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Chronische Übersäuerung
PTA-Fortbildung

Nicht aus der Balance geraten

Stellen Sie sich vor, eine Kundin kommt zu Ihnen in die Apotheke und klagt über ihre Mehrfachbelastung als berufstätige Mutter. Richtig krank fühlt sie sich nicht, aber der anhaltende Stress macht etwas mit ihr, und das ermüdet sie. Können Sie ihr helfen?

16 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. März 2022

Wie wird der Organismus die Säure los? Die beiden wichtigsten Organe für die Regulation des Säure-Basen-Haushalts sind die Nieren und die Lunge. Die Niere kann als einziges Organ direkt Säure ausscheiden, sie tut dies beispielsweise in Form von Ammoniumionen (NH4+) und in geringerem Maße auch in Form von Dihydrogenphosphat. Außerdem wird im proximalen Tubulus der Niere Hydrogen- oder Bicarbonat (HCO3-) rückresorbiert und dem Blut wieder zugeführt. Die Lunge stabilisiert durch Abatmen von CO2 den pH-Wert im Blut.

Allerdings entsteht dieses CO2 durch den Zerfall von Kohlensäure (H2CO3). Damit diese entsteht, muss zuerst Bicarbonat (HCO3-) aus dem Blut Säure, also ein Proton (H+), aufnehmen. Das heißt jedoch, dass für jedes Proton auch ein Molekül Bicarbonat verbraucht wird. In Summe wird der Säure-Basen-Haushalt durch das Abatmen von CO2 also nicht positiv beeinflusst, denn die Lunge kann Säure nur durch den gleichzeitigen Verbrauch einer äquivalenten Menge an Base ausscheiden. Rauchen verschlechtert die Lungenkapazität und damit auch die Abatmung von Kohlendioxid.

Wie arbeiten Puffersysteme? Neben Nieren und Lunge verfügt der Organismus über verschiedene Puffersysteme, um den pH-Wert konstant und das System stabil zu halten. Ein Puffer besteht immer aus einer Säure, die H+-Ionen abgeben kann, und ihrer korrespondierenden Base, die H+-Ionen aufnehmen kann. So kann das System eine bestimmte Menge Säure oder Base abfangen, ohne dass sich der pH-Wert zum Beispiel bei Zugabe von Säure verändert.

Konkret heißt das: Gibt man Säure zu einem Puffersystem, nimmt die Base des Puffers die Protonen auf. Gibt man Base hinzu, reagiert die Säure des Puffers damit. In beiden Fällen bleibt der pH-Wert konstant. Für die Konstanthaltung des Blut-pH-Wertes ist vor allem der Bicarbonat-Puffer verantwortlich. Er besteht aus Kohlensäure und der dazugehörigen korrespondierenden Base, dem Bicarbonat. Fällt im Stoffwechsel vermehrt Säure an, so nehmen die Bicarbonat-Ionen Protonen auf.

Dieses System macht 75 Prozent der Pufferkapazität des Blutes und 52 Prozent der Gesamtpufferleistung des Körpers aus. Weitere, jedoch untergeordnete Puffersysteme des Körpers sind der Hämoglobin- Puffer in den Erythrozyten sowie der Phosphat- und der Protein-Puffer im Blutplasma. Nachteil sämtlicher Puffersysteme ist, dass sie sich verbrauchen und deshalb ständig regeneriert werden müssen. Außerdem kann die Pufferkapazität überschritten werden, wenn sehr viel Säure anfällt.

Was geschieht, wenn die Pufferkapazität erschöpft ist? Gelangt ständig Säure in den Körper oder wird Säure im Rahmen von Stoffwechselreaktionen freigesetzt, ohne dass sich die Puffer in ausreichendem Maße regenerieren können, dann sind sie nicht mehr in Lage, den pH-Wert in seinen engen Grenzen zu halten. Der pH-Wert im Blut, in den Organen und in den Körperzellen verschiebt sich geringfügig, bleibt aber innerhalb der Normgrenzen. Diese latente, schleichende Form der Übersäuerung ist keine Erkrankung im eigentlichen Sinne. Sie steht aber wie beschrieben mit einigen unspezifischen Beschwerden in Zusammenhang und kann auch an der Entstehung chronischer Erkrankungen beteiligt sein beziehungsweise deren Verlauf ungünstig beeinflussen.

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