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Evidenzbasiert

EINZIGARTIGE GINKGO-EXTRAKTE

Ginkgo ist ein Beispiel dafür, dass nicht alle pflanzlichen Präparate gleichermaßen wirksam sind. Ginkgo sollte nur in Form von Fertigarzneimitteln angewendet werden, die standardisierte Extrakte enthalten.

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Der bis zu 40 Meter hoch wachsende, in China beheimatete Ginkgobaum (Ginkgo biloba L.) aus der Familie der Ginkgogewächse (Ginkgoaceae) ist eine seit Jahrtausenden geschätzte Heilpflanze. Nach Europa kam der zu den Nadelhölzern zählende Baum erst im 18. Jahrhundert. Zunächst diente er lediglich als Zierbaum. Inzwischen gehört er zu den intensiv getesteten Arzneipflanzen, die zahlreiche positive Wirkungen für sich beanspruchen können.

Wirksame Blätter Als wirksam gelten die fächerförmigen, zweilappigen Blätter mit ihrer gabeligen Nervatur. Sie sind reich an Flavonolglykosiden und Terpenlactonen, insbesondere Ginkgolide und Bilobalid. Die Qualität der Ginkgoblätter (Ginkgo folium) sowie eines daraus gewonnenen Trockenextraktes (Ginkgo extraktum succum raffinatum et quantificatum) sind im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.

Im Extrakt liegen die relevanten Inhaltsstoffe (Ginkgolide und Terpenlactone) angereichert vor, störende Stoffe werden hingegen entfernt. So ist insbesondere die Menge an den allergenen und eventuell auch neurotoxisch sowie mutagen wirkenden Ginkgolsäuren auf unter fünf Millionstel (ppm) zu reduzieren.

Vielfältige positive Effekte Das Zusammenspiel der erwünschten Substanzen ist für die diversen Eigenschaften des Ginkgo-Extraktes verantwortlich, die in vielen Untersuchungen gezeigt werden konnten. Demnach erhöhen die Extrakte die Fließfähigkeit des Blutes, insbesondere im Bereich der kleinen Gefäße (Mikrozirkulation) und fördern folglich die Durchblutung zum Beispiel im Gehirn, sodass das Gewebe wieder besser mit Glucose und Sauerstoff versorgt werden kann. Zudem wird die Fähigkeit der Nervenzellen verbessert, sich untereinander zu vernetzen, diese Verknüpfungen zu verstärken oder auch zu lösen. Ebenso vermag Ginkgo freie Sauerstoffradikale zu inaktivieren und vor toxischem und oxidativem Stress sowie gegen Beta-Amyloid Fraktionen zu schützen. Letztere spielen bei der Alzheimer-Erkrankung eine wichtige Rolle.

Zahlreiche Anwendungsgebiete Das breite Wirkspektrum der Blätterextrakte ist Grundlage der vielen Indikationen, bei denen Ginkgo zur Anwendung kommt. Beispielsweise wird der Ginkgo-Extrakt schon seit langem zur Linderung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (Schaufensterkrankheit, med. Claudicatio intermittens), bei Schwindelbeschwerden oder gegen belastende Ohrgeräusche (Tinnitus) eingesetzt. Gute Ergebnisse zeigt er auch bei Personen mit beginnenden kognitiven Leistungseinbußen bei leichter Demenz. Mit Ginkgo lassen sich eine nachlassende Konzentrationsfähigkeit und die Merkfähigkeit des Gedächtnisses wieder steigern und damit die Lebensqualität verbessern.

Trotz der Standardisierung der Ginkgo-Arzneimittel zeigen die Präparate bei unterschiedlichen Herstellungsmethoden andersartige Effekte.

Ginkgo ist nicht gleich Ginkgo Allerdings kann nicht jedes Ginkgo-Präparat die postulierten Wirkungen für sich beanspruchen. Lediglich zugelassene Arzneimittel sind auf die wesentlichen Inhaltsstoffe Flavonolglykoside und Terpenlactone standardisiert und von den unerwünschten Substanzen in ausreichendem Maße befreit. Bei einem Ginkgo-basierten Nahrungsergänzungsmittel (NEM) ist die Wirksamkeit unklar und die Qualität fraglich. Denn eingesetzte Extrakte eines NEM müssen nicht standardisiert sein und können die mit Nebenwirkungen behafteten Ginkgolsäuren enthalten.

Letztendlich können sich die Präparate erheblich voneinander unterscheiden. Ihre Effekte lassen sich jedenfalls nicht einfach mit der nachgewiesenen Wirkung eines gut erforschten und als Arzneimittel zugelassenen Spezialextraktes vergleichen. Ebenso ist ein Ginkgo-Tee nicht empfehlenswert. Wirksame Dosen lassen sich mit der Bereitung eines Teeaufgusses nicht erreichen. Zudem kann die Konzentration an schädlichen Ginkgolsäuren zu hoch sein, da das Drogenmaterial nicht immer kontrollierte Arzneibuchware ist.

Aber selbst unter den zugelassenen Ginkgo-Arzneimitteln gibt es Unterschiede. Die mit einem bestimmten Arzneimittel beobachteten Wirkungen lassen sich nicht einfach auf ein anderes übertragen. So zeigen Arzneimittel mit auf verschiedene Art hergestellten Extrakten andersgeartete Effekte. Zwar sind alle in Deutschland zugelassenen Ginkgo-Arzneimittel auf 22,0 bis 27,0 Prozent Ginkgo-Flavonolglykoside und 5,4 bis 6,6 Prozent Terpenlactone quantifiziert. Darüber hinaus finden sich in Ginkgo-Extrakten aber noch Proanthocyanidine (PAC), die – wie man inzwischen weiß - maßgeblich zur Wirksamkeit beitragen.

Neben antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften fanden Wissenschaftler für diese Stoffklasse noch kardio- und neuroprotektive Effekte. Daher werden PAC zurzeit von unterschiedlichen Forschergruppen zur Prävention und Behandlung der Alzheimer-Krankheit untersucht. Allerdings gehören die PAC bislang noch nicht zu den im Arzneibuch standardisierten Inhaltsstoffen, sodass deren Konzentration in verschiedenen Ginkgo-Arzneimitteln unterschiedlich sein kann.

Eingedampft
Ginkgo-Arzneimittel sind nach Ph.Eur. auf ihren Gehalt an Ginkgoliden und Terpenlactonen eingestellt und dürfen maximal 5 ppm Ginkgolsäuren enthalten. Nahrungsergänzungsmittel oder Tees können das nicht leisten. Auch zwischen zugelassenen Arzneimitteln gibt es Unterschiede, da die enthaltenen Proanthocyanidine zwar wirksamkeitsbestimmend sind, das Arzneibuch aber noch keine Gehaltsstandardisierung für sie einfordert. Am besten untersucht ist der Spezialextrakt EGb 761®.

Leitliniengerechter Spezialextrakt Einer der am besten untersuchten Ginkgo-Extrakte ist der Spezialextrakt EGb 761®, ein standardisierter Ginkgo-Extrakt, der durch ein genau festgelegtes Extraktionsverfahren gewonnen wird. Mit diesem Extrakt ließen sich mittlerweile in zahlreichen klinischen und präklinischen Studien eine Vielzahl an positiven Ergebnissen erzielen. Der Spezialextrakt enthält neben Flavonolglykosiden und Terpenlactonen zudem konstant zirka sieben Prozent PAC.

Ein Wert, der sich von anderen Ginkgo-Arzneimitteln teils erheblich unterscheiden kann. Die positiven Effekte zur Verbesserung der Hirnleistung haben dazu geführt, dass der Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761® in die im Jahre 2016 aktualisierte Leitlinie „Demenzen“ aufgenommen wurde. Er gilt in einer Dosierung von 240 Milligramm pro Tag als wirksame Behandlungsoption bei Patienten mit leichter bis mittelgrader Alzheimer-Demenz oder einer vaskulären Demenz und nicht-psychotischen Verhaltenssymptomen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2022 ab Seite 26.

Gode Chlond, Apothekerin

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