Mehrere Windlichter und eine Laterne sowie ein halbmondförmiges Tablett mit Datteln.© Maheen Mahmood / iStock / Getty Images Plus
Im Ramadan nehmen viele Muslime erst mit dem Fastenbrechen nach Sonnenuntergang wieder Arzneimittel ein.

Fasten

ARZNEIMITTEL IM RAMADAN – SENSIBEL BERATEN

Am 22. März hat der muslimische Fastenmonat Ramadan begonnen. Gläubige Muslime verzichten zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang auf Essen und Trinken. Das gilt auch für Arzneimittel. Wann wird das zum Problem?

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Die orale Einnahme von Medikamenten bricht das Fasten, der Fastentag muss nachgeholt werden. Besteht eine chronische Erkrankung, die mehrfach am Tag behandelt werden muss, kann das Probleme geben. In der Beratung kommt es auf Ihr Feingefühl an, um mögliche Gefahren zu vermeiden.

Bestimmte Arzneimittel sind zu festen Zeiten einzunehmen, zum Beispiel Antiepileptika, Hormonpräparate, Herzmedikamente oder orale Antidiabetika. Bei Antibiotika und Virostatika kann die Einnahme mehrmals am Tag nötig sein. Hier kann es zu Schwierigkeiten kommen, wenn die Therapie unterbrochen wird oder die Zeitabstände zu lang werden.

Ramadan: Komplexe Regeln

Nach den Regeln des Korans soll ab der Pubertät jede Person fasten, die dazu körperlich und geistig in der Lage ist. Kranke, Schwangere, Stillende und Personen, die hart körperlich arbeiten, sind vom Fasten ausgenommen, genau wie Frauen während der Menstruation.

Viele Muslime nehmen das Fasten sehr ernst, oftmals kommt es für sie nicht in Frage, bei Krankheit darauf zu verzichten. Während für viele Menschen gesundheitliche Gründe oder eine Gewichtsreduktion Gründe zum Fasten sind, fürchten Muslime harte Strafen Gottes. Der tief verwurzelte Glaube wiegt für sie dann schwerer als mögliche unangenehme Folgen. In der Apotheke kommt es hier darauf an, Verständnis zu zeigen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Die Arzneimitteltherapie sollte nicht eigenmächtig ausgesetzt oder angepasst werden.

Auch auf die Arzneiform kommt es an

Erschwerend kommt hinzu, dass die Regeln für das Fasten teils sehr unterschiedlich ausgelegt werden. Lokal angewendete Arzneiformen wie Pflaster, Salben und Augentropfen sind recht unstrittig. Sie dürfen angewendet werden, ebenso Injektionen. Die Anwendung von Zäpfchen ist oftmals verboten. Bei inhalativ angewendeten Arzneimitteln und Nasensprays gibt es unterschiedliche Meinungen. Manche Imame verbieten diese Arzneiformen, weil ein Teil des Wirkstoffes in den Magen-Darm-Trakt gelangen könnte.

Oftmals ist es möglich, die Anwendung von Arzneimitteln auf die Zeiten zu verschieben, in denen Nahrung erlaubt ist. Es können retardierte Formen gewählt werden, zum Beispiel bei Schmerzmitteln, einigen Antiepileptika oder Betablockern. Auch kann in Absprache mit dem behandelnden Arzt ein kurzwirksames Antibiotikum gegen ein langwirksames ausgetauscht werden. Bei einigen Arzneistoffen wie Hormonen und Opioid-Analgetika gibt es Pflaster.

Sonderfall Diabetes

Bei der Einnahme von einigen oralen Antidiabetika besteht die Gefahr einer gefährlichen Unterzuckerung, weshalb eine engmaschige Kontrolle der Blutzuckerwerte wichtig ist. Es kann sinnvoll sein, die Einnahme auf den Abend zu verschieben und die Dosis anzupassen.

Langwirksame Wirkstoffe können von ärztlicher Seite gegen kurzwirksame ausgetauscht werden. Bei der Insulintherapie kann es nötig werden, die Dosis anzupassen und auch die Wirkdauer der verwendeten Insuline im Blick zu behalten.

Nützliche Beratungshinweise hier: Eine kleine Menge Traubenzucker stets mitführen und abends beim Fastenbrechen die Zuckermenge im Blick behalten. Das Abendessen zum Fastenbrechen, Iftar, sollte so früh wie möglich nach Sonnenuntergang eingenommen werden, die Sahur-Mahlzeit möglichst knapp vor Sonnenaufgang. Morgens macht eine faser- und ballaststoffreiche Mahlzeit nicht nur für Diabetiker Sinn.  

Veränderte Aufnahme

Arzneistoffe brauchen manchmal für eine zuverlässige Wirkung und Verträglichkeit entweder gleichzeitige Nahrungsaufnahme (Beispiel L-Dopa) oder einen genau definierten Abstand zu einer Mahlzeit (Protonenpumpenhemmer). Hier ist die sorgfältige Prüfung und Abwägung aller Aspekte wichtig. Bei Diuretika sollte ebenfalls mit dem Arzt abgestimmt werden, ob die Dosis angepasst werden muss.

Manche Substanzen werden zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedlich resorbiert. Propranolol und Nifedipin werden morgens besser aufgenommen als abends. Diltiazem reagiert genau umgekehrt: Abends wirkt es stärker, weil die Aufnahme besser funktioniert. Eine engmaschige Kontrolle der Blutdruckwerte ist also immer anzuraten.

Theophyllin, Herzglykoside oder Parkinson-Medikamente beispielsweise erlauben keine flexible Einnahme, weil es auf konstante Blutspiegel ankommt.

Dennoch sollten keine Arzneimittel eigenmächtig ausgelassen oder abgesetzt werden. Viele Arzneistoffe erfordern eine genaue Prüfung in der Arztpraxis und kompetente, umfassende Beratung in der Apotheke, damit die Fastenzeit nicht zur Gefahr wird.

Quellen:
https://www.gelbe-liste.de/nachrichten/ramadan-medikamente
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/05/27/fasten-und-arzneimittel-was-gilt-es-zu-beachten

×