Weiße Medikamentendose aus der Tabletten fallen auf rotem Hintergrund© Shidlovski / iStock / Getty Images Plus
Die Wirkstoffe ASS und Betablocker sind bei großer Hitze eher kontraproduktiv.

Infarktrisiko

ASS UND BETABLOCKER PASSEN NICHT ZU HEISSEN TEMPERATUREN

Hitze stellt eine arge Belastung für den Kreislauf dar. Statistisch ist erwiesen, dass die Anzahl der Herzinfarkte bei hohen Außentemperaturen steigt. Einen zusätzlichen Risikofaktor hat ein amerikanisches Forscherteam nun identifiziert.

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Wer ASS oder Betablocker zu seiner täglichen Medikation zählt, sollte aufpassen: Beide Wirkstoffe sind bei großer Hitze eher kontraproduktiv. Der Grund: An einem heißen Sommertag will der Körper uns helfen. Die Blutgefäße stellen sich weit, die Durchblutung der Haut wird erhöht und durch das vermehrte Schwitzen geht Flüssigkeit verloren, sodass das Risiko für Thrombosen steigt. Doch gerade Arzneistoffe, die bei kardiovaskulären Erkrankungen gegeben werden, können das Thromboserisiko zusätzlich erhöhen. Denn sie drosseln die Schweißproduktion und damit auch die körpereigene Kühlung. Außerdem können Durstgefühl und die Nierenfunktion ebenfalls nachlassen.

Da diese Überlegungen schon länger im Raum standen, aber das Ganze noch nicht valide untersucht worden war, nahm eine Gruppe um Professor Dr. Kai Chen von der Yale School of Public Health eine wissenschaftliche Auswertung vor. Sie benutzten dazu Daten aus Deutschland, nämlich jene der KORA-Kohorte (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg) unter Beteiligung des Helmholtz Zentrums München. 

Medikamentencocktail der Patienten war entscheidend

Berücksichtigt wurden dabei 2494 Patienten, die in den Jahren 2001 bis 2014 in der Region Augsburg in der warmen Jahreszeit (Mai bis September) einen nicht tödlichen Herzinfarkt erlitten hatten. Die Forscher ermittelten dazu die meteorologischen Daten und auch die Medikation der Patienten. Danach hatten 

  • 32 Prozent einen ACE-Hemmer eingenommen, 
  • 37 Prozent einen Betablocker, 
  • 16 Prozent einen Calciumantagonisten, 
  • 23 Prozent ein Diuretikum und 
  • 24 Prozent ein Statin.

Es stellte sich heraus: Das Herzinfarktrisiko bei Patienten unter Thrombozytenaggregationshemmern und/oder Betablockern war signifikant erhöht. Für Menschen, die diese Medikamente nicht einnahmen, war das hingegen nicht der Fall.

Kurios: Bei den Probanden zwischen 25 und 59 Jahren war der arzneimittelassoziierte Risikoanstieg deutlicher als bei älteren Patienten zwischen 60 und 74 Jahren. Das könnte auf einen kausalen Zusammenhang hindeuten: Jüngere Menschen haben nämlich seltener eine vorbestehende koronare Herzerkrankung, was ein möglicher Grund für eine Verzerrung wäre. Da aber Wissenschaftler vorsichtig mit Kausalzusammenhängen sind, fordern sie zunächst weitere Belege für ihre These.
 

ASS erhöht die Körpertemperatur, Betablocker blockiert Gefäßweitstellung

Nichtsdestotrotz: Acetylsalicylsäure und Betablocker weisen wohl auf nachteilige Effekte bei Hitze hin. So hat ASS in einer Doppelblind-Studie bei Probanden, die passivem Hitzestress ausgesetzt wurden, die Körperkerntemperatur erhöht. Bei Betablockern zeigte sich, dass sie die Weitstellung von Hautgefäßen unterbinden, sodass Wärme schlechter abgeleitet werden kann. Gleichzeitig können die Betablocker den blutdrucksenkenden Effekt anderer Antihypertonika verstärken, was bei Hitze nicht gut ist.

So plausibel das alles klingt: Die Wissenschaftler warnen davor, dass Patienten nun vorschnell eine bestehende Medikation absetzen oder ändern, bloß weil es heiß wird. Sie raten, dies unbedingt zunächst mit ihrem behandelnden Arzt zu besprechen.

Quelle: Pharmazeutische Zeitung
 

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