Mikroskop und Labor Glasbehälter mit Pipette© Totojang / iStock / Getty Images Plus
Forscher haben eine neue Gruppe von antibakteriellen Molekülen entdeckt, mit denen es möglich sein könnte neue Antibiotika zu entwickeln.

Resistenzen

ANTIBAKTERIELLE MOLEKÜLE AUF DEM VORMARSCH

Antibiotika-Resistenzen breiten sich weltweit immer weiter aus. Neuentwicklungen leider selten. Forschern ist es nun gelungen, eine neue Gruppe von antibakteriellen Molekülen zu identifizieren. Wirksame Neuentwicklungen treten nun in greifbare Nähe. 

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Die Bandbreite an Antibiotika ist groß. Bei einer großen Anzahl derjenigen, die in der klinischen Praxis zum Einsatz kommen, ist der Wirkungsprozess ein folgender: Das eingesetzte Antibiotikum hemmt die Fähigkeit der Bakterien, eine schützende Zellwand zu bilden, wodurch sich die Zellen auflösen (Zelllyse). Das derzeit bekannteste Antibiotikum ist Penicillin, das bestimmte Enzyme beim Aufbau der Zellwand stört.

Es gibt allerdings auch andere, neuere Antibiotika wie Daptomycin oder das kürzlich entdeckte Teixobactin, die eine anderen Wirkmechanismus haben. In diesem Fall wird ein spezieller Baustein (Lipid II), der von Bakterien zum Aufbau der Zellwand benötigt wird, gebunden. Bei solchen Lipid II-bindenden Antibiotika handelt es sich normalerweise um sehr große und komplexe Naturstoffe, bei denen es nicht einfach möglich ist, sie mit chemischen Methoden zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass sie aufgrund ihrer Größe in der Regel gegenüber gramnegativen Problemkeimen nicht wirksam sind, da die über eine weitere Hülle verfügen, man spricht hier von der äußeren Membran. 

“Lipid II ist ein sehr attraktives Ziel für neue Antibiotika. Wir haben die ersten kleinen antibakteriellen Verbindungen identifiziert, die durch Bindung an dieses Lipidmolekül wirken, und in unserer Studie haben wir keine resistenten Bakterienmutanten gefunden, was sehr vielversprechend ist”, sagt Birgitta Henriques Normark, Professorin in der Abteilung für Mikrobiologie, Tumor- und Zellbiologie am schwedischen Karolinska Institut.
 

Die Studie

Forscher des Karolinska Instituts und der Universität Umeå haben eine große Anzahl chemischer Verbindungen daraufhin untersucht, ob sie in der Lage sind, Pneumokokken zu lysieren. Erste Tests wurden gemeinsam mit dem Chemical Biology Consortium Sweden (CBCS) durchgeführt, einer nationalen Forschungsinfrastruktur im SciLifeLab. Bei den Untersuchungen wurden die aktiven Verbindungen aus diesem Screening genau unter die Lupe genommen. 
Gemeinsam mit der Universität Bonn konnten sie zeigen, dass eine Gruppe von Molekülen namens THCz die Bildung der Bakterien-Zellwand durch Bindung an Lipid II hemmt. Solche Moleküle könnten außerdem in der Lage sein, die Bildung einer schützenden Kapsel, wie es bei Pneumokokken der Fall ist, zu verhindern. Für Pneumokokken wäre eine solche Kapsel essenziell, da sie sie benötigen, um das Immunsystem auszutricksen und somit Krankheiten zu verursachen.
 

Chemisch leichter zu modifizieren

“Der Vorteil von kleinen Molekülen wie diesen ist, dass sie chemisch leichter zu modifizieren sind. Wir hoffen, dass wir THCz so verändern können, dass die antibakterielle Wirkung zunimmt und die negativen Auswirkungen auf menschliche Zellen abnehmen”, sagt Fredrik Almqvist, Professor am Fachbereich Chemie der Universität Umeå.

In verschiedenen Experimenten konnten die Forscher feststellen, dass THCz eine antibakterielle Wirkung gegen viele antibiotikaresistente Bakterien, wie zum Beispiel Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA), Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) und Penicillin-resistente Pneumokokken (PNSP) aufweist. Auch bei Gonokokken, die die sexuell übertragbare Krankheit Gonorrhoe verursachen, wurde eine antibakterielle Wirkung nachgewiesen. Ebenso wie bei Mykobakterien, die in der Lage sind, beim Menschen schwere Krankheiten wie Tuberkulose zu verursachen. Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass die Forschenden keine Bakterien identifizieren konnten, die in einer Laborumgebung eine Resistenz gegen THCz entwickelten.

“Wir werden nun auch versuchen, das THCz-Molekül so zu verändern, dass es die Äußere Membran einiger besonders hartnäckiger, multiresistenter Bakterien durchdringen kann”, so Tanja Schneider, Professorin am Institut für Pharmazeutische Mikrobiologie der Universität Bonn.

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
 

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