Schlafstörungen
PTA-Fortbildung

Wenn Schäfchenzählen nicht hilft …

Nicht schlafen zu können, ist eine Belastung, die die Betroffenen im täglichen Alltag einschränkt. Bevor Schlafmittel empfohlen werden, sollte die Ursache geklärt sein, denn sie kann vielfältig sein.

16 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. Februar 2020

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Woran liegt es? Generell zählen Mediziner mehr als 90 Störungsbilder des Schlaf- Wach-Verhaltens mit verschiedenen Ursachen. Nach der International Classification of Sleep Disorders (ICSD-2) werden Insomnien, schlafbezogene Atemstörungen, Hyperinsomnien bei organischen und psychischen Erkrankungen sowie Schlafstörungen unterschiedlicher Genese unterschieden. Mediziner sprechen von sekundärer Insomnie, wenn äußere Faktoren für die Schlafstörungen verantwortlich sind. Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen sind oft Folge einer anderen Erkrankung. Beispiele sind das Schlafapnoe-​Syndrom, das Restless-Legs-​Syndrom, Schlafstörungen infolge von Schmerzen, psychischen Erkrankungen, COPD oder Asthma bronchiale. Schlafstörungen, die mit anderen Erkrankungen im Zusammenhang stehen, können nur durch Therapie der Grunderkrankung behoben werden. Auch Medikamente können den Schlaf aus dem Takt bringen.

Arzneimittel, die das Einschlafen verschlechtern, sind zum Beispiel Psychopharmaka wie selektive Serotonin- Wiederaufnahme-Hemmer, zum Beispiel Citalopram, Sertralin oder Fluoxetin. Hier ist es besonders wichtig, dass PTA und Apotheker auf den richtigen Einnahmezeitpunkt am Morgen hinweisen. Sympathomimetika in Erkältungsmitteln haben ebenfalls aktivierende Wirkung und können abends eingenommen zu Schlafstörungen führen. Auch der lipophile Betablocker Metoprolol löst diese Nebenwirkung bei einem Teil der Patienten aus. Wer Diuretika benötigt, kennt den vermehrten Harndrang. Mehrfach in der Nacht „raus zu müssen“, ist ein häufiger Grund für mangelnde Therapietreue bei Patienten, die Entwässerungsmittel verordnet bekommen. Die Lebensführung nimmt ebenfalls deutlichen Einfluss auf den Schlaf. So klagen Schichtarbeiter mit wechselnden Tag- und Nachtschichten über gestörten Schlaf. Aber auch schlechte Schlafbedingungen, wie zum Beispiel eine durchgelegene Matratze, zu hohe oder zu niedrige Raumtemperatur, Lärm und Licht als Störfaktoren müssen in Betracht gezogen werden.

Unterschieden werden die Insomnie, also der Schlafmangel und Störungen des Schlafverlaufs bezüglich der Dauer, der Qualität und des Eintrittszeitpunkts aufgrund emotionaler Ursachen, die als Dyssomnien bezeichnet werden. Unter der nichtorganischen Hypersomnie ist eine extreme Tagesschläfrigkeit mit Schlafanfällen, die nicht auf einen objektiven Schlafmangel zurückzuführen ist, zu verstehen. Dieses seltene Störungsbild kommt zum Beispiel zusammen mit psychischen Erkrankungen wie der bipolaren Störung vor. Als Parasomnien werden unnormale Episoden während des Schlafes, zum Beispiel Schlafwandeln und Albträume bezeichnet. Hier ist die Ursache in der Regel bei psychischen Faktoren zu finden.

Diagnostik Die Betroffenen empfinden einen hohen Leidensdruck bei dauerhaften Schlafstörungen, denn sie spüren Müdigkeit und klagen über fehlende Leistungsfähigkeit am Tage. Zu bedenken sind die Risiken der Tagesschläfrigkeit zum Beispiel im Straßenverkehr. So sollten PTA und Apotheker Betroffene in der Apotheke umfassend befragen, um die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen. Wenn andere Erkrankungen, Medikamente oder ein unklares Beschwerdebild ohne bisherige Abklärung vorliegen, sollte der Patient zum Arzt geschickt werden. Werden Ursachen in der Lebensführung (Ernährung, Schlafgewohnheiten, Bewegungsmangel und leichter Stress) identifiziert, können in der Apotheke Empfehlungen zur Schlafhygiene und zur kurzfristigen Selbstmedikation gegeben werden. In der Arztpraxis wird eine ausführliche Anamnese zur Einordnung der Schlafproblematik vorgenommen.

Das Führen eines Schlaftagebuchs hilft, weitere Informationen über schlafstörende Faktoren zu gewinnen. Sehr sinnvoll ist auch, den Bettnachbarn einzubeziehen, um Schnarchen, Atemaussetzer und unruhiges Schlafverhalten zu erkennen. Eine weitere körperliche Untersuchung soll organische Ursachen ausschließen. Bei bestehenden Beschwerden kann die Diagnostik im Schlaflabor erforderlich sein. Hier werden meistens in zwei aufeinanderfolgenden Nächten Untersuchungen zur Schlafstruktur, der Schlafphasen, der nächtlichen Bewegungen, Herzrhythmus und der Atmung vorgenommen.

In den Schlaf finden Die Therapie der Schlafstörungen ist mehrschichtig. Die Basis besteht in der Schulung einer guten Schlafhygiene. Viele Patienten sind sich gar nicht bewusst, dass ihre Lebensführung für den gestörten Schlaf verantwortlich ist. Die S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) verweist als erstes auf verhaltenstherapeutische Maßnahmen. So sind Entspannungsübungen wie die progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen, Achtsamkeitstraining und Bewegung wichtige Techniken, um zu lernen abzuschalten und dann auch in den erholsamen Schlaf zu finden. Einen Versuch wert ist es, den Schlaf einzuschränken, sodass ein leichtes Schlafdefizit entsteht, das den Schlafdruck am Abend erhöht. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, sollte eine Therapie mit Hypnotika erwogen werden. Bei der Auswahl sollten die individuellen Bedingungen des Patienten zu Vorerkrankungen und Unverträglichkeiten beachtet werden. Bei der Verordnung von Sedativa sind einige Grundsätze zu beachten.

Die 6-K-Regel besagt:

  • Klare Indikation
  • Kleinstmögliche Dosis
  • Kurze Verordnungsdauer
  • Kein abruptes Absetzen
  • Kontraindikationen und Interaktionen beachten
  • Kombination mit nichtmedikamentösen Methoden

Mit diesen Prinzipien soll zum einen die individuelle Verträglichkeit sichergestellt und zum anderen das Risiko einer Suchtentwicklung gesenkt werden. Um das Abhängigkeitspotenzial zu reduzieren, gibt es unterschiedliche Therapiestrategien, zum Beispiel die Standardintervalltherapie mit maximaler Dauer von einem Monat und Absetzen für einen Monat und eventuell erneuter Behandlungseinheit sowie die intermittierende Gabe des Schlafmittels zwei- bis dreimal pro Woche. Als verschreibungspflichtige Sedativa bei Schlafstörungen werden Benzodiazepine, Antidepressiva, niedrigpotente Neuroleptika und Z-​Substanzen verordnet.

DAS SOLLTEN SIE IHREN KUNDEN FRAGEN
+Wie äußern sich Ihre Schlafprobleme?
+Wie häufig bzw. seit wann haben Sie die Schlafstörungen?
+Bringen Sie die Schlafstörungen mit bekannten Ursachen in den Zusammenhang, wie Stress, aktuellen Ereignissen, Erkrankungen oder mit Ihrer Schlafumgebung?
+Wann gehen Sie abends zu Bett und wie lange schlafen Sie bis zum ersten Aufwachen? +Schlafen Sie über Tag, wenn ja, wie lange?
+Beschreiben Sie Ihr Schlafritual am Abend.
+Trinken Sie abends Alkohol?
+Wann nehmen Sie Ihr Abendessen ein? Wir umfangreich ist es?
+Gibt es Vorerkrankungen oder Dauermedikamente, die berücksichtigt werden sollten?
+Welche Maßnahmen haben Sie bereits ergriffen – medikamentös/ nichtmedikamentös?

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