Kinderwunschbehandlung
PTA-Fortbildung

Vom Kinderwunsch zum Wunschkind

Nicht immer tritt eine Schwangerschaft dann ein, wenn es dem Paar gerade am besten passt. Mal ist es zu früh, mal lässt das Wunschkind lange auf sich warten. Vielen Paaren, bei denen es nicht klappt, kann von pharmazeutischer und medizinischer Seite geholfen werden, doch irgendwann das eigene Baby in den Armen zu halten.

17 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. August 2022

Wer zahlt fürs Wunschkind? Bei gesetzlich Versicherten trägt die gesetzliche Krankenkasse (GKV) nach § 27a SGB V die Hälfte der Kosten für eine Kinderwunschbehandlung, und zwar für

  • Zyklen IUI ohne hormonelle Stimulation plus
  • 3 Zyklen IUI mit hormoneller Stimulation plus
  • 3 Zyklen IVF oder ICSI.

Voraussetzung für die anteilige Kostenübernahme ist, dass das Paar verheiratet ist und ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehepartner verwendet werden. Beide Partner müssen ein Mindestalter von 25 erreicht haben. Die Frau darf höchstens 40 Jahre und der Mann nicht älter als 50 sein. Außerdem müssen beide Partner einen negativen HIV-Test aufweisen und vor der Behandlung einen vom Kinderwunschzentrum aufgestellten Behandlungsplan einreichen.

Die zweite Hälfte der Behandlungen trägt das Paar selbst. Sie können dafür jedoch staatliche Unterstützung beantragen. Hier stellen Bund und Länder gemeinsam finanzielle Mittel zur Verfügung. Der Betrag und auch die Voraussetzungen für diese Unterstützung variiert jedoch von Bundesland zu Bundesland.

Liegen die Voraussetzungen für die Förderung vor, wird das Paar vom ersten bis zum vierten Behandlungszyklus bei IVF oder ICSI finanziell unterstützt. Der Zuschuss beträgt bis zu 25 Prozent des nach Abrechnung mit der Krankenversicherung verbleibenden Eigenanteils. Beim vierten Versuch (den die Krankenkassen nicht mehr bezuschussen) beträgt der Zuschuss bis zu 50 Prozent.

Diese Förderung können auch unverheiratete Paare in Anspruch nehmen. Schließlich beteiligt sich auch das Finanzamt an den Kosten einer Kinderwunschbehandlung: Die Kosten können als außergewöhnliche Belastung von der Steuer abgezogen werden.

Abrechnung mit der GKV? Anders als bei einem „normalen“ Rezept übernimmt die GKV bei der Kinderwunschbehandlung nur einen Teil der Arzneimittelkosten auf dem Rezept. Für Ihre Abrechnung mit der Krankenkasse gibt es deshalb einiges zu beachten, damit Sie keine Retaxierung erhalten: Hat der Arzt auf dem Rezept den Hinweis notiert: „Versorgung nach § 27a SGB V“, muss die Kundin 50 Prozent des Arzneimittelpreises in der Apotheke aus eigener Tasche bezahlen (aber keine gesetzliche Zuzahlung). Die andere Hälfte rechnen Sie mit der GKV ab. In der Praxis sieht das so aus: Auf dem Rezept geben Sie

  • in der 1. Zeile die Sonder-Pharmazentralnummer (PZN) 09999643, den Faktor 1 und auf dem Einzeltaxfeld 0 ein,
  • in der 2. Zeile die PZN des Fertigarzneimittels sowie 50 Prozent des Arzneimittelpreises. Viele Kassenprogramme bieten dafür eine eigene Funktion. Einige Krankenkassen erstatten einen freiwilligen Mehrbetrag zu der Behandlung. Auch in diesem Fall rechnet die Apotheke 50 Prozent mit der Kundin ab. Die Kundin verrechnet die zusätzliche Leistung dann über den von Ihnen ausgestellten Beleg direkt mit ihrer Krankenkasse. Als Serviceleistung können Sie der Kundin auch eine Kopie des bedruckten Rezepts mitgeben. Ist der Hinweis auf § 27a SGB V nicht angegeben, ist von Ihnen zu prüfen, ob der regionale Liefervertrag der Primärkassen eine Prüfpflicht durch die Apotheke vorsieht. (Bei Ersatzkassen besteht keine Prüfpflicht.) Besteht eine Prüfpflicht und gibt es auf dem Rezept Hinweise auf eine Kinderwunschbehandlung (z. B. Arztstempel einer Kinderwunschpraxis, bestimmte Arzneimittel) erfolgt eine Rücksprache mit dem Arzt. Das Ergebnis müssen Sie auf dem Rezept dokumentieren und mit dem Datum abzeichnen. Besteht eine Kinderwunschbehandlung nach § 27a SGB V, rechnen Sie wie oben beschrieben ab, die Kundin übernimmt 50 Prozent der Kosten. Ist es keine Medikation im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung, berechnen Sie der Krankenkasse den vollen Arzneimittelpreis ab- züglich der gesetzlichen Zuzahlung oder Mehrkosten.

Ovarielles Hyperstimulationssyndrom (OHSS) Während der Behandlung – insbesondere nach der Injektion von HCG und beim Eintreten einer Schwangerschaft – kann es zu einem Überstimulationssyndrom kommen. Die Eierstöcke sind dann stark vergrößert (10 – 12 cm im Durchmesser oder mehr) und es kommt zu Wassereinlagerung in die Bauch-, teilweise auch in die Brusthöhle.

Die Patientin leidet dann unter Bauchschmerzen, aufgetriebenem Bauch, starker Gewichtszunahme, Atemnot und möglicherweise Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall. Übermäßige Harnausscheidung, niedriger Blutdruck, Elektrolytverschiebung, Hirnödem und Thromboembolie können auftreten. Zur Vorbeugung können Sie eiweißreiche Ernährung, körperliche Schonung und größere Trinkmengen empfehlen. In schwereren Fällen ist eine stationäre Behandlung erforderlich.

Mit welchen Kosten muss das Paar rechnen? Je nachdem, welche Art der Behandlung Arzt und Patienten gemeinsam auswählen, stehen unterschiedliche Kosten an. Die Kosten für Selbstzahler (GKV-Versicherte zahlen unter bestimmten Voraussetzungen die Hälfte, s.o.):

  • Für eine Insemination (IUI) muss das Paar mit Behandlungskosten von 570 bis 790 Euro rechnen – abhängig von der Anzahl der Kontrolluntersuchungen bis zur Insemination. Hinzu kommen bei einer hormonellen Stimulation zirka 60 Euro Arzneimittelkosten.
  • Bei einer IVF-Behandlung belaufen sich die Kosten pro Behandlungszyklus auf etwa 2800 bis 3300 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Medikamente: Diese variieren je nach der vorhandenen Eizellreserve und dem Alter der Patientin und betragen zwischen 700 und 1600 Euro.
  • Für einen Zyklus mit ICSI-Behandlung betragen die Arztkosten zwischen 4500 und 5500 Euro (zzgl. Arzneikosten, s. IVF-Behandlung).

Viele Wege führen zum Wunschkind In Deutschland sind jedoch nicht alle erlaubt, beispielsweise die Leihmutterschaft. Sie ermöglicht neben heterosexuellen Paaren und homosexuellen Frauen auch homosexuellen Männern, biologische (genetische) Eltern zu werden. Dabei werden einer Leihmutter in-vitro-befruchtete Eizellen, also Embryonen, eingesetzt, die sie anschließend bis zur Geburt austrägt.

Da eine Leihmutterschaft in Deutschland nicht erlaubt ist, vermitteln Agenturen diese Paare ins Ausland. In der Ukraine, Russland, Georgien, Südafrika, einigen US-amerikanischen Staaten (Arkansas, Kalifornien und Illinois) sind Leihmutterschaften für deutsche Paare auf kommerziellem Wege etwa ab 30 000 Euro möglich, nach oben hin gibt es beispielsweise in den Vereinigten Staaten fast keine Grenzen.

Altruistische Leihmutterschaften, bei denen die Austragenden nicht bezahlt werden, sind in Irland, Dänemark, Griechenland, Lettland, Niederlande, Großbritannien, Kanada und Australien erlaubt. Eine traditionelle Leihmutterschaft erfolgt mit der Eizelle der austragenden Mutter via IUI (Intrauterine Insemination) mit dem Sperma des Wunschkindvaters.

Nach deutschem Gesetz gilt gemäß § 1591 BGB die Frau, die das Kind geboren hat, also die Leihmutter, als leibliche Mutter und nicht die „Sorgemutter“. Besteht eine genetische Verwandtschaft zu einem der beiden Sorgeeltern, gibt es Möglichkeiten der rechtlichen Anerkennung der ausländischen Leihmutterschaftsurteile (weitere Informationen unter: www.familie.de/ kinderwunsch/leihmutterschaft/).

Gesetzliche Regelungen für IVF Künstliche Befruchtungen sind in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) geregelt. Hierin steht unter anderem, dass nicht mehr als drei Eizellen befruchtet und eingebracht werden dürfen. Eizell- und Embryonenspenden sind ebenso wie die Leihmutterschaft verboten. Weiterhin dürfen keine Experimente an Embryonen durchgeführt werden.

Wird’s ein Junge oder ein Mädchen? Diese Frage ließe sich theoretisch mit Hilfe der Präimplantationsdiagnostik (PID) schon beantworten, bevor der Embryo überhaupt in die Gebärmutter eingesetzt wird. Das ist in Deutschland aber nach dem ESchG (§ 3a) nur dann erlaubt, wenn bei den Eltern eine genetische Disposition zu einer schweren Erbkrankheit besteht oder eine schwerwiegende Schädigung des Embryos mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führt, zum Beispiel, wenn bestimmte Erbkrankheiten vorliegen.

Dafür müssen Paare in Deutschland ein kompliziertes, langwieriges und teures Verfahren durchlaufen. Denn Voraussetzung für eine PID ist neben dem schriftlichen Einverständnis der Mutter, die Zustimmung einer Ethikkommission.

Die Durchführung erfolgt dann durch einen entsprechend qualifizierten Arzt in einem zugelassenen Zentrum für PID, von denen es Stand 2019 zehn Stück in Deutschland gibt. Viele scheuen das komplizierte Prozedere und lassen sich im benachbarten Ausland behandeln.

Hier finden Sie die komplette Fortbildung als PDF-Download.

Dr. Susanne Poth, Apothekerin/Redaktion


Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.

Für ihre fachliche Beratung danke ich Apothekerin Ulrike Baldus-Fiore, Wiesbaden; Apothekerin Gesche Ratfeld, Hamburg; Professor Dr. Inka Wiegratz, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Schwerpunkt gyn. Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Frankfurt. Mein Dank gilt auch der Apothekerkammer Schleswig-Holstein für die Ermöglichung der Teilnahme an der Online-Fortbildung Kinderwunsch auf Rezept.

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