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Kommunikation

KOLLEGIN LÜGT! WAS TUN?

Auch wenn Lügner kein positives Image haben, Psychologen sind sich einig: Lügen sind lebensnotwendig, um das Miteinander zu erleichtern.

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Warum bevorzugt man zu lügen, anstatt einfach die Wahrheit zu sagen? Im Grunde ist die Antwort recht einfach: Weil die wahrgenommenen Aspekte der Wirklichkeit dem Lügner nicht so attraktiv erscheinen wie die Lüge. In vielen sozialen Situationen scheint es einfach angebracht, zu lügen:

Wie wollen Sie der Kollegin mit einer völlig missratenen Frisur mitteilen, dass sie scheußlich aussieht? Wie können Sie Ihrem Kunden sagen, dass sein Kind ein fürchterliches Benehmen hat, und Sie der Ansicht sind, dass er als Vater versagt hat? Und wie sagen Sie Ihrem Chef, dass er mit vollem Mund spricht und Sie das ekelerregend finden – auch wenn das die volle Wahrheit ist? Viele kleine Lügen sollen das Miteinander im Alltag erleichtern. Was aber tun, wenn Kollegen gezielt die Unwahrheit erzählen, und einen anschwärzen, um sich selber Vorteile zu verschaffen?

Annäherung Nr. 1 Ernst nehmen. Gehen Sie doch einfach mal davon aus, dass Ihr Gesprächspartner die Wahrheit sagt – erfragen Sie Details, und hören Sie genau zu. Verurteilen ist leicht. Begreifen, was den Anderen wirklich dazu treibt, sich so zu verhalten, ist weitaus schwieriger. Falls Anschuldigungen gegen Sie vorgebracht werden, bitten Sie um Konkretisierung: „Frau Müller, Sie haben gerade gesagt, dass ich nicht häufig genug eine Zusatzempfehlung mache. Könnten Sie bitte eine oder zwei konkrete Situationen nennen, in denen das tatsächlich passiert ist“?

Annäherung Nr. 2 Selbstvertrauen stärken. Menschen, die lügen, haben ein niedriges Selbstvertrauen. Sie halten die Wahrheit für schlechter als die Lügen, die sie verbreiten. Leider schrecken sie auch nicht zurück vor Intrigen, um ihre eigenen Lügen aufrecht zu erhalten. Solche Menschen haben wenige Freunde.

Ein Ausweg könnte sein, ihr Selbstvertrauen zu stärken und Wege aufzuzeigen, aus dem Lügengerüst herauszufinden. Sprechen Sie Ihren Ärger aus, ohne Vorwürfe zu machen. Versuchen Sie, Regeln für die Zusammenarbeit aufzustellen, und sprechen Sie offen über Ihre Zweifel. Möglicherweise – insbesondere wenn das Verhalten festgefahren ist – wird hierfür professionelle Hilfe notwendig, auf jeden Fall ist die Hilfe der Apothekenleitung angesagt.

Annäherung Nr. 3 Kontakt abbrechen, Arbeitsvertrag kündigen. Nicht in jeder Lebenslage ist man gezwungen, den Samariter zu spielen. Insbesondere wenn Intriganten das Berufsklima nachhaltig verschlechtern, sind rechtliche Schritte häufig unausweichlich. Führt der Lügner nur das eigene Wohl im Schilde und geht er völlig skrupellos mit gezielten Lügen um, so sollte er als Teammitglied nicht weiter geduldet werden.

Allgemeine Tipps: Fördern Sie ein Klima der Offenheit und führen Sie eine Fehlerkultur ein, bei der es möglich ist, Fehler zuzugeben und daraus zu lernen. Unterbinden Sie die Tendenzen einiger Leute, ÜBEReinander zu reden, und fördern Sie ein MITeinander reden. Seien Sie feinfühlig, insbesondere dann, wenn Ihnen über die Fehler anderer Leute berichtet wird – vielleicht will der Berichterstatter nur sich selbst ins rechte Licht rücken. Allerdings bleibt leider eine Schwierigkeit bestehen: die Konfrontation mit der Wahrheit und der harte Nachweis einzelner Lügen wird wahrscheinlich nur dazu führen, den unsicheren Kollegen in noch mehr Lügen zu verstricken.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/12 auf Seite 26.

Anna Laven, Apothekerin / Pharmazietrainerin

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