Eine blau behandschuhte Hand mit der Aufschrift: Stop Coronavirus
Ist das Virus noch zu stoppen? Ein Experte informiert. © superoke / iStock / Getty Images Plus

Verbreitungswege | Infektiosität

CORONAVIRUS-EXPERTE: „DA KANN ETWAS NICHT STIMMEN“

Das neue Coronavirus ist zwar viel infektiöser als das Sars-Virus von 2003. Und doch gibt es beruhigende Nachrichten von der Covid-19-Front. Das erklärte Prof. Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie bei einer Veranstaltung in Berlin.

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Die Berliner Medizinische Gesellschaft und die Berliner Mikrobiologische Gesellschaft hatten zu der Informationsveranstaltung geladen, auf der sich weit mehr als 500 Zuschauer drängelten, wohl weil unter anderem der derzeit gefragteste Coronavirus-Experte der Welt dort zu hören war. Der fasste das aktuelle Geschehen wie folgt zusammen:

Zum ersten sei das neue Virus namens Sars-CoV-2 völlig anders als das zur Referenz herangezogene Sars-Virus von 2003: Letzteres vermehrte sich vor allem tief in der Lunge. Das hatte zur Folge, dass die Patienten sich schnell sehr krank fühlten – was wiederum zur schnellen Eindämmung der Epidemie führte, da die Menschen auch schnell isoliert werden konnten. Covid-19 zeigt jedoch „extrem viel Virus“ im oberen Rachenbereich. Weil das Krankheitsgefühl aber in der Lunge ausgelöst wird, wo die Immunzellen sitzen und die Cytokine Alarm schlagen, sind die Patienten schon lange infektiös, bevor sie ihre Erkrankung überhaupt bemerken. Da das Virus zudem anders aufgebaut ist, kann es sich auch im Rachenraum replizieren. Das heißt wiederum: Ein Abstrich im oberen Rachenbereich ist völlig ausreichend für den Nachweis.

Beruhigend klang auch die zweite Information: „Ein symptomfreier Covid-19-Patient, dessen Zustand sich nicht verschlimmert und eine Woche im Krankenhaus ist, kann entlassen werden“, sagte Drosten. Dieser Patient ist nach neuen Erkenntnissen nicht mehr infektiös. Er gab zu bedenken, dass ein Krankenhaus auch für die anderen kranken Menschen einfach Platz brauche: „Zwar sind die Leiter der Gesundheitsämter da noch zögerlich, aber irgendwann wird der Druck auf die Betten zu groß sein.“ Beruhigend sei außerdem, dass Kinder zwar infiziert werden und infektiös sein können, bislang aber nur selten und sehr selten schwer erkranken. Auch Schwangere seien nicht besonders gefährdet.

Zum Thema Sterblichkeit zitierte Drosten die internationalen Zahlen. Zwar deuteten die Informationen aus China darauf hin, dass etwa drei bis vier von hundert Patienten starben, doch: „Da kann etwas nicht stimmen“, sagte Drosten, denn das wäre eine höhere Sterblichkeit als bei der Spanischen Grippe von 1918, als weltweit etwa 50 Millionen Menschen starben.

Experten gehen davon aus, dass sehr viele milde oder fast symptomfrei verlaufende Infektionsfälle gar nicht registriert werden. Rechne man dies mit ein, schätzte der Virologe eine Sterblichkeit von 0,3 Prozent. Man setze jetzt darauf, die Epidemie so zu verlangsamen, dass man es bis in den Sommer schaffe, wo sich das Virus viel schwerer verbreiten kann. Denn: „In Deutschland ist es nicht annährend möglich, Maßnahmen wie in China durchzuführen.“

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Der Tagesspiegel

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