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Hauterkrankungen

KLEIN, SCHWARZ, GEFÄHRLICH

Der Jahrhundertsommer hat neben den Sonnen- auch seine Schattenseiten. Eine davon ist, dass die starke UV-Strahlung das Risiko für den gefürchteten schwarzen Hautkrebs, das maligne Melanom, deutlich erhöht.

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Immer mehr Menschen erkranken an einem malignen Melanom, der bösartigsten Form von Hautkrebs. Weltweit werden jährlich etwa 260 000 neue Fälle verzeichnet, davon rund 21 000 in Deutschland. Meist sind Menschen in der zweiten Lebenshälfte betroffen. Mit rund 3000 Todesfällen pro Jahr ist der schwarze Hautkrebs für circa ein Prozent aller Krebstodesfälle hierzulande verantwortlich.

Sonne schädigt DNA Schwarzer Hautkrebs entsteht in den meisten Fällen durch UV-Strahlung, die das Erbgut bestimmter Pigmentzellen in der Haut, der Melanozyten, verändert, sodass sie sich unkontrolliert vermehren. Dies geschieht insbesondere durch UVB-Licht, das energiereicher ist, als das langwelligere UVA-Licht. Neben dem UV-Licht der Sonne kann aber auch die von Solarien erzeugte UV-Strahlung zur Schädigung der Melanozyten führen. Normalerweise schützen sie die Haut vor zu starker Sonneneinstrahlung, indem sie das Pigment Melanin bilden, das unsere Haut bräunt. Bei intensiver, langer Sonneneinstrahlung sind sie jedoch überfordert, was sich besonders bei hellhäutigen Menschen rasch in einem Sonnenbrand bemerkbar macht.

Mit jedem Sonnenbrand aber steigt das Risiko für ein Melanom, da hierdurch die Zahl der Veränderungen im Erbgut der Melanozyten immer größer wird. So werden die höchsten Melanomraten heute in Australien und Neuseeland beobachtet, Ländern mit starker UV-Strahlung und sehr hellhäutigen Bewohnern, deren Vorfahren meist aus Großbritannien stammen. Dass die Hautkrebsrate auch hierzulande immer weiter ansteigt, haben wir dem unbesorgten Sonnenbaden und dem Solariumswahn der letzten Jahrzehnte zu verdanken. Aber auch ein Jahrhundertsommer wie in diesem Jahr hat das Melanomrisiko wieder drastisch erhöht.

Vorsicht bei bereits bestehenden Muttermalen In über 60 Prozent der Fälle bilden sich die Tumoren aus bestehenden Pigmentflecken, deren Melanozyten entarten. Zunächst wachsen sie meist nur in die Breite, was noch nicht so gefährlich ist. Je nach Melanomtyp wachsen die Tumoren früher oder später aber auch in die Tiefe. Erreichen sie das Blut-und Lymphsystem, können die Krebszellen in alle Organe streuen und eine Heilung ist nicht mehr möglich. Daher muss ein Melanom so früh wie möglich erkannt werden.

ABCDE-Regel Seit Juli 2008 bieten Krankenkassen allen gesetzlich Versicherten ab 35 Jahren alle zwei Jahre ein kostenloses Hautkrebs-Screening an. Dabei wird der gesamte Körper auf Hautveränderungen hin untersucht, und zwar nach den Kriterien der ABCDE-Regel: A – Asymmetrie: Ein Melanom ist meist ungleichmäßig geformt. B – Begrenzung: Das Melanom franst an den Rändern meist leicht aus. C – Colour (Farbe): Der Tumor ist mehrfarbig, schwarz-braun oder gelb-rötlich. D – Dynamik: Ein Melanom wächst meist recht schnell. E – Erhabenheit: Der Tumor ist meist über die restliche Haut erhaben. Nicht immer weisen Melanome diese Symptome auf, dann sind sie besonders schwer zu diagnostizieren.

Ein Auflichtmikroskop kann helfen, Pigmentflecken genauer zu untersuchen. Wird dies vom Versicherten für das Screening gewünscht, muss es selbst bezahlt werden. Entdeckt der Hautarzt bereits zuvor Auffälligkeiten, ist die Untersuchung mit dem Auflichtmikroskop jedoch der nächste – und dann natürlich kostenfreie – Diagnoseschritt. Menschen, die viele Pigmentflecken haben und womöglich noch zum besonders anfälligen hellen Hauttyp gehören, sollten ihre Haut häufiger selbst untersuchen und bei auffälligen Veränderungen sofort zum Arzt gehen. Meist bereiten Melanome keine Beschwerden, selten können sie jucken oder leicht bluten.

Größe entscheidend Wird ein Melanom vermutet, muss es sofort entfernt werden. Eine Biopsie zur Bestätigung des Verdachts wird nicht durchgeführt, weil die Gefahr besteht, dass dabei möglicherweise bereits Tumorzellen in die Blutbahn gelangen. Bis zu einer vertikalen Tumordicke von etwa einem Millimeter reicht es beim Fehlen weiterer Risikofaktoren meist aus, die Geschwulst mit einem entsprechendem Sicherheitsabstand von ein oder zwei Zentimetern herauszuschneiden. Bei einer Dicke ab einem Millimeter sollte der Wächter-Lymphknoten mit entfernt werden. Ist er befallen, wird dies auch für die weiteren lokalen Lymphknoten empfohlen.

Zeigt die Histologie, dass der Tumor bösartig ist, kommt es darauf an, ob er auf die Epidermis beschränkt war oder bereits die Lederhaut infiltriert hat. Im ersten Fall liegen die Heilungschancen durch die OP und eine eventuell anschließende adjuvante Therapie bei 100 Prozent. Hat das Melanom hingegen die Dermis erreicht, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bereits gestreut hat. Dann schließen sich weitere Untersuchungen an: Bluttests und bildgebende Verfahren. Bei Melanomen von mehr als zwei Millimetern vertikaler Dicke wird nach der Resektion eine adjuvante Therapie mit Interferon alpha empfohlen. Es stärkt die Immunabwehr des Körpers und zeigte in Studien, dass Menschen mit einem erhöhten Metastasierungsrisiko profitieren konnten.

Immuntherapie erfolgreich Hat der Krebs bereits metastasiert, ist eine Heilung unmöglich. Dann steht die Behandlung der Metastasen im Vordergrund, um ein möglichst langes Überleben bei möglichst guter Lebensqualität zu sichern. Hierbei kommen nach wie vor Chemo- und Strahlentherapien sowie die chirugische Erntfernung von Metastasen zum Einsatz. Daneben gibt es eine Reihe neuerer Therapieansätze wie die BRAF-Inhibitoren oder die MEK-Inhibitoren, welche die gestörte Signalübertragung in den Tumorzellen blockieren.

Die Wirkstoffe Vemurafenib und Dabrafenib wirken bei Melanomen mit einer bestimmten Mutation im BRAF-Gen, die nur etwa jeder zweite Betroffene aufweist. Nach sechsmonatiger Behandlung sind die Tumorzellen jedoch meist dagegen resistent geworden, was man durch die Hinzunahme der MEK-Inhibitoren Trametinib oder Cobimetinib verzögern kann. Ebenfalls etabliert sind mittlerweile Therapien, die das Immunsystem zum Angriff gegen die Tumorzellen stimulieren und so auch gegen Melanome ohne BRAF-Mutation wirken. Hierzu zählen sogenannte „Checkpoint-Inhibitoren“ wie die monoklonalen Antikörper Ipilimumab, Nivolumab oder Pembrolizumab.

Vorbeugung ist das A und O Damit es gar nicht erst zu einem Melanom kommt, ist der Schutz vor UV-Strahlung bereits im frühen Kindesalter wichtig. Dabei sollte der Aufenthalt in der Sonne so kurz wie möglich gestaltet werden und bei der Sonnencreme ein hoher Lichtschutzfaktor gewählt werden. Dabei ist zu beachten, dass Creme durch Schwitzen und Baden schnell abgewaschen wird! Doch auch die beste Sonnencreme hilft nur über einen bestimmten Zeitraum, ein erneutes Auftragen danach ist wirkungslos.

Studien haben außerdem gezeigt, dass das Abdecken des Körpers größeren Schutz bietet als Sonnencreme. Am sichersten ist das Tragen von Kleidung, die aus UV-resistenten Stoffen besteht. Draußen sollte man sich in der heißen Jahreszeit nur in den Morgen- und Abendstunden aufhalten, die Mittagssonne sollte nach Möglichkeit gemieden werden. Jeder Sonnenbrand ist gefährlich und kann die Zellen irreparabel schädigen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/18 ab Seite 120.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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