Arzneimittel in Schwangerschaft & Stillzeit
PTA-Fortbildung

Unbedenklich?

Die Antwort ist ein eindeutiges „JEIN“! Aussagen und Empfehlungen zu Arzneimitteln während Schwangerschaft und Stillzeit sind oftmals nicht eindeutig. Hier eine Momentaufnahme – Stand 2020.

19 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. Juli 2020

Stillzeit Die variierenden Spiegel der plazentaren Estrogene, Progesteron, HPL sowie Prolactin und Oxytocin am Ende der Schwangerschaft sind Auslöser der Laktation (Milchbildung) in den Brüsten. Mit der Plazentalösung in der Nachgeburtsphase kommt es zum Abfall der Estrogen- und Progestron-Spiegel und Anstieg des Prolactin-​Spiegels, der um den dritten Tag des Wochenbettes zum „Milcheinschuss“ führt. Prolactin ist ein Hormon des Hypophysenvorderlappens, dessen Ausschüttung in einem zirkadianen Tag-Nacht- Rhythmus, aber vor allem während der zweiten Nachthälfte erfolgt. Bereits unmittelbar nach der Geburt wird die sogenannte Vormilch, die auch als Kolostrum bezeichnet wird, sezerniert. Diese enthält viel Eiweiß, wenig Fett und zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an Antikörper vom Typ IgA aus. Ab dem dritten Wochenbetttag wird eine fettere „Übergangsmilch“ abgeben, die dann nach ungefähr zwei Wochen in die „reife Frauenmilch“ übergeht.

WO FINDE ICH INFORMATIONEN ZU EINZELNEN ARZNEISTOFFEN?

Embryotox – Herausgeber ist das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité – Universitätsmedizin – Campus Virchow-Klinikum in Berlin

Reprotox – Betreiber ist das Uniklinikum Ulm – Abteilung Reprotox – Dr. Wolfgang Paulus, Leiter; Schwerpunkt Pharmakovigilanz auf dem Gebiet der Reproduktionstoxikologie

AGATE – Arbeitsgemeinschaft Arzneimitteltherapie bei psychischen Erkrankungen (Anlaufstelle für Beratung und Datenerfassung bei der Anwendung von Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit)

Datenbanken zum Thema
ENTIS
– European Network of Teratology Information Services (europäisches Netzwerk kooperierender embryonaltoxikologischer Beratungsstellen)

Arzneimittel in der Schwangerschaft In den ersten drei Monaten der Schwangerschaft besteht erwiesenermaßen das höchste Fehlbildungsrisiko. Leider wird in über 50 Prozent die Schwangerschaft erst in der Mitte oder gegen Ende des ersten Trimenons festgestellt. Daher werden also noch sehr oft verschiedene Arzneimittel (AM), meist in der Selbstmedikation, Alkohol oder Nikotin konsumiert. Für eine bessere Beurteilung sind hier unter anderem Einnahmedauer, Einnahmezeitpunkt, Dosierung und eine mögliche Grunderkrankung der Mutter zu berücksichtigen. Das Risiko von Schädigungen durch Alkohol oder Nikotin in der Schwangerschaft ist proportional zur konsumierten Menge und Dauer des Konsums. Alkoholkonsum während der Schwangerschaft ist eine der Hauptursachen für angeborene Fehlbildungen. Eine Schwellendosis ist hier nicht bekannt – also Finger weg!

Arzneimittel in der Stillzeit Arzneistoffe treten aus dem mütterlichen Blut durch passive Diffusion in die Muttermilch über. Je höher die Arzneistoff-​Konzentration im Blut ist, desto mehr geht in die Muttermilch über. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nur der an Plasmaproteine gebundene Teil nicht diffundieren kann. Kindliche Faktoren wie Trinkmenge, Ausmaß der Resorption im Darm, eine geringere Plasmaprotein-​Bindung sowie eine geringere Biotransformation und Elimination beeinflussen eine mögliche Arzneistoffwirkung auf den Säugling ebenso. Verschiedene Arzneistoffe wirken auch auf die mütterliche Milchproduktion ein. So ist bekannt, dass beispielsweise Neuroleptika, Methyldopa, Domperidon und Metoclopramid zur Steigerung, Diuretika, Bromocriptin, Cabergolin und Pergolid dagegen zu einer Verminderung der Milchproduktion führen. Opioide drosseln den Milchfluss.

Impfungen Eine aktive Immunisierung mit Totimpfstoffen gegen beispielsweise Influenza, Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hepatitis A und B sollte nicht im ersten, kann aber ab dem zweiten Trimester durchgeführt werden. Eine Grippe-Schutzimpfung wird ausdrücklich auch in der Schwangerschaft empfohlen. Hingegen ist die Verabreichung von Lebendimpfstoffen in der Schwangerschaft gänzlich kontraindiziert. Hierzu gehören Impfstoffe gegen Masern, Mumps, Röteln oder Varizellen. Nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung darf die Impfung gegen Gelbfieber verabreicht werden.

Eine ebenso strikte Beurteilung des Risikos gilt für eine schwangere Mutter, deren zu impfendes Kindes eine Varizellen-Impfung erhalten soll. Grundsätzlich sollte, wenn möglich und planbar, eine Schwangerschaft erst im Abstand von vier Wochen nach der Verabreichung eines Lebendimpfstoffes eintreten. Stillende und auch der gestillte Säugling können alle von der STIKO (Ständige Impfkommission) empfohlenen Impfungen, Tot- wie Lebendimpfstoffe, erhalten. Absolut kontraindiziert ist für sie jedoch die Gelbfieber-​Impfung.

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