Ergotherapeutin
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Gesundheitsberufe

ERGOTHERAPEUT

Ergotherapeuten behandeln Menschen aller Altersgruppen, deren

Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind –

zum Beispiel durch eine physische oder psychische Erkrankung,

eine Behinderung oder Entwicklungsverzögerung.

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Sich waschen, anziehen, Gegenstände greifen – was so selbstverständlich und „kinderleicht“ klingt, ist vielen Menschen kaum noch oder gar nicht mehr möglich. Ursache dafür ist häufig eine Schädigung des Nervensystems, zum Beispiel aufgrund eines Schlaganfalls, die zu sensomotorischen Störungen führt. Funktioniert das feine Zusammenspiel von Sinnessystemen und motorischen Systemen nicht mehr einwandfrei, hat das für Betroffene weitreichende Folgen. Ihnen durch eine maßgeschneiderte Therapie zu helfen, die Körperwahrnehmung wiederherzustellen, Bewegungsabläufe zu verbessern und den Gleichgewichtssinn zu schulen, ist eine der Aufgaben ausgebildeter Ergotherapeuten. Eine von vielen!

Der Begriff „Ergotherapie“ stammt aus dem Griechischen und lässt sich mit „Gesundung durch Handeln und Arbeiten“ übersetzen. Bei uns in Deutschland zählt die Ergotherapie zu den medizinischen Heilberufen. Sie ist als Heilmittel von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannt und kann vom Arzt verordnet werden – als Einzel- oder als Gruppenbehandlung. Ergotherapeuten behandeln Menschen aller Altersklassen mit unterschiedlichsten körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen: Das Kind mit diagnostizierter Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ebenso wie den Patienten mit der rheumatischen Erkrankung, den Menschen mit der angeborenen geistigen Schädigung genauso wie den Suchtkranken.

Kurzum: Für alle Menschen, deren Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht ist, kommt eine ergotherapeutische Beratung und Behandlung infrage. „Ziel ist, sie bei der Durchführung für sie bedeutungsvoller Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken“, heißt es in der Ergotherapie-Definition des Deutschen Verbandes der Ergotherapeuten (DVE). Durch ergotherapeutische Maßnahmen soll die Handlungsfähigkeit des Einzelnen im Alltag verbessert – und so die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werden.

Vielfältige Einsatzbereiche Das therapeutische „Handwerkszeug“ ausgebildeter Ergotherapeuten ist vielfältig: Im Bereich der Neurologie können die Spezialisten zum Beispiel durch gezielte motorische Übungen Alltagskompetenzen fördern. Im Bereich psychischer Erkrankungen kann die Ergotherapie unter anderem die Ziele verfolgen, die Bewältigung des Alltags zu verbessern und soziale Kompetenzen zu stärken. Hilfreich ist es bei psychischen Erkrankungen oft auch, die Kreativität der Patienten und somit ihr Selbstvertrauen zu fördern.

Bei sehr alten Menschen kann die Ergotherapie eingesetzt werden, um Gedächtnis, Konzentration und Wahrnehmung gezielt zu trainieren, aber auch um die Beweglichkeit zu erhalten. Menschen mit Lähmungen und nach Amputationen können mit Hilfe des Ergotherapeuten lernen, Bewegungsabläufe anders als bisher auszuführen und so ein Stück Unabhängigkeit wiedererlangen. Zu den ergotherapeutischen Leistungen gehört auch Prothesentraining, bei dem Prothesenträger lernen, ihren Alltag möglichst ohne Einschränkungen zu meistern.

Durch Ergotherapie soll die körperliche, geistige, soziale und berufliche Selbstständigkeit wieder erreicht werden.

Bei Kindern mit Entwicklungsstörungen kann die Behandlung Motorik, Kommunikation und Konzentration fördern, sodass die jungen Patienten schließlich besser mit den alltäglichen Anforderungen in Kindergarten und Schule klarkommen. Zu den Aufgaben des Ergotherapeuten gehört auch die Beratung und Anleitung Angehöriger im Umgang mit dem Patienten. Ergotherapeuten arbeiten häufig in Krankenhäusern, Rehabilitationszentren, Altenheimen, in pädagogischen Einrichtungen wie Frühförderzentren und auch in speziellen Praxen für Ergotherapie. Mitarbeiter dieser Praxen behandeln oft nicht nur vor Ort, sondern bieten auch Hausbesuche an, beispielsweise für Patienten mit Gehbehinderung. Auch am Arbeitsplatz kann Ergotherapie eingesetzt werden, etwa im Rahmen einer betrieblichen Wiedereingliederung.

Gut qualifiziert Die Ausbildung zum Ergotherapeuten an speziellen Berufsfachschulen ist bundesweit einheitlich geregelt. Voraussetzung ist in der Regel ein mittlerer Bildungsabschluss. Während der schulischen Ausbildung erhalten angehende Ergotherapeuten keine Vergütung. An manchen Schulen fallen jedoch Kosten an, etwa Schulgeld, Aufnahme- und Prüfungsgebühren. Die Ausbildung endet mit einer staatlichen Abschlussprüfung. Mittlerweile bieten manche Bildungsträger – einen entsprechenden Schulabschluss des Bewerbers vorausgesetzt – auch die Möglichkeit eines dualen Studiengangs. Hier stehen neben der klassischen Ausbildung zum Ergotherapeuten zusätzlich Seminare an einer Hochschule auf dem Stundenplan. Das Studium schließt mit dem akademischen Grad „Bachelor of Science“ ab. Möglich ist es auch, Ergotherapie grundständig zu studieren oder sich nach der Ausbildung zum Ergotherapeuten durch ein Studium weiterzubilden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/17 ab Seite 96.

Andrea Neuen, Freie Journalistin 

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