Eine Person im Wald hat auf ihrem Zeigefinger eine Zecke sitzen, die sich noch nicht festgebissen hat. Die Zecke ist wenige Millimeter groß und dunkel.© Andreas Häuslbetz / iStock / Getty Images Plus
Klein aber oho: Zecken können Krankheiten übertragen.

Insektenstich

FAKTENCHECK ZECKEN – TEIL 2

Blutsauger sind extrem unbeliebt. Doch während es bei heimischen Mücken nach einem Stich bisher meist nur böse juckt, können Zecken hierzulande schon seit langem gefährliche Viren und Bakterien übertragen. Doch wie groß ist dieses Risiko wirklich?

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Zecken sind Parasiten, die sich mit dem Blut von Menschen und Tieren vollsaugen. Das klingt wenig sympathisch, zumal durch den Stich auch Krankheitserreger übertragen werden können. Vor der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) schützt eine Impfung, gegen Borreliose gibt es keine.

Eine solche Infektion nach einem Zeckenstich kommt in Deutschland aber seltener vor als vielleicht angenommen. Darüber, wie wir uns Zecken zuziehen, was uns vor ihnen schützt und ob der Klimawandel alles noch schlimmer macht, ranken sich zahlreiche Mythen. Was stimmt und was stimmt nicht?

Teil 1 der Zeckenfakten finden Sie hier.

Behauptung: Zecken übertragen immer gefährliche Krankheitserreger.
Bewertung: Falsch

Im Blut von Mensch und Tier können Krankheitserreger vorkommen, die sich auf die saugende Zecke übertragen und später weitergegeben werden können. Wie häufig passiert das?

Zu den durch Zecken übertragenen Bakterien gehören zum Beispiel die Borrelien. Rund 30 Prozent der Holzböcke sind Borrelien-Träger, heißt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Borrelien kommen im Mitteldarm von Holzböcken vor. Darum dauert es mehrere Stunden, bis sie nach einem Stich in den menschlichen Organismus gelangen können. Wird eine Zecke recht schnell auf der Haut entdeckt und entfernt, droht also eher keine Gefahr.

  • Kommt es zu einer Infektion beim Menschen (Lyme-Borreliose), zeigt sich das häufig durch die sogenannte Wanderröte: eine mindestens fünf Zentimeter große, ringförmige Hautrötung. Sie entwickelt sich innerhalb von 3 bis 30 Tagen nach dem Zeckenstich um die Einstichstelle herum. Sie kann aber auch an anderen Körperstellen auftreten. Eine Borreliose kann zudem Fieber, Lymphknotenschwellungen, Muskel- und Gelenkschmerzen mit sich bringen.
  • Borrelien können auch das Nervensystem befallen. Eine solche Neuroborreliose tritt bei 3 von 100 Erkrankten auf, und zwar innerhalb weniger Wochen bis Monate nach dem Stich. Typisch sind brennende Nervenschmerzen, Gesichtslähmungen, Taubheitsgefühle, Seh- oder Hörstörungen und in seltenen Fällen Lähmungen des Rumpfes, der Arme oder der Beine.
  • Bei einer Lyme-Arthritis (circa 5 von 100 Erkrankten) entzünden sich Gelenke durch die Borrelien. Die Lyme-Arthritis verläuft in der Regel schubweise wiederkehrend.

Doch nicht jeder, der durch einen Zeckenstich mit Borrelien in Kontakt kommt, wird auch tatsächlich krank. Oft kann der Körper die Bakterien in Schach halten. Wirklich krank werden nach RKI-Berechnungen 0,3 bis 1,4 Prozent der Menschen, die von einer Zecke gestochen werden.

Bleibt eine Infektion lange unentdeckt, kann sie allerdings in Einzelfällen zu komplizierten Verläufen führen, die aufwendige Behandlungen nötig machen. Im Frühstadium hilft ein Antibiotikum meist gut. Die genaue Häufigkeit der Erkrankung in Deutschland ist nicht bekannt. Nach vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) ausgewerteten Daten wurde 2021 bei rund 325 000 gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten eine Lyme-Borreliose diagnostiziert. Einen Impfstoff gegen Borreliose gibt es noch nicht.

Die zweite häufig von Zecken übertragene Krankheit ist eine Form von Hirn- oder Rückenmarkentzündung, die Frühsommer-Meningoenzephalitis oder kurz FSME, die sich akut oft durch hohes Fieber zeigt. Gegen das Virus, das in den Speicheldrüsen der Parasiten sitzt und deshalb schnell übertragen wird, gibt es eine Impfung. Sie wird vor allem für Risikogebiete empfohlen. Dazu zählen in Deutschland Baden-Württemberg und Bayern, aber auch Teile von Hessen, Thüringen und Sachsen sowie einzelne Landkreise in anderen Bundesländern.

FSME-Infektionen bei Menschen sind in Deutschland meldepflichtig. Nach Daten des Robert Koch-Instituts kommen sie selten vor, jährlich nur 300 bis 600 Mal. Das liegt auch daran, dass selbst in Risikogebieten nur ein sehr kleiner Teil der Zecken – bis zu fünf Prozent – mit dem FSME-Virus infiziert ist. Viele Infektionen verlaufen auch hier ohne sichtbare oder mit milden Symptomen. FSME kann beim Menschen allerdings in sehr seltenen Fällen tödlich enden oder Langzeitschäden wie Lähmungserscheinungen hervorrufen.

Zeckenfakten: Drehen, hebeln oder fetten?
Eine Zecke hat kein Gewinde wie eine Schraube. Das heißt, man sollte nicht versuchen, die Zecke aus der Haut herauszudrehen. Stattdessen schiebt man eine Zeckenkarte oder -pinzette unter ihren Kopf und hebt sie nach oben ab.
Früher hieß es, man soll eine Zecke mit Öl oder Butter einreiben oder einen Tropfen Kleber auf sie geben, damit sie erstickt und loslassen muss. Das ist aber kontraproduktiv: Bei Reibung oder im Todeskampf wird die Zecke eventuelle Erreger erst recht ausspucken. Von diesen Methoden ist also dringend abzuraten.
Im Notfall lässt sich eine Zecke auch mit den Fingern abziehen – wichtig ist auch hierbei, das Tier nicht zu quetschen.
Sollte der Kopf oder der Stechapparat beim Entfernen in der Haut stecken bleiben, ist das nicht schlimm. Der Kopf allein kann keine Erreger übertragen. Die Reste kann man also in Ruhe zu Hause entfernen oder, falls das nicht klappt, vom Hausarzt entfernen lassen.

Behauptung: Durch den Klimawandel gibt es immer mehr und gefährlichere Zeckenarten in Deutschland.
Bewertung: noch unklar

Wärmere Winter machen nicht-heimischen Zecken das Überleben in Deutschland leichter. In den vergangenen Jahren wurden nach Angaben des Robert Koch-Instituts neu vorkommende Arten wie

  • Auwaldzecken (Dermacentor reticulatus),
  • Reliktzecken (Haemaphysalis concinna),
  • Braune Hundezecken (Rhipicephalus sanguineus) und
  • Zecken der Gattung Hyalomma

beobachtet. Stiche der Reliktzecke gelten in ihrem Hauptverbreitungsgebiet Asien als Risiko für schweres Fieber mit Blutungsrisiko (SFTS). Zecken der Gattung Hyalomma können Krim-Kongo-Fieber übertragen, das beim Menschen innere Blutungen auslösen kann.

In Deutschland wurden diese Erreger nach RKI-Angaben aber bisher noch nicht in Zecken nachgewiesen. Es gab bisher auch keine Fälle, bei denen eine Ansteckung nachgewiesen in Deutschland stattgefunden hat. Wissenschaftler gehen davon aus, dass jedes Jahr Millionen von Hyalomma-Larven oder jugendliche Tiere (Nymphen) mit Zugvögeln nach Deutschland gelangen. Trotzdem würden vergleichsweise wenige ausgewachsene Hyalomma-Zecken gefunden. Auch wenn bereits vereinzelt Nymphen gefunden wurden, die in Deutschland geschlüpft sein müssen, sei bislang unklar, ob langfristig eine Hyalomma-Population in Deutschland entstehen kann.

Weiter steigende Temperaturen und eine zunehmend geringere Luftfeuchtigkeit könnten jedoch dazu beitragen. Veränderungen, die das ökologische Gleichgewicht stören können, sind durch eine Ausbreitung der neuen Zeckenarten auch in Deutschland nicht ausgeschlossen. Auwald- oder Reliktzecken machen hierzulande nach Untersuchungen des Robert Koch-Instituts bisher nur etwa ein bis zwei Prozent der Zeckenstiche aus. Anders als Holzböcke krabbeln Auwald-, Relikt- und Hyalomma-Zecken aber aktiv auf Menschen und andere potenzielle Beute zu.

Quellen:
dpa
https://www.zecken-radar.de/zeckenbiss-oder-zeckenstich/
https://www.test.de/Mittel-gegen-Zecken-1672174-0/
https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/borreliose/

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