Beschwerden im Alter
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Gesund alt werden

Senioren sind nicht nur die größte Kundengruppe in der Apotheke, sie haben zudem einen erhöhten Beratungsbedarf hinsichtlich geeigneter Wirkstoffe und adäquater Darreichungsformen.

17 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. August 2020

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Schlafstörungen Sie sind ein häufiges Problem im Alter. Betroffene leiden in der Regel schon längere Zeit unter dem Problem, bis sie in die Apotheke kommen, und haben daher einen hohen Leidensdruck. Viele Kunden mit Ein- oder Durchschlafstörungen wissen, dass verschreibungspflichtige Hypnotika nicht die optimale Lösung sind. Es ist daher keine Seltenheit, dass ein Kunde zwar sein Rezept für ein Benzodiazepin (z. B. Midazolam), eine Z-Substanz (z. B. Zolpidem), eine schlafanstoßende Substanz aus der Gruppe der Antidepressiva (z. B. Doxepin) oder ein schwaches beruhigendes Neuroleptikum (z. B. Melperon) einlöst, aber zudem noch ein rezeptfreies Arzneimittel zum Schlafen oder zur Beruhigung erwerben möchte.

Diese Kunden sind hoch motiviert, diese zusätzlich oder alternativ ausprobieren. Um das passende Mittel für den Betroffenen auszusuchen, ist zunächst die Frage nach der Ursache der Schlafprobleme wichtig. Sind beispielsweise Rückenschmerzen oder muskuläre Verspannungen Grund der Schlaflosigkeit, können Schmerzmittel eine bessere Empfehlung als ein einschlafförderndes Präparat sein. Ebenso können ein zu hoher Blutdruck oder bestimmte Blutdruckmittel (z. B. Betablocker, Diuretika) oder andere Arzneimittel, die regelmäßig eingenommen werden (z. B. Steroide, coffeinhaltige Analgetika, aufputschende Erkältungsmittel), zu schlechtem Schlaf führen.

Häufig sind Schlafstörungen auch ein Symptom psychischer oder neurologischer Erkrankungen (z. B. Depression, Demenz) oder einer Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose). Sehr häufig lässt aber einfach ein hektischer oder sorgenvoller Alltag den Betroffenen schlecht ein- und durchschlafen. Es müssen nicht immer sofort Antihistaminika (z. B. mit Diphenhydramin oder Doxylamin) empfohlen werden, zumal im Alter vermehrt auf Kontraindikationen zu achten ist (z. B. Glaukom, Prostatahyperplasie). Häufig wirken bereits homöopathische Komplexmittel (z. B. mit Wirkstoffen aus der Passionsblume, Hafer, Kaffeesamen und Zinkvalerianat) oder lang erprobte Phytotherapeutika mit Baldrian oder Passionsblume.

Auch neuere pflanzliche Präparate (z. B. mit Lavendel, Rosenwurz) haben ihre Wirkung gegen stressbedingten schlechten Schlaf bewiesen. Geben Sie bei den pflanzlichen Mitteln unbedingt noch den Hinweis, dass ihre volle Wirksamkeit in der Regel erst nach zwei Wochen erreicht ist. So können Sie vermeiden, dass der Kunde von der Wirkung enttäuscht ist. Schlafanstoßend können auch Badezusätze mit ätherischen Ölen (z. B. Lavendel) und Einschlaftees mit bewährten beruhigenden und schlaffördernden Drogen (z. B. Baldrian, Melisse) sein.

Bei einer Polymedikation ist es nicht nur schwierig den Überblick zu behalten, auch Wechselwirkungen sind kaum noch auszuschließen. © jorgeantonio / iStock / Getty Images

Harnwegsinfektionen Pflanzliche Präparate sind auch bei Problemen mit der Blase gefragt und nach heutiger Ansicht eine sinnvolle Behandlungsoption bei leichten Beschwerden einer akuten Blasenentzündung bevor Antibiotika zum Einsatz kommen. Ebenso können sie therapiebegleitend zur Antibiose angeraten werden, um diese wirkungsvoll zu unterstützen, besonders bei komplizierten und wiederholt auftretenden Infektionen. Zudem sind sie nach erfolgter Antibiotikatherapie ein guter Tipp zur Rezidivprophylaxe. Häufig fragen gerade ältere Frauen nach nicht verschreibungspflichtigen Harnwegstherapeutika.

Nach der Hormonumstellung sind sie für Harnwegsinfektionen besonders prädestiniert. Bei den ersten Anzeichen sollte die Betroffene unverzüglich reagieren und viel trinken (mindestens zwei Liter am Tag). Durch eine reichliche Flüssigkeitszufuhr werden die Harnwege durchspült und pathogene Erreger ausgeleitet. Die Durchspülungstherapie ist eine Domäne der Phytotherapie und hat eine lange Tradition. Es kommen vor allem Arzneidrogen mit entwässernder Wirkung wie Brennnesselblätter und -kraut, Schachtelhalm-, Goldrutenkraut, Hauhechelwurzel, Birken-, Orthosiphonblätter oder Queckenwurzelstock zur Anwendung.

Für das Goldrutenkraut nimmt man zusätzlich krampflösende und entzündungshemmende Eigenschaften an. Pflanzliche Aquaretika sind aber nicht zum eigenmächtigen Dauergebrauch geeignet, sondern sollten nur kurzfristig verwendet werden. Kontraindiziert sind sie bei Patienten mit Ödemen infolge einer Herz- und Niereninsuffizienz, die gerade bei älteren Patientinnen möglich ist. Traditionell werden pflanzliche Aquaretika als Nieren- und Blasentees angeboten. Genereller Vorteil aller Teezubereitungen ist, dass automatisch viel getrunken wird. Werden Frischpflanzensäfte, Elixiere oder feste Darreichungsformen wie Dragees oder Kapseln gewählt, sollte bei deren Abgabe auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr hingewiesen werden.

Zudem stehen Heilpflanzen mit einer keimabtötenden Wirkung zur Verfügung. Bei leichten Beschwerden schätzt man den desinfizierenden Effekt von Bärentraubenblättern. Sie sollten am besten in Drageeform oder als Kaltmazerat zum Einsatz kommen, da sie als herkömmlicher Teeauszug aufgrund ihres hohen Gerbstoffgehaltes zu einer Reizung der Magenschleimhaut führen können. Ihre Anwendung sollte maximal eine Woche und nicht öfter als fünf Mal im Jahr erfolgen. Außerdem wird zur Bekämpfung der Erreger die Dreierkombination aus Goldrutenkraut, Orthosiphonblättern und Hauhechelwurzel sowie eine definierte Zusammensetzung aus Kapuzinerkressenkraut und Meerrettichwurzel eingesetzt.

Da keine Anwendungsbeschränkungen hinsichtlich ihrer Einnahmedauer bestehen, können sie auch langfristig bei häufig wiederkehrenden Infekten als Rezidivprophylaxe verwendet werden. Ebenso haben sich eine Kombination aus den Extrakten von Rosmarinblättern, Liebstöckelwurzel und Tausendgüldenkraut sowie Cranberries zur Vermeidung wiederkehrender Harnwegsinfektionen bewährt. Bei krampfartigen Schmerzen ist zudem die Gabe eines Spasmolytikums wie Butylscopolamin sinnvoll, das den Tonus der überaktiven Blasenwand senkt. Auch hilft Wärme, die glatte Muskulatur der Blase zu entspannen. Geeignet sind warme Sitzbäder, feuchtwarme Umschläge oder eine Wärmflasche.

Im Alter gilt ganz besonders: so viele Arzneimittel wie nötig und so wenige wie möglich.


Trockene Augen
Mit zunehmendem Alter wird auch für viele der Lidschlag zur Tortur. Juckreiz, Brennen und Fremdkörpergefühl stellen sich ein, aber auch ein vermehrter Tränenfluss ist möglich. Andere klagen über erhöhte Lichtempfindlichkeit, geschwollene Lider, einem Stechen oder Druck in den Augen. Auf jeden Fall ist die Liste der Symptome bei einem trockenen Auge lang. Und die Zahl der Betroffenen ist groß. Je älter der Mensch wird, desto trockener werden altersphysiologisch Haut und Schleimhäute und damit auch die Augen. Zudem bringen typischerweise bestimmte Medikamente (z. B. Anticholinergika, Betablocker, Antidepressiva, topische Glaukompräparate) sowie diverse Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus, Hauterkrankungen (z. B. Neurodermitis, Rosacea), ein Androgen- oder Vitamin-A-Mangel, rheumatische Erkrankungen wie das Sjögren-Syndrom oder Schilddrüsenfunktionsstörungen trockene Augen als unangenehme Begleiterscheinung mit sich.

Obwohl zur Behandlung eines trockenen Auges zahlreiche Augentropfen aus dem Bereich der Selbstmedikation zur Verfügung stehen, sollte vorab die Diagnose ärztlich bestätigt sein. Mit zunehmendem Alter stellen sich Augenerkrankungen ein, die ausgeschlossen und gegebenenfalls ursächlich therapiert werden müssen. Häufig ist beispielsweise ein gerötetes, brennendes und juckendes Auge auf eine Bindehautentzündung (Konjunktivitis) zurückzuführen. Neben einem Fremdkörpergefühl lässt zudem ein vermehrt abgesondertes Sekret die Augen morgens häufig verkleben. Sind Erreger im Spiel, liegt eine infektiöse Form der Konjunktivitis vor.

Hinweis für Bakterien ist ein eitriges Sekret, während die virale Infektion durch eine klare Flüssigkeitsabsonderung gekennzeichnet ist. Gefährlich sind vor allem Herpes-Infektionen, die eine antivirale Therapie mit Aciclovir erfordern. Bei bestimmten Bakterien (z. B. Chlamydien) erfolgt immer eine antibakterielle Therapie. Ansonsten kann bis zu 48 Stunden abgewartet werden, da eine akute Konjunktivitis häufig selbstlimitierend ist. Auch eine Lidrandentzündung (Blepharitis) zeigt sich mit geröteten, juckenden und tränenden Augen, die morgens verklebt sind. Zudem ist der Lidrand, manchmal auch das ganze Oberlid geschwollen.

Ausgelöst wird eine Blepharitis durch Entzündungen im Bereich der Augenliddrüsen (Meibom- sowie Molloder Zeis-Drüsen). Bei einer bakteriellen Infektion spricht man von einem Gerstenkorn (siehe auch „Was ist eigentlich … ein Gerstenkorn auf S. 112), das in der Regel antibiotisch behandelt wird. Rezeptfreie Alternativen stellen Augensalben mit Bibrocathol dar, mit denen eine Verschreibung antibiotischer Präparate häufig vermieden werden kann. Ein guter Tipp zur Lidrandhygiene und -pflege, um Lidrandentzündungen zu vermeiden, sind feuchtwarme Kompressen, Bestrahlung mit Rotlicht oder Wärmemasken. Sie lassen Sekrete verflüssigen und erleichtern ihr Abfließen.

Verstopfte Drüsenausgänge können so wieder geöffnet und die äußere Lipidschicht des Tränenfilms mit öligem Sekret angereichert werden. Zur Befeuchtung der Augen steht eine Vielzahl an benetzenden Augentropfen zur Verfügung. Prinzipiell richtet sich die Präparateauswahl nach dem Schweregrad und der Form der Erkrankung. Während zur Behandlung leichter Beschwerden meist niedrigviskose wässrige Filmbildner in Tropfenform (z. B. mit Polymeren wie Polyvinylalkohol oder Polyvinylpyrrolidon/ Povidon) ausreichen, erfordern mittelschwere und schwere Fälle des trockenen Auges Präparate mit einer höheren Viskosität (z. B. mit Filmbildnern wie den Cellulosederivaten Hypromellose und Carmellose), unter Umständen als hochviskose Gele (z.B. mit Carbomer).

Für die Therapie des trockenen Auges mit Störung der Lipidschicht sind in der Regel lipidhaltige Präparate gegebenenfalls in Kombination mit niedrigviskosen Filmbildnern indiziert. Letztendlich muss der Betroffene individuell ausprobieren, mit welchem Präparat er die besten Ergebnisse erzielt. Am häufigsten wird Hyaluronsäure verwendet. Die physiologische und damit gut verträgliche Substanz kann bei leichten, mittelschweren und starken Beschwerden eingesetzt werden. Ihre Viskosität ist von der Konzentration und Kettenlänge abhängig. Leider wird die Viskosität nicht auf den Packungen deklariert, sodass der Betroffene austesten muss, welches Hyaluronsäure-Präparat für ihn das richtige ist. Grundsätzlich haftet Hyaluronsäure gut auf der Augenoberfläche und bindet sehr viel Wasser.

Zudem wirkt sie antioxidativ, hat einen protektiven Effekt auf das Epithel und fördert die Wundheilung der Hornhaut. Kombinationen mit Dexpanthenol pflegen zusätzlich und eigenen sich auch für die Nachbehandlung von Hornhautentzündungen. Ebenso beschleunigen Präparate mit Vitamin A die Regeneration des Auges nach Hornhautverletzungen oder Bindehautentzündungen. Ferner stehen Kombinationen aus Hyaluronsäure mit Carboxymethylcellulose oder mit Trehalose zur Verfügung, die sich durch eine lang anhaltende Wirkung auszeichnen. Lipidhaltige Präparate sind gefragt, wenn die Funktion der Meibom-Drüsen gestört ist. Sie ergänzen den verminderten Lipidgehalt des Tränenfilms und stabilisieren damit die äußere Lipidschicht.

Neben Augentropfen mit mittelkettigen Triglyceriden oder Phospholipiden, die ins Auge geträufelt werden, stehen liposomale Augensprays zur Verfügung, die zum Aufsprühen auf das geschlossene Auge gedacht sind. Bei letzteren laufen die aufgesprühten Liposomen über die Lidränder ins Auge. Patienten mit einer Lidrandentzündung empfinden auch die sich bei den Augensprays zusätzlich einstellende kühlende Wirkung sowie die einfache Applikationsweise als sehr angenehm. Gerade Augentropfen stellen eine für alte Menschen schwierig zu applizierende Darreichungsform dar. Insbesondere kann die Applikation konservierungsmittelfreier Einmaldosen zur unüberwindbaren Hürde werden. Es lohnt sich dann, mehrere Präparate mit verschiedenartig geformten Ophtiolen auszuprobieren. Die Tropfen lassen sich aus diesen unterschiedlich leicht oder schwer herausdrücken.

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