Eine Frau steht vor einer übermannshohen Tafel und schreibt sie voll mit wissenschaftlichen Formeln.© Halfpoint / iStock / Getty Images Plus
So kompliziert ist die Glücksformel dann doch nicht - es geht um Erwartungen, Emotionen und Entscheidungen.

Emotionen

GLÜCKSFORMEL GEKNACKT? GLÜCK KANN MAN LERNEN!

Was braucht es, um glücklich zu sein? Ist Glück planbar? Und wie erforscht man Glück, schließlich ist es ja „nur“ ein Gefühl? Auf diese Fragen wollen Forschende nun Antworten gefunden haben. Über Erwartungen und Entscheidungen.

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Was ist für Sie Glück? Das Zwitschern der Vögel am frühen Morgen und eine Tasse Kaffee dazu? Der Lieblingssong, volle Pulle aufgedreht, allein im Auto? Der geliebte Mann, der einem sagt, dass man die schönste Frau der Welt ist? Tja, für jeden von uns ist das ein bisschen anders.

Lange ist die Wissenschaft davon ausgegangen, dass Gefühle universell sind und bei allen Menschen gleich. Stimmt aber gar nicht: Heute wissen wir, dass Emotionen sich aus individuellen Empfindungen und körperlichen Reaktionen zusammensetzen. Hinzu kommen äußere Einflüsse, Erfahrungen und Erinnerungen. Ein ganz eigener Mix, sozusagen ein gefühlsmäßiger Fingerabdruck des Glücks.

Erwartungshaltung ist ein Schlüsselfaktor zum Glück

Finnen sind ja bekanntlich die glücklichsten Menschen der Welt, sie belegen im World Happiness Report regelmäßig den ersten Platz. Aber warum? Es gibt Leute, denen ist das rätselhaft, denn in Finnland ist es manchmal viel kälter als hier und ziemlich dunkel und man muss sich wärmer anziehen. Es ist auch kein Land für Leute, die das Saunieren ablehnen. Soziologen haben eine Antwort: Sie führen es auf die Erwartungshaltung zurück, welche die Finnen demnach eher niedrig ansetzen.

Das mit der niedrigen Erwartungshaltung generell auf ein glückliches Leben anzuwenden, ist aber auch wieder falsch. Dr. Jolanta Burke, Senior Dozentin am Zentrum für positive Gesundheitswissenschaften an der University of Medicine and Health Sciences in Irland, behauptet eher das Gegenteil: Hohe Erwartungen seien sogar wichtig, um auf Träume und Ziele hinarbeiten zu können. „Durch einen Prozess, der als mentales Kontrastieren bezeichnet wird, bilden wir ein Urteil über unsere Zukunftserwartungen und entscheiden, welche Träume realistisch zu verfolgen sind und welche wir besser aufgeben sollten.“ Dieser Prozess sei wichtig, um nicht durch Überschätzung Frust zu erzeugen.

Hohe Erwartungen sind wichtig, um auf Träume und Ziele hinarbeiten zu können.

Je höher unsere Erwartung, desto optimistischer bleiben wir

Eine grundsätzlich bejahende Haltung hat aber noch mehr für sich: Je höher unsere Erwartung, desto optimistischer bleiben wir, machen trotz aller Widrigkeiten weiter und bleiben einfach zuversichtlich, dass sich schon alles zum Guten wenden wird. Psychologin Burke erklärt: „Diese Einstellung ist ein Zeichen von Widerstandsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit und Wohlbefinden.“

Dagegen behindern niedrige Erwartungen unsere Fähigkeit, sich an veränderte Umstände anzupassen. Es entsteht ein Gefühl von Hilflosigkeit oder Verzweiflung. Menschen mit geringen Erfolgserwartungen geben schneller auf und verpassen darüber hinaus Chancen – und sie begründen ihre gedämpfte Haltung damit, sich vor Enttäuschung schützen zu wollen. Erfüllt sich eine Hoffnung nicht, gibt es dann nämlich weniger Grund traurig zu sein.

Die Psychologin sieht das anders: Man solle sich nicht auf Sorgen und Probleme konzentrieren, sondern den eigenen Umgang mit Emotionen wie Traurigkeit oder Frustration trainieren. Die Vorteile (Motivation) überwiegen die Nachteile (Schutz vor Frustration).

Wir sollten unseren Umgang mit Emotionen wie Traurigkeit oder Frustration trainieren.

Glück ist ein natürlicher Motivator

Robb Rutledge, Assistenzprofessor an der Yale University, sieht das Ganze akademisch: „Glück ist ein Hilfsmittel, kein Ziel an sich“, sagt er. Denn Glück ist eng mit dem Lernen über unsere Umwelt verbunden. „Es kann uns helfen, besser zu verstehen, was uns wichtig ist, was wir schätzen. Es kann uns mitteilen, ob die Dinge überraschend gut laufen, was uns dazu motivieren kann, in entscheidenden Momenten weiterzumachen.“ Und es kann sogar die Weichen für einen Neuanfang stellen: „Wenn unsere Zufriedenheit sinkt, kann das ein Zeichen dafür sein, dass wir etwas Neues ausprobieren sollten“, so der Wissenschaftler.

„Glück ist ein Hilfsmittel, kein Ziel an sich.“

Woher er diese Erkenntnisse hat, verrät Rutledge ebenfalls: Über die Smartphone-App „The Happiness Project“. Deren Ziel ist es, eine Art Glücksformel abzuleiten (also doch!). Der Nutzer muss lediglich eines von vier Spielen spielen. Jedes konzentriert sich auf einen Aspekt, von dem die Forscher bereits wissen, dass er entscheidend für Glück ist:

  • Ungewissheit,
  • Nachdenken über die Zukunft,
  • Lernen und
  • Anstrengung.

Wenn man immer mit dem Schlimmsten rechnet, ist es schwierig, gute Entscheidungen zu treffen.

Erwartungen spielen dabei übrigens eine große Rolle. Glück ist nämlich nicht davon abhängig, wie es dem Nutzer geht – sondern ob er beim Spielen besser abschneidet als erwartet. Wenn man immer mit dem Schlimmsten rechnet, ist es schwierig, gute Entscheidungen zu treffen. Läuft aber etwas besser als erwartet, kann unser Gehirn anhand dieser Erfahrung die eigene Einstellung nach oben korrigieren – und wir treffen fortan bessere Entscheidungen.

Warum Glück nicht lange währt

Eine weitere Lektion der Smartphone-Spiele: Die meisten Ereignisse beeinträchtigen nicht lange unser Glück. Sogar Freude ist begrenzt, denn unser Gehirn passt sich daran ebenso an wie an andere Emotionen. Das hat aber einen Sinn: Nach einer Anpassung sei man wieder bereit, den nächsten Schritt zu gehen, sagt Rutledge.

Und er geht davon aus, dass es nie die eine Formel für das Glück geben wird: Die Forschung könne aber dazu beitragen, verschiedene ausschlaggebende Faktoren zu erklären.

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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