Kind untersucht Teddybär.© peakSTOCK / iStock / Getty Images Plus
Bei Säuglingen und kleinen Kindern ist die rektale Anwendung von Zäpfchen bei Otitis media gängig.

Drei Optionen bei Otitis media

WATCH AND WAIT BEI MITTELOHRENTZÜNDUNG

Häufig und fast immer sehr schmerzhaft: Und trotzdem muss eine Mittelohrentzündung (Otitis media) nicht zwangsläufig mit Antibiotika behandelt werden, sagen Kinderärzte einheitlich. Abschwellende Nasentropfen und Analgetika sind die Mittel der Wahl.

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Bis zu zwei Drittel aller Kinder leiden bis zu ihrem dritten Lebensjahr mindestens einmal an einer akuten Otitis media. Der Altersgipfel der Erkrankung liegt zwischen dem 6. und 15. Monat. Kinder, die von einer Otitis media betroffen sind, waren vorher meistens erkältet. Aufgrund der besonderen anatomischen Verhältnisse der Kleinen und deren noch nicht voll ausgereifter Immunabwehr, kann schon ein einfacher Schnupfen eine Entzündung im Mittelohr auslösen.

Keime aus dem Nasen-Rachenraum können über den in diesem Alter noch sehr kurzen und weiten Gang, der Mittelohr und Rachen miteinander verbindet (Ohrtrompete oder Eustachsche Röhre), in das Mittelohr aufsteigen. Dabei lösen Viren und Bakterien gleichermaßen eine Entzündung aus. Die Folge: Die Schleimhaut schwillt an, was zu einem schnellen Verschluss der Ohrtrompete führt. Angesammeltes Sekret kann nicht mehr abfließen, sodass die eingedrungenen Erreger sich hinter dem Trommelfell stauen und ungehindert vermehren können.

Komplikationen

Ein Paukenerguss oder Tubenkatarrh kann sehr schmerzhaft sein und das Hören beinträchtigen. Allgemeine Krankheitszeichen wie Fieber, Unruhe oder Weinen begleiten meist die Ohrenschmerzen. Auch kann Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auftreten. Bei Säuglingen fällt das schlechte Trinkverhalten auf.

Kleinere Kinder, die noch nicht sagen können, wo es ihnen weh tut, fassen sich bei Ohrenschmerzen häufig wiederholt ans Ohr.

Wird der Druck im Mittelohr zu groß, kann das Trommelfells einreißen. Eine Perforation macht sich durch eine Eitersekretion aus dem Gehörgang bemerkbar („Ohrenlaufen“), zugleich lassen die Schmerzen deutlich nach. In der Regel verschließt sich der Riss nach wenigen Tagen von selbst wieder.

Zurückhaltende Antibiotikagabe

Obwohl eine akute Mittelohrentzündung bei acht von zehn Kindern spontan ausheilt, sollte das Kind bei Verdacht auf eine Otitis media auf jeden Fall einem Arzt vorgestellt werden. Nur er kann eine Otitis media durch eine otoskopische Untersuchung zweifelsfrei diagnostizieren und von Ohrenschmerzen anderer Ursache abgrenzen (z. B. Entzündung des äußeren Gehörganges, mechanische Reizung durch eingedrungene Fremdkörper wie Perlen oder Murmeln).

Amoxicillin werden als Mittel der Wahl eingesetzt, Makrolide wie Erythromycin und Azithromycin bei einer Penicillin-Allergie. Cephalosporine gelten als Reservemittel.

Zudem muss er entscheiden, ob eine Antibiotikagabe erforderlich ist. Die hohe Selbstheilungsquote, besonders bei Kindern über zwei Jahren, und die Beobachtung, dass schwere Verläufe auch unter Antibiotikaeinnahme vorkommen, hat heute zu einer differenzierten Antibiotikaverordnung geführt. Meist erhalten nur Kinder, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben, sofort einen antibiotischen Saft.

Dazu zählen beispielsweise

  • Säuglinge unter sechs Monaten,
  • Kinder mit Begleit- und Grunderkrankungen,
  • Kinder mit rezidivierenden Infekten,
  • Kinder mit schlechtem Allgemeinbefinden oder
  • mit Komplikationen bei früheren Ohrentzündungen.

Ebenso können eine Otitis media, die von hohem Fieber oder anhaltendem Erbrechen begleitet wird, sowie beidseitige Otitiden eine Indikation für eine Antibiose darstellen. Ansonsten werden die kleinen Patienten meistens nach dem Prinzip des „vorsichtigen Abwartens“ (watchful waiting) therapiert.

Das bedeutet, dass eine engmaschige Kontrolle der Kinder nach 24, 48 und 72 Stunden erfolgt. Tritt keine Besserung ein oder verschlechtert sich der Zustand, stellt der Arzt ein Antibiotikarezept aus.

Für eine gute Belüftung des Mittelohrs sorgen

Unverzichtbar bei einer Otitis media sind Nasentropfen oder -sprays mit alpha-Sympathomimetika wie Xylometazolin oder Oxymetazolin. Sie ermöglichen über eine Verengung der Schleimhäute eine Belüftung des Mittelohrs, sodass der Schleim abfließen kann. Es sollten vorzugsweise konservierungsmittelfreie Präparate gewählt werden, da durch Benzalkoniumchlorid eine Reizung und Schädigung der Schleimhaut möglich ist.

Zudem ist auf eine altersgerechte Dosierung zu achten, da bereits geringe Mengen systemisch aufgenommen werden, was mit unerwünschten Wirkungen wie Blutdruckanstieg, Tachykardien oder Atemstörungen einhergehen kann.

Darreichungsform nach Alter wählen

Bei Säuglingen und Kindern bis zu zwei Jahren erfolgt die Applikation der abschwellenden Substanzen mit einem speziellen Dosiertropfer, bei denen ein „überspringender Tropfen“ die altersgerechte Dosierung gewährleistet. Bei Kindern ab zwei Jahren kann auf Dosierpipetten oder ein Dosierspray zurückgegriffen werden. Ärzte verordnen bei einer Otitis media vorzugsweise Nasentropfen, da diese besser in die Eustachische Röhre gelangen. Allerdings gestaltet sich die Applikation oftmals schwierig und die Tropfen laufen bei zu starker Neigung des Kopfes in den Nacken leicht den Rachen hinunter. Damit die Tropfen ihr gewünschtes Ziel erreichen, sollte das Kind den Kopf bei der Applikation daher seitlich neigen.

Analgetisch-anästhetische Ohrentropfen sind hingegen bei einer Otitis media wirkungslos, da sie zwar das Trommelfell erreichen, es aber nicht durchdringen und somit nicht ins Mittelohr gelangen. Bei Trommelfellverletzungen sind Ohrentropfen sogar aufgrund der Gefahr der Keimverschleppung ins Mittelohr kontraindiziert.

Schmerzen lindern

Sinnvoll ist zudem die Gabe von Paracetamol oder Ibuprofen. Die Dosierung von Paracetamol beträgt 10 bis 15 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht (mg/kg KG) als Einzeldosis mit einer Tagesmaximaldosis von bis zu 60 mg/kg KG. Bei Säuglingen und kleinen Kindern ist die rektale Anwendung von Zäpfchen gängig. Paracetamol steht dafür in verschiedenen Dosierungen zur Verfügung:

  • 75 mg ab drei Kilogramm,
  • 125 mg ab sieben Kilogramm,
  • 250 mg ab 13 Kilogramm, wobei jeweils die Dosierungsintervalle alters- beziehungsweise gewichtsabhängig sind.

Ein Saft wird von kleinen Kindern aufgrund seines bitteren Geschmacks meist noch nicht akzeptiert. Er stellt die bevorzugte Applikationsform bei den Größeren dar. Eine Alternative für Kinder ab 17 Kilogramm ist noch das Direktgranulat mit Erdbeer-Vanille-Geschmack in einer Dosierung von 250 mg.

Beratungstipp für besorgte Eltern

Erfahrungsgemäß lässt sich auch mit Zwiebelsäckchen eine Erleichterung erzielen. Hierfür werden gehackte Zwiebelstückchen in einem Säckchen aus dünnem Stoff mehrmals täglich für etwa eine halbe Stunde auf das schmerzende Ohr gelegt, mit wärmender Wolle oder Watte abgedeckt und mit einer Mütze oder einem Kopftuch befestigt. Allgemeinmaßnahmen wie körperliche Schonung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Zuwendung ergänzen die Therapie.

Meist kommt bei einer Otitis media aber Ibuprofen zum Einsatz, da es den Vorteil aufweist, nicht nur schmerzlindernd, sondern auch entzündungshemmend zu wirken. Bei Säuglingen ab drei Monaten kann zwischen Zäpfchen (60 mg) und Saft (zwei prozentig) gewählt werden. Zäpfchen mit 120 mg sind für Kinder ab zwei Jahren und der vierprozentige Saft für Säuglinge ab sechs Monaten vorgesehen. Ibuprofen-Saft steht in verschiedenen Geschmacksrichtungen (z. B. Erdbeere, Orange) zur Verfügung – wenn er lieferbar ist.

Entsprechende altersgerechte beziehungsweise gewichtsabhängige Dosierungen sind - wie bei den Paracetamol-Säften - meist schon auf dem Umkarton kenntlich gemacht. Sollten die Kinder mit zunehmendem Alter die erforderliche und immer größere werdende Flüssigkeitsmenge nicht akzeptieren, kann ab sechs Jahren auf Schmelztabletten (200 mg) zurückgegriffen werden. Sie sind auch eine gute Wahl für ältere Kinder, die keine Tabletten schlucken.

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