Ein kleines Mädchen hält sich die Hand ans Ohr und verzieht das Gesicht weinerlich.© Andrey Sayfutdinov / iStock / Getty Images Plus
Eine Mittelohrentzündung ist äußerst schmerzhaft, trotzdem ist nicht immer ein Antibiotikum nötig.

Otitis media

DAS HILFT BEI EINER MITTELOHRENTZÜNDUNG

Eine Mittelohrentzündung trifft viele Kinder mindestens einmal. Antibiotika sind oft vermeidbar. Warum eigentlich? Hier erfahren Sie, was hinter den Ohrenschmerzen steckt, wie sie richtig behandelt werden – und was Sie besser nicht empfehlen.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Eine akute Mittelohrentzündung trifft die meisten Kinder bis zum sechsten Lebensjahr mindestens einmal. Die starken Schmerzen sind eine große Belastung und sollten immer ärztlich abgeklärt werden. Meist heilt die Entzündung jedoch von selbst ab, Antibiotika sind oft nicht sofort nötig.

Trotzdem müssen die kleinen Patienten behandelt und sorgfältig beobachtet werden. Was hilft, was nicht und wann ist ein Antibiotikum nötig? Hier erfahren Sie, was hinter einer Mittelohrentzündung steckt, warum sie gerade kleine Kinder so oft trifft und wie sie richtig behandelt wird.

Was eine Mittelohrentzündung ist und woher sie kommt

Die akute Mittelohrentzündung wird auch Otitis media genannt. Darunter versteht man eine äußerst schmerzhafte Entzündung der Schleimhäute des Mittelohrs. Sie entsteht meist durch eine aufsteigende Infektion über die Nase und die Eustachische Röhre, welche das Ohr mit dem Nasenraum verbindet und zur Belüftung dient.

Diese Röhre, auch Ohrtrompete genannt, ist bei Kindern nicht nur kürzer als bei Erwachsenen, sondern verläuft auch horizontaler. Erst mit weiterem Wachstum des Schädels ändern sich die anatomischen Gegebenheiten und die Anfälligkeit für Infekte im Ohr sinkt. Generell sind kleine Kinder öfter erkältet, und durch die Besonderheiten in der Anatomie wandern Infekte der oberen Atemwege öfter in Richtung Mittelohr.

Eine akute Mittelohrentzündung macht sich durch plötzlich einsetzende, heftige Ohrenschmerzen bemerkbar, oft in Kombination mit Fieber. Bei kleinen Kindern erkennt man die Schmerzen daran, dass sie sich oft ans Ohr fassen. In der Apotheke sollten Sie immer zum Arztbesuch raten, denn nur dieser kann die Ursache sicher abklären.

Bei der Untersuchung zeigt sich ein durch die Entzündung rosa verfärbtes Trommelfell, manchmal dahinter auch (eitriges) Sekret, ein sogenannter Paukenerguss. Die Flüssigkeit schränkt das Hörvermögen ein und führt gelegentlich zum Reißen des Trommelfelles. Das ist jedoch kein Grund zur Panik, der Riss verschließt sich in der Regel von selbst wieder. Der behandelnde Arzt entscheidet über die Therapie.

Abwarten und Schmerzmittel einnehmen

Die Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) hat eine Leitlinie für Ohrenschmerzen herausgegeben. Bei einer Mittelohrentzündung

  • ohne eitriges Sekret
  • bei Kindern
  • ohne Vorerkrankungen

empfiehlt sie eine Strategie von „Watch and Wait“. Damit ist ein vorsichtiges Beobachten gemeint, während die Schmerzen aber in jedem Fall mit Paracetamol oder Ibuprofen behandelt werden.

Ibuprofen sollte laut DEGAM wegen seiner entzündungshemmenden Wirkung bevorzugt werden, für Kinder unter sechs Monaten ist allerdings nur Paracetamol zugelassen. Von der abwechselnden Gabe beider Substanzen raten die Experten wegen der Gefahr der Überdosierung ab.

Kinder zwischen sechs Monaten und zwei Jahren können nach dem Arztbesuch 24 Stunden, ältere Kinder bis zu 48 Stunden unter Schmerzmittelbehandlung beobachtet werden, bevor ein Antibiotikum angewendet wird. Wichtig hierbei: Die Eltern müssen aufgeklärt und das Vorgehen genau abgesprochen werden.

Bei Kindern mit Grunderkrankungen wie Diabetes, Immunschwäche oder früheren Komplikationen am Ohr kommt Abwarten allerdings nicht in Frage. Auch bei kleinen Patienten unter zwei Jahren, die beidseitige Beschwerden aufweisen, oder immer wiederkehrenden Infektionen ist eine sofortige Behandlung mit Antibiotika notwendig.

Amoxicillin erste Wahl

Muss antibiotisch therapiert werden, ist Amoxicillin Mittel der Wahl; bei Verdacht auf Keime wie Hämophilus, Streptococcus pneumoniae oder Moraxella Amoxicillin in Kombination mit Clavulansäure. Der Hintergrund: Diese Bakterienstämme besitzen Beta-Lactamasen, also Enzyme, die die Wirkstruktur des Amoxicillins spalten können. Clavulansäure hemmt diese Reaktion.

Als zweite Option kommen Cephalosporine der Gruppe 2 in Betracht, zum Beispiel Cefuroximaxetil. Cephalosporine gehören ebenfalls zu den Beta-Lactam-Antibiotika. Ist der Patient allergisch gegen diese Beta-Lactame, weicht man auf die Makrolide Erythromycin oder Azithromycin aus.

Außer Antibiotika: Arzneimittel bei Mittelohrentzündung

Auf die Schmerzen hat ein Antibiotikum in den ersten 24 Stunden keinen Einfluss, die Schmerzmitteltherapie ist also sehr wichtig. HNO-Ärzte empfehlen zusätzlich abschwellende Nasentropfen oder -sprays, die die Belüftung des Mittelohrs und den Sekretabfluss verbessern sollen. Hierfür liegen allerdings keine Studien vor.

Die Leitlinien raten von Lokalanästhetika ab. Sie erschweren unter Umständen die Beurteilung des Trommelfelles und erreichen das Mittelohr zudem gar nicht.

Sieben A bei Mittelohrentzündung

  • Abklären beim Arzt
  • Analgetika (Paracetamol oder Ibuprofen)
  • Alpha-Sympathomimetika als Nasentropfen oder -spray
  • Abwarten mit Antibiotika (erste Wahl Amoxicillin)

Gehör überprüfen

Ein Hinweis zum Schluss: Eltern sollten drei bis vier Wochen nach Therapiebeginn einen Kontrolltermin beim Kinderarzt vereinbaren, bei dem auch das Hörvermögen geprüft wird. Der Erguss hinter dem Trommelfell benötigt einige Zeit, um abzufließen. So lange dauert es auch, bis das Kind wieder normal hören kann.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/die-drei-a-der-therapie-145764/
https://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-072017/schnelle-hilfe-bei-otitis-media/
https://www.degam.de/files/Inhalte/Leitlinien-Inhalte/Dokumente/DEGAM-S2-Leitlinien/053-009_Ohrenschmerzen/oeffentlich/LL-07_Ohrenschmerzen_Langfassung_20141222.pdf 

×