Laster verteilt Dünger auf Feld.© filmfoto / iStock / Getty Images Plus
Als Recyclingdünger aufbereitet, könnten menschliche Fäkalien bis zu 25 Prozent des konventionellen mineralischen Düngers ersetzen.

Umweltschutz

DÜNGER AUS KOT UND URIN

Jeden Tag scheiden wir etwa 1,4 Liter Urin und 0,14 Liter Kot aus. Anschließend drücken wir die Klospülung und das Abwasser muss mühsam aufbereitet werden. Ein Start-Up aus Brandenburg zeigt, wie’s besser gehen könnte.

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Rund ein Drittel unseres täglichen Trinkwassers landet im Klo. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) verbraucht jeder von uns fast 40 Liter Wasser pro Tag beim Toilettengang.

Das Wasser wieder aufzubereiten ist mühsam, in unseren Fäkalien befinden sich auch Krankheitserreger und Reste von Arzneistoffen oder deren Metaboliten. Weil sie nicht immer komplett herausgefiltert werden können, landen sie auch in Flüssen, Bächen und Seen. So wurden beispielsweise von mindestens 414 verschiedenen Arzneistoffen Rückstände in deutschen Flüssen, Bächen oder Seen nachgewiesen, schreibt das Umweltbundesamt. Insgesamt ist das Ganze eine ziemliche Sauerei, die auch noch drei Prozent des globalen Energieverbrauchs ausmacht.

Wichtige Nährstoffe für die Landwirtschaft

Dabei stecken in unseren Fäkalien noch ziemlich wertvolle Dinge wie Stickstoff und Phosphor. Als Recyclingdünger aufbereitet, könnten menschliche Fäkalien bis zu 25 Prozent des konventionellen mineralischen Düngers ersetzen. Sie werden aber in der Landwirtschaft bisher nicht genutzt.

Stattdessen wird aufwändig künstlicher Dünger hergestellt und Gülle aus der Massentierhaltung benutzt. „Wie wir mit unseren Exkrementen und den Nährstoffen darin umgehen, ist ein klassisches Beispiel für lineare Wirtschaft”, sagt Florian Augustin. Er hat deshalb 2019 das Start-Up Finizio gegründet, das quasi aus Scheiße Gold machen will: In einer Anlage im brandenburgischen Eberswalde stellt es aus dem Inhalt von Trockentoiletten Dünger her.

Noch steht das deutsche Düngemittelrecht im Wege

Um an die Ressource zu kommen, bietet Finizio verschiedene Arten von Trockentoiletten an und stellt sie beispielsweise Festivals und Kommunen zur Verfügung. Mitarbeitende sammeln regelmäßig die vollen Behälter ein und bringen sie in die Pilotanlage nach Eberswalde. Auf seiner Website beschreibt das Unternehmen das dreistufige Verfahren zur Umwandlung des Kots: Dabei werden bei 75 °C Krankheitserreger wie Salmonellen abgetötet und in einer separaten Urin-Aufbereitung sollen mithilfe von Aktivkohlefiltern Medikamentenrückstände entfernt werden.

Anders als zum Beispiel bei Klärschlamm und Gülle darf man aus Kot und Urin nach dem deutschen Düngemittelrecht aber keinen Dünger herstellen. Bisher darf Finizio den Dünger deshalb nur mit einer speziellen Genehmigung für wissenschaftliche Zwecke auf Äckern in Schorfheide verteilen. Finizio-Gründer Augustin hofft aber, dass sich das in wenigen Jahren ändert und er legal für die Landwirtschaft genutzt werden kann.

Die Ergebnisse der Feldstudien in Schorfheide würden aber erst 2024 fertig ausgewertet und bekannt gegeben, sagt Ariane Krause vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ), die das Projekt koordiniert. Erste Ergebnisse von vorherigen Versuchen hätten aber gute Düngewirkungen und keine Schädlichkeit gezeigt. „Es ist eine große Chance für die Menschen, sich der Kreislaufwirtschaft bewusster zu werden, indem wir unsere eigenen Körperprodukte recyceln”, sagt Finizio-Gründer Augustin.

Hier finden Sie weitere Informationen vom Bundesumweltamt zu Arzneimittelrückständen in der Umwelt.

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