Society London) sowie sechs Ehrendoktorwürden wurden Kurt Mothes zuteil und zeigen ein deutliches Bild seines wissenschaftlichen Formats. 1968 wurde er sogar in den Orden „Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste“ aufgenommen. Er hinterließ ein beeindruckendes wissenschaftli­ches Werk.

Kein „Ja“-Sager zur DDR-​Wissenschaftspolitik Und er beanspruchte Ruhm und Ehrungen nicht nur für sich: Als Kurt Mothes 1953 den „Nationalpreis der DDR“ erhielt, teilte er die Prämie von 50 000 Mark nicht nur mit seinen Mitarbeitern, sondern es gab auch eine Spende für die Gaterslebener Kirchenglocken. Außergewöhnliches didaktisches Können, charismatische Ausstrahlung, hinreißende rhetorische Fähigkeiten sollen ihn ausgezeichnet haben. Deshalb kam er seiner Lehrtätigkeit an der Universität – trotz seiner vielen anderweitigen Beschäftigungen, der intensiven Forschung – gerne nach.

Persönlicher Mut, Verantwortungsfreude, Führungsbereitschaft, soziale Kompetenz, treffsicherer Humor sind weitere Charakteristika, die ihm nachgesagt werden. Als im April 1958 Walter Ulbricht (1893 bis 1973) die Stadt Halle besuchte, um mit „Vertretern der Intelligenz“, insbesondere den Professoren der Universität zu diskutieren, äußerte er sich diesem gegenüber sehr offen und kritisch über die Behinderung der freien Forschung und Lehre durch staatliche Restriktionen und weltanschauliche Bevormundung. Überliefert ist auch sein Ausspruch im Rahmen seiner Kritik an der DDR-Hochschulreform von 1968: „Wenn die DDR so weiter macht, wird sie nie einen Nobelpreisträger hervorbringen.“ Er sollte Recht behalten.

Sein großes Ansehen im westlichen Ausland – seine weltweite wissenschaftliche Bekanntheit – schützten Kurt Mothes weitgehend vor direkten Repressalien der SED-Führung. Doch er stand im Fokus der Machthaber: So bekam er die Einschränkungen der Reisefreiheit zu spüren. Eine umfangreiche Überwachung durch die Staatssicherheit wurde ihm zuteil. Während eines Spaziergangs am 12. Februar 1983 „im sonnenüberglänzten, tief verschneiten Darßwald, das Fernglas vor Augen“, so die Todesanzeige der Familie, starb Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Kurt Mothes an einem Infarkt. Für den Naturliebhaber und leidenschaftlichen Jäger sicherlich ein angenehmer Tod. Ein schlichter Grabstein ohne jeglichen akademischen Titel schmückt sein Grab auf dem Friedhof in Ahrenshoop.

Seit 1985 – also zwei Jahre nach seinem Tod – trägt in seiner Geburtsstadt Plauen die damals neuerrichtete Apotheke am Chrieschwitzer Hang den Namen des sechsfachen Ehrendoktors Kurt Mothes. Dies allen Widerständen zum Trotz, denn die damalige SED-Kreisleitung wollte unbedingt sowjetische Ärzte als Namensgeber. Doch mit viel Durchsetzungskraft gelang es dem damaligen Kreisapotheker sowie dem ersten Apothekenleiter stattdessen dem Plauener Apotheker und Wissenschaftler Kurt Mothes diese Ehrung zuteilwerden zu lassen. Eine Gedenktafel zeugt heute noch von der Vorbildfunktion Mothes für die kundenfreundliche, wissenschaftlich fundierte Pharmazie in der Praxis. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/19 ab Seite 66.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin und Fachjournalistin

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