Frau riecht an Duftkerze.© AntonioGuillem / iStock / Getty Images

Ayurveda

WELT DER DÜFTE

Was tun Düfte mit uns? Was geschieht in unserer Nase und unserem Gehirn, wenn wir riechen? Und können wir Gerüche gezielt einsetzen, um uns in bestimmte Gemütszustände zu bringen oder gar zu heilen?

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Manchmal versetzen uns Düfte in andere Zeiten oder Situationen zurück. Wir denken und fühlen wieder so wie damals, als wir den Geruch in der Nase hatten. Düfte zaubern uns ein Lächeln ins Gesicht und schenken uns Gefühle wie Geborgenheit, Zuversicht oder Vertrauen. Gerüche dringen tief in unsere Emotionen und unser Unterbewusstsein ein. Manchmal wissen wir nicht mehr, woher wir den Geruch kennen, aber er ist uns vertraut und schenkt uns ein angenehmes Gefühl.

Wie ein Kamin Der Geruch selbst, egal ob wohlriechend oder ekelerregend, ist ein chemischer Reiz. Er besteht aus kleinen Molekülen in der Luft, die beim Einatmen auf unser Riechorgan stoßen. Das eigentliche Riechorgan ist übrigens nicht die ganze Nase, sondern das Riechepithel, eine kleine dünne Zellschicht ganz oben in der Nasenhöhle. Die Nase stellt also eher ein Tor zur Welt des Geruchs dar und fungiert wie ein Kamin. Beim Einatmen saugt sie die Luft aus der Umgebung an und transportiert sie zum Riechepithel, welches rund fünf bis zehn Quadratzentimeter misst.

Dies entspricht ungefähr der Größe eines Zwei-Euro-Stückes. Das ist vergleichsweise klein. Hunde etwa besitzen, je nach Rasse, Riechepithelien von bis zu 170 Quadratzentimetern. Die Axone (Fortsätze von Nervenzellen) der Riechzellen erstrecken sich durch eine knöcherne Siebplatte direkt ins Gehirn. Aus den Basalzellen des Riechepithels gehen immer wieder neue Riechzellen hervor. Sie werden während des Lebens ständig erneuert.

Was passiert genau, wenn wir riechen? Unsere Nase kann über eine Billion Gerüche unterscheiden. Damit ist sie ein Supertalent unter den Sinnesorganen. Der Geruchssinn ist unser ältester und vielleicht sogar lebenswichtigster Sinn. Noch bevor wir etwas Gefährliches h

ören oder sehen, warnt uns die Nase vor schädlichen Gerüchen wie Gift, Feuer oder Rauch. An beiden Seiten der Nasenscheidewand liegen Riechschleimhäute, die beim Erwachsenen mit zirka 10 bis 30 Millionen Riechzellen ausgestattet sind. Diese besitzen rund 350 verschiedene Rezeptoren für 350 verschiedene Duftstoffe. Im Vergleich dazu besitzt der Hund je nach Rasse zwischen 100 und 220 Millionen Riechzellen und ist in der Lage zirka 1200 verschiedene Gerüche zu unterscheiden. Duftreize werden über Nervenbahnen ins Riechhirn geleitet, von wo aus sie direkt zum Hypothalamus und zum limbischen System, das unter anderem ein Speicher von Erinnerungen und Gefühlen ist, gelangen.

Aromatherapie Sie ist ein Teilgebiet der Phytotherapie und setzt sich zum Ziel, mit Hilfe von ätherischen Ölen die psychische und physische Gesundheit nachhaltig zu beeinflussen. Egal ob wir Erfrischung beim Lernen, Inspiration für die Arbeit, Entspannung oder aber Unterstützung beim Gesundbleiben oder -werden wünschen, wir werden in der Dufttherapie fündig. Die Anwendungsbereiche der Aromatherapie sind so individuell wie die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen. Wir vertrauen hier auf die Kraft der Pflanzen, die seit Jahrhunderten zur Heilung und zur Steigerung des Wohlbefindens eingesetzt werden.

Und noch dazu ist die Aromatherapie sehr einfach und für jedermann anzuwenden. Bei Saunaaufgüssen ist diese Wirkungsweise schon sehr etabliert und die Wirkung für viele direkt greif- und fühlbar. Wir riechen das ätherische Öl und nehmen die Duftbotschaft auf. Ätherische Öle lassen sich aber auch ideal über die Haut anwenden, nämlich in Form von Zusätzen zu Massageölen. Dies ist typisch für die englische Schule der Aromatherapie. Die innerliche Anwendung mit Honig, Zucker oder Basisölen geht dagegen mehr auf die französische Schule zurück. Bei uns in Deutschland steht meist das Thema Raumdüfte in Form von Duftkerzen, Zerstäubern oder Duftschalen im Vordergrund.

Im Ayurveda setzt man Aromen ein, um die Lebensenergie zu schützen, Verdauung und Stoffwechsel zu regulieren und das Immunsystem zu stärken.

In der Apotheke Natürlich kennen Sie etliche Wirkungsweisen von ätherischen Ölen über die Haut oder zur innerlichen Anwendung. Gerade in der Erkältungsberatung spielt dies eine große Rolle. Oder denken Sie an Pfefferminzöl bei der Anwendung gegen Kopfschmerzen. Cistrosenöl wirkt antiseptisch und wundheilungsfördernd und kann direkt auf die Wunde gegeben werden. Gegen blaue Flecken und Sportverletzungen hilft das Öl von Immortellen, der italienischen Strohblume.

Zimtöl oder Nelkenöl werden bei Schmerzen erfolgreich eingesetzt, Salbei und Kamille bei Mundschleimhautentzündungen, Lorbeeröl bei Abgeschlagenheit und Rosmarinöl zur Anregung der Lebertätigkeit. Teebaumöl wirkt desinfizierend, sollte wegen seines allergisierenden Potentials jedoch vorsichtig verwendet werden. Ein Tropfen auf die Zahnpasta für die Mundhygiene oder ein paar Tropfen in ein Basisöl für die Fußnagelpflege beugt Nagelpilz vor. Auch die Zirbelkiefer oder einfach Zirbe genannt kennen Sie vielleicht vom Zirbelkissen. Dies soll durch die Düfte, die aus dem Kissen strömen, sehr beruhigend und wohltuend wirken und für einen angenehmen Schlaf sorgen. So könnte man diese Liste unendlich weiterführen.

Ayurvedische Aspekte Bei Meditationen werden oft Räucherstäbchen angezündet, deren Duft anregend oder beruhigend wirkt, den Geist klärt oder das Herz öffnet. Blumige Düfte wirken meist auf Vata und Pitta beruhigend und auf Kapha anregend. Süße Düfte beruhigen den Geist und heben die Stimmung. Würzige Düfte oder Zitrusdüfte besänftigen eher Vata und Kapha, wobei Pitta angeregt wird. Würzig scharfe Gerüche stimulieren Geist und Sinne. Wenn es nötig ist, unseren nervösen oder hektischen Vata-Anteil zu besänftigen, tun wir uns etwas Gutes mit erdenden, süßen und warmen Düften, wie zum Beispiel Lavendel, Sandelholz, Melisse, Basilikum, Zitrone oder Zimt.

Wenn unser impulsiver und hitziger Anteil von Pitta hochschießt, greifen wir zu kühlenden, würzig- süßen Aromen, wie Rose, Lavendel, Jasmin, Iris, Lavendel, Pfefferminze, Melisse oder Vanille. Und um Kapha anzuregen, halten wir uns an stimulierende, scharfe und durchdringende Düfte wie Moschus, Salbei, Myrrhe, Eukalyptus, Wacholder, Zeder oder Orange. Im Ayurveda ist die therapeutische Wirkung der Aromen schon seit jeher bekannt und wurde stets genutzt. Man sagt, die Aromen werden eingesetzt, um das Prana, die Lebensenergie, zu schützen, Verdauung und Stoffwechsel zu regulieren und das Immunsystem zu stärken.

Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2022 ab Seite 134.

Stefanie Berhausen, Apothekerin, AyurvedaGesundheitsberaterin, Meditations- und Yogalehrerin, www.vedawelt.de

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