Frau kocht gesundes Essen.© CreativaImages / iStock / Getty Images Plus
Nach einer bariatrischen OP sollte man den Körper langsam an die Nahrung gewöhnen.

Adipositas

PROBLEME NACH DER BARIATRISCHEN OPERATION

Patienten, deren Magen verkleinert wurde, berichten von einer hohen Empfindlichkeit des Magen-Darm-Traktes, die noch Monate bis Jahre nach dem Eingriff bestehen kann. Welche Probleme ergeben sich daraus – und kann die Apotheke bei der Lösungsfindung helfen?

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Zu den häufigsten Beschwerden nach einer Magenverkleinerung zählen

  • Übelkeit und Erbrechen,
  • das Erbrechen von Speichel und Schleim,
  • Blähungen,
  • Durchfall,
  • Verstopfung,
  • Müdigkeit,
  • Schwächegefühl,
  • Schwindel,
  • leichte Kopfschmerzen (Dumping-Syndrom).

Direkt nach einer Adipositas-Operation lässt sich die Empfindlichkeit des Verdauungstraktes mit der Sensibilität eines Säuglings nach der Stillphase vergleichen. Wie empfindlich Patienten reagieren, ist individuell sehr unterschiedlich. Ihnen wird in jedem Fall ein langsames Herantasten an die Nahrung empfohlen und die Umsetzung eines achtsamen und bewussten Essverhaltens.

Den Magen nicht zu stark belasten

Dabei sollten zunächst Lebensmittel aus der Kategorie „Leichte Vollkost“ gewählt werden. Zu dieser Kategorie zählen dann Kartoffel- und Gemüsesuppen statt Nudelgerichte oder Schweineschnitzel. Für viele adipöse Menschen ist dies eine komplett neue Erfahrung, denn vor der Operation war die Verträglichkeit hoch und viele beschrieben ein robustes Körperempfinden.

Viele Patienten aßen vor Operation unachtsam und die Essgeschwindigkeit war bei den meisten zu hoch. Gerade Patienten, denen ein Magen-Bypass gelegt wurde, leiden an Blähungen und Durchfall. Bei ihnen wurde durch die Operation auch ein Teil des oberen Zwölffingerdarms ausgeschaltet. Der Speisebrei durchläuft nun eine verkürzte Dünndarmschranke, wodurch weniger Enzyme auf den Nahrungsbrei einwirken und dieser schneller und unverarbeiteter in den Dickdarm gelangt.

Lange Umstellungsphase

Auf der anderen Seite leiden einige Patienten jedoch unter Verstopfung. Dabei spielen die anfänglich niedrige Nahrungsaufnahme und Flüssigkeitszufuhr eine zentrale Rolle. Für viele ist das veränderte Trinkverhalten zunächst sehr ungewohnt. Nach einer Adipositas-Operation muss man eine Pause zwischen Essen und Trinken von etwa 30 Minuten einhalten. Getränke sollen nur schluckweise getrunken werden, sie sollen möglichst keine Kohlensäure oder Zucker enthalten. 

Daher ist es sinnvoll, sich schon vor einer bariatrischen Operation mit dem persönlichen Trinkverhalten zu beschäftigen, vor allem, wenn Patienten über viele Jahre hinweg immer Getränke mit Zuckeraustauschstoffen gewählt und große Trinkmengen in einem schnellen Zug getrunken haben. Weitere Ursachen eines zu harten Stuhlgangs sind zu wenig Ballaststoffe sowie zu wenig Fett durch die geringe Nahrungsaufnahme, aber möglicherweise auch Bewegungsmangel.

Viele Patienten klagen auch noch einige Zeit nah der Operation über Schwindel, starke Müdigkeit und Schwäche. Ursache des Schwächegefühls, der Müdigkeit, der Schweißausbrüche, der Hitzewallungen und der Durchfälle kann auch das sogenannten Dumping-Syndrom sein. Es kommt nicht bei jedem vor, sondern vorwiegend, wenn ein Magen-Bypass gelegt wurde. Dumping leitet sich vom englischen Begriff „to dump“ ab und bedeutet „plumpsen“. Durch den Verlust des Magenpförtners kann nicht mehr schubweise Nahrung in den Dünndarm abgegeben werden, stattdessen plumpst die Nahrung regelrecht in untere Darmabschnitte.

Ein Fallbeispiel

Der Fall von Frau Hinrichsen* soll zeigen, worauf man achten muss, wenn ein Dumping-Syndrom auftritt. Bei Frau Hinrichsen wurde im September 2019 ein Bypass-Y-Roux operiert. Frau Hinrichsen reduzierte ihren BMI von damals 41 auf nunmehr 27.

Allerdings klagt sie seit der Operation über viele Unverträglichkeiten. Von großer Bedeutung sind dabei Lebensmittel mit vielen einfachen Kohlenhydraten wie beispielsweise frisch gepresster Orangensaft oder Fruchtjoghurt. Darüber hinaus verschlechtert sich ihre Verträglichkeit von Lebensmitteln, wenn ihr Stresspegel hoch ist und sie zu unachtsam und zu schnell isst. 

Vor der bariatrischen Operation, als Frau Hinrichsen am multimodalen Konzept (MMK) teilnahm, hatte sie einen sehr hohen Stresspegel im Alltag durch ihren Beruf und ihre perfektionistischen Leistungsansprüche. Ihre Ernährung war vor der Operation unachtsam und sie naschte häufig zwischendurch.

Im MMK lernte sie ihre Ernährung umzustellen. Sie isst nun achtsam und langsam, außerdem konnte sie ihren Stresspegel reduzieren. Doch wenn Frau Hinrichsen zwischendurch einen zuckergesüßten Fruchtjoghurt isst, dann reagiert sie kurze Zeit später mit Durchfall und Kreislaufproblemen wie Blutdruckabfall. 

Dies sind typische Symptome eines Frühdumpings. Dabei werden gastrointestinale Probleme, wie Durchfall, oder vasomotorische Symptome, wie Blutdruckabfall zehn bis 30 Minuten nach der Nahrungsaufnahme beobachtet. Beim Spätdumping hingegen erfolgen Reaktionen ein bis drei Stunden nach dem Essen mit häufigen Unterzuckerungen.

In der Ernährungsberatung dokumentierte Frau Hinrichsen ihre Ernährung mittels eines Ernährungsprotokolls, womit weitere Ursachen der Dumping-Problematik ergründet werden konnten. Darauf aufbauend wurden Maßnahmen zur Vorbeugung entwickelt:

  • Essen und Trinken trennen (30 Minuten vor und nach dem Essen nichts trinken).
  • Ballaststoffreiches Essen bevorzugen (Vollkornprodukte, Gemüse, Kartoffeln).
  • Lebensmittel mit viel Zucker vermeiden (Limonaden, Säfte, Süßigkeiten).
  • Proteinreich essen (Achtung! Bei Milch und Milchprodukten auf den Zuckergehalt achten).
  • Nach Möglichkeit erst 30 Minuten nach dem Essen hinlegen.
  • Lösliche Ballaststoffe (z.B. Pektin und Guar) zum Essen geben, möglichst nach Rücksprache mit Ernährungsfachkraft oder Arzt.
  • Langsam essen.
  • Auf das Sättigungsgefühl achten.

Die Aufmerksamkeit nach der Operation nicht verlieren Nicht jeder Bypass-Operierte entwickelt das Dumping-Syndrom. Einige operierte Personen verzehren schon nach einigen Monaten wieder Süßigkeiten und die genannten Symptome bleiben aus. Andere müssen sich noch lange an die genannten Maßnahmen halten, um keine Probleme zu bekommen. Wieder andere benennen jede Unverträglichkeit oder jedes unachtsame Zuviel-Essen als Dumping. 

Das ist jedoch nicht korrekt. Wenn beispielsweise eine magenoperierte Person fetten Fisch mit Remoulade isst und dann noch zu schnell, dann reagiert der Körper auf „zu fettig“ mit Durchfall, ohne dass es sich dabei gleich um ein Dumping-Syndrom handeln würde. Daher ist das achtsame Essen nach der Operation so wichtig.

Abschließend lässt sich sagen, dass der Verdauungstrakt einer Person, die erst vor kurzem bariatrisch operiert wurde, besondere Aufmerksamkeit braucht. Mit einem bewussten Essverhalten und dem Einhalten der Ernährungsempfehlungen sind viele ernährungsbedingte Probleme nach der Operation vermeidbar.

Unsere Autorin Sabrina Thaden ist Ernährungstherapeutin. Mehr zu ihrer Person und ihrem fachlichen Hintergrund finden Sie unter www.nutrition-master.de

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