Radiologen besprechen Gehirnscans.© gorodenkoff / iStock / Getty Images Plus
Forschende haben eine neue Form der Depression entdeckt, die nicht auf die gängigen Antidepressiva anspricht.

Forschung

BILDGEBUNG DECKT NEUE ART DER DEPRESSION AUF

Wissenschaftler der amerikanischen Stanford University haben eine neue Form der Depression identifiziert, an der immerhin ein Viertel der Versuchsgruppe litt. Das Problem: Die sogenannte kognitive Depression spricht auf die gängigen Antidepressiva nicht an.

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Nach offiziellen Schätzungen sind in Deutschland rund fünf Millionen Menschen an Depressionen erkrankt. Das ist eine Menge. „Ich werde regelmäßig Zeuge des Leidens, des Verlusts der Hoffnung und der zunehmenden Suizidalität“, berichtet die amerikanische Professorin Laura Hack.

„Und das liegt daran, dass wir mit Medikamenten beginnen, die für alle Depressiven den gleichen Wirkmechanismus haben, obwohl Depressionen sehr heterogen sind“, erklärt Hack weiter. Sie ist Psychiaterin und Hauptautorin der Studie, die die neue Form von Depression aufgezeigt hat.

Neurotransmitter als Ursache der Depression?

In dieser Studie erhielten 1008 Erwachsene mit einer zuvor nicht behandelten schweren depressiven Störung nach dem Zufallsprinzip eines von drei häufig verschriebenen Antidepressiva: Escitalopram, Sertralin (die auf den Neurotransmitter Serotonin wirken) sowie Venlafaxin (Serotonin/Noradrenalin).

Vor und nach der medikamentösen Behandlung mussten sich die Patienten selbst einschätzen und von einem Arzt bewerten lassen. Außerdem machte ein MRT (Magnetresonanztomograph) Bilder ihres Gehirns, während sie eine Aufgabe lösten.

Depression beeinträchtigt kognitiven Teil des Gehirns

27 Prozent der Teilnehmer zeigten

  • ausgeprägte Symptome einer kognitiven Verlangsamung und Schlaflosigkeit,
  • eine beeinträchtigte kognitive Funktion bei Verhaltenstests
  • sowie eine verringerte Aktivität in bestimmten Frontalhirnregionen – genauer gesagt im präfrontalen Kortex und in den dorsalen anterioren cingulären Regionen.

Zusammen sind diese Regionen für die Selbstkontrolle eines Menschen und für die Fähigkeit vorauszuplanen verantwortlich. Man nennt dies den kognitiven Kontrollkreislauf; und der ist unter anderem für die Begrenzung unerwünschter oder irrelevanter Gedanken und Reaktionen und die Verbesserung der Zielwahl zuständig.

Konkret heißt das, für die Betroffenen ist es schwierig, sich zu konzentrieren, sich Elemente trotz Ablenkungen zu merken, die Selbstbeherrschung aufrechtzuerhalten oder den Antrieb aufzubringen, etwas tatsächlich zu tun, von dem sie wissen, dass sie es tun sollten. Ähnliche Beschwerden kennen wir vom Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom ADHS.

Gängige Antidepressiva wirken nicht

Wurden alle Probanden mit den drei gängigen Wirkstoffen behandelt, schlugen die beim neu entdeckten Subtyp kaum an. Bei Sertralin war des besonders deutlich: Nur bei 38 Prozent dieser Probanden konnten nach Gabe des Medikaments keine depressiven Symptome mehr gemessen werden.

Die beiden Wissenschaftler schlugen vor, dass bei der Diagnose von Depressionen künftig Verhaltensmessung plus Bildgebung angewendet werden sollten. Dazu solle der Patient erst einen Fragebogen ausfüllen und – wenn sich herausstellt, dass er einen bestimmten Subtyp aufweist – an eine Bildgebung überwiesen werden, bevor er sich einer Behandlung unterziehe.

Therapieoptionen bei kognitiver Depression

Und die könnte bei der kognitiven Depression beispielsweise in dem Wirkstoff Guanfacin bestehen, das speziell auf die dorsolaterale präfrontale Kortexregion abzielt. Guanfacin wird bei ADHS als Agonist an den Alpha2A-Rezeptoren eingesetzt und trägt zur Verbesserung der Impulskontrolle und der Verhaltensregulation bei.

Oder die Therapie könnte aus transkranieller Magnetstimulation (TMS) bestehen. Hier stimulieren Magnetfelder die Nervenzellen.

Bei der kognitiven Verhaltenstherapie wiederum lernen die Patienten, Problemlösungsstrategien anzuwenden, um negativen Gedanken entgegenzuwirken, die sowohl zur emotionalen Dysregulation als auch zum Verlust sozialer und beruflicher Fähigkeiten beitragen.

Quellen:

Stanford Universität

https://de.dayfr.com/gesundheit/436666.html

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