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Gerichte aus der Kindheit

GEFÜLLTE PAPRIKASCHOTEN

Schon im Treppenhaus lief ihr das Wasser im Mund zusammen: Gefüllte Paprikaschoten, das ist Sabine Breuers Lieblingsgericht aus der Kindheit. Mit der Chefredakteurin der PTA startet unsere neue Mitmach-Serie.

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Wohl jeder hat so ein Essen, bei dem ihm warm ums Herz wird. Wenn die Mama Frikadellen oder Kartoffelpuffer gemacht hat, wenn Nudeln mit Tomatensoße oder Schweinebraten mit Kruste auf den Tisch kam, dann lief man auf dem Schulweg ganz von allein schneller und freute sich schon tierisch aufs Mittagessen. Alle, wirklich alle, die wir gefragt haben, erinnerten sich ganz genau an DAS Lieblingsgericht ihrer Kindheit: Wie es roch, wie es aussah, wie es schmeckte. Und dass sie es gern wieder einmal essen würden.

Was für ein Glück, dass wir einen echten Koch in unseren Reihen haben, der uns beim Nachbereiten der Speisen hilft! Ab jetzt wird monatlich für die PTA ein Gericht nachgekocht, und Sie, liebe Leserinnen und Leser, haben die Chance in dieser Rubrik zu erscheinen. Lesen Sie sich einfach kurz den unten stehenden Kasten durch, schreiben Sie uns, und dann geht’s los: Wir lassen hier alle an Ihren Erinnerungen teilhaben.

Beginnen wir also mit Sabine Breuer, Chefredakteurin und Apothekerin, ohne die hier gar nichts funktioniert und bei der alle Fäden zusammenlaufen. Sie schrieb mir in einer Mail: „Gefüllte Paprika galten bei uns nicht als was Besonderes. Aber ich mochte es lieber als jeden Sonntagsbraten.“ Sie beschreibt den Geschmack so: „Ein bisschen herb mit den grünen Paprikaschoten, die waren immer grün. Ein bisschen fruchtig mit der Tomatensoße. Die waren mit einer Hackfleisch-Reis-Mischung gefüllt – keine Ahnung, was sonst noch an Gewürzen drin war.“

Kaum hatte mein Gatte, der Koch, diese Zeilen gelesen, musste ich mit ihm in den Supermarkt fahren. Fachmännisch begutachtete er am Gemüsestand die dicken Paprikaschoten (die breiten, nicht die spitzen), nahm hier eine Gewürzmischung aus dem Regal und orderte dort ein Pfund Rinderhackfleisch. Zuhause hackte er in atemberaubender Geschwindigkeit Zwiebeln und Knoblauch, öffnete Tomatendosen und ich, ich sah staunend zu. Während er den Sugo zubereitete und den Reiskocher anwarf, las ich ein bisschen zum Thema Capsicum annuum. Erfuhr zu meinem Erstaunen, dass die Gemüsepaprika gar keine Schote – sondern eine Beere ist, übrigens aus der Familie der Nachtschattengewächse.

Die Schote, die keine ist, hat viele Geschwister, zum Beispiel die Jalapeno und die Chili; sie gibt es in groß und klein, in lang, in kurz, breit und in allen Geschmacksschattierungen von mild über süß bis sehr, sehr scharf. August Escoffier, eine Art Papst der Haute Cuisine, hat das Paprikapulver 1879 durch einen ungarischen Kollegen mitbringen lassen, und seitdem ist es aus der Küche nicht mehr wegzudenken. Die Schweizer nennen den Paprika Peperoni und Cayenne-Pfeffer wird aus der Chilischote gewonnen.

Allen Paprikaschoten ist diese schwer beschreibbare Mischung aus Bitterkeit und Schärfe zu eigen. Um die kleine rote Chili hat sich eine richtige Fan-Gemeinde geschart; ihre Schärfe wird anhand der Maßeinheit Scoville gemessen und ihre Beliebtheit wird darauf zurückgeführt, dass das enthaltene Capsaicin (zu finden auch in etlichen Salben gegen Rücken- und Muskelschmerzen) eine Serotonin-Ausschüttung veranlasst. Kurz gesagt, man wird durch den Verzehr von Chilischoten angeblich glücklich.

Ich schaute dem Gatten zu. Er schnitt vier Knoblauchzehen in Stückchen, teilte sie in zwei Hälften, ebenso zwei Zwiebeln. Briet das ganze sachte an. Schüttete eine Dose stückige Tomaten dazu, gab einen Viertelliter passierte Tomaten hinzu. Würzte das Ganze ab mit Kräutern der Provence, pfefferte und salzte alles. Als Clou kam noch eine fein gewürfelte Spitzpaprika in die Soße. Er ließ den Sugo in einem ziemlich breiten und hohen Topf, in dem später alle vier Paprikaschoten Platz haben würden, leise vor sich hin köcheln. Sodann ging es an die Füllung.

Er briet die andere Hälfte Zwiebel- Knoblauch- Mischung in der Pfanne an, gab das Rinderhackfleisch dazu und stellte die Flamme des Gasherdes nicht zu hoch ein, es sollte nur ein bisschen schmurgeln. Dann kamen zwei Teelöffel Ajvar hinein, das ist eine dickflüssige Zubereitung aus Paprika- und Aubergine, gibt’s auch im Supermarkt. Knapp 100 ml passierte Tomaten aus der Flasche verliehen der Sache die nötige Cremigkeit, zumal jetzt auch der gekochte Reis hinzugegeben wurde. Würzen tat er mit Piment d’Espelette. Das ist aber schwer zu kriegen, man darf auch Paprika rosenscharf verwenden, erfuhr ich. Salz und Pfeffer dazu und bitte nicht zu lasch würzen. Das ganze Gericht kann Wumms vertragen.

Man schneidet nun von den dicken, standfesten Gemüsepaprika den Deckel ab, holt die Kerne und die weißen Seitenwände heraus – und gibt dann die Hackfleisch-Reis-Füllung hinein. Die setzt man dann in den Topf, in dem schon die Tomatensoße vor sich hin köchelt und immer aromatischer wird. Deckel drauf. Während die vier bunten Gesellen ungefähr 40 Minuten garen und sich die Aromen auf das Köstlichste verbinden, könnte man eventuell den Tisch decken. Messer, Gabel – und ein Löffel für die Soße. So ein bisschen Rotwein kann auch nicht schaden. Dann lassen Sie es sich mal schmecken! Guten Appetit und wir hören uns dann mit dem Lieblingsgericht Ihrer Kindheit…

Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/2021 ab Seite 136.

Alexandra Regner, PTA und Medizinjournalistin in Zusammenarbeit mit Michael Regner, Koch

Haben auch Sie ein besonderes Gericht aus Kindertagen, an dem Sie uns teilhaben lassen wollen? Dann schreiben Sie mir unter a.regner@uzv.de. Nennen Sie den Namen Ihrer Lieblingsspeise und beschreiben Sie gern, wie es schmeckte und was sie besonders daran mochten. Wir werden es dann mit Sorgfalt nachkochen und Ihnen in dieser Kolumne davon erzählen. Bitte schreiben Sie auch Ihren Namen und den Namen der Apotheke, in der Sie arbeiten, dazu. Mit der Zusendung erlauben Sie uns, Sie zu zitieren.
Ich freu mich jetzt schon drauf!

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