Gestrickte Babyschuhe© Ekaterina Morozova / iStock / Getty Images

Gestationsdiabetes

SÜSSE GEFAHR FÜR ZWEI

Anhaltend zu hohe Blutzuckerwerte beeinflussen die Gesundheit von Menschen jeden Alters. Eine Hyperglykämie in der Schwangerschaft, vor allem, wenn sie unentdeckt bleibt, bedroht Mutter und Kind gleichermaßen.

Seite 1/1 11 Minuten

Seite 1/1 11 Minuten

Die Alarmglocken sollten grundsätzlich läuten, wenn über eine längere Zeit zu hohe Zuckerwerte im Blut festgestellt werden. Sie sind oft ein Zufallsbefund, da in den meisten Fällen zu Beginn einer Diabetes-Erkrankung keine charakteristischen Symptome auftreten. In der Schwangerschaft kann es recht schnell gefährlich werden, denn nicht nur der mütterliche Organismus, sondern auch der des ungeborenen Kindes kann Schaden nehmen. Es gilt diese besondere Diabetesform rechtzeitig zu entdecken und die Blutzuckerwerte dauerhaft zu senken. Eine solche Schwangerschaft gilt als Risikoschwangerschaft. Ein nicht behandelter Schwangerschaftsdiabetes steigert das Risiko für Frühgeburt und Fehlbildungen.

Eine besondere Form Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte, die erstmals in der Schwangerschaft diagnostiziert werden und die sich nach der Geburt wieder normalisieren, beschreiben das Bild eines Gestationsdiabetes. Diese diabetogene Stoffwechselstörung kann durch das eng definierte Zeitfenster ihres Auftretens klar von anderen Diabetesformen abgegrenzt werden. Nur eine solche Glukosetoleranzstörung darf auch als Schwangerschaftsdiabetes, Gestationsdiabetes mellitus (GDM) oder Typ-4-Diabetes bezeichnet werden. Diabetikerinnen mit Typ-1 Diabetes, die schwanger werden, bilden eine separate Patientengruppe.

Beta-hCG Herbeigewünscht, manchmal auch überraschend - eine Schwangerschaft stellt für den weiblichen Organismus eine echte Herausforderung dar. Diverse Veränderungen finden statt, manche Hormone werden nun vermehrt gebildet, andere ausschließlich in der Schwangerschaft, das Gewicht verändert sich, die Blutmenge nimmt zu und der Stoffwechsel wird den veränderten Gegebenheiten angepasst. Diese Modifikationen haben unterschiedliche Ursachen, stehen aber vor allem unter dem Einfluss von humanem Choriongonadotropin, das auch als hCG oder beta-hCG bezeichnet wird.

Von Beginn der Schwangerschaft an bildet die Plazenta hCG, welches dem Aufrechterhalten der Schwangerschaft und dem gesunden Heranwachsen des Ungeborenen dient. Die maximale hCG-Konzentration im Blut wird gegen Ende des ersten Trimesters erreicht und liegt dann bei circa 230 000 IU/l (International Units pro Liter). Bis zum Ende der Schwangerschaft sinken die Werte wieder und können individuell zwischen 5000 und 65 000 IU/l liegen. Zum Vergleich beträgt der Normalwert bei Nichtschwangeren und Männern circa 5 IU/l im Blut. Die hCG-Konzentration im Urin ist geringer und wird zur Diagnostik genutzt. Schwangerschaftstests zeigen ab einer Konzentration von circa 25 IU/l das Ergebnis „schwanger“ an.

Eingedampft
+ Gestationsdiabetes ist eine Glucosetoleranzstörung, die nur in der Schwangerschaft auftritt
+ Schwangerschaftshormone erhöhen den Blutzucker und bewirken eine Insulinresistenz
+ Die Ursache ist ungeklärt
+ Ein erhöhtes Risiko besteht bei älteren Schwangeren, bei Adipositas oder bei familiärer Vorbelastung
+ Diagnose: durch Glucosebelastungstest
+ Die Therapie erfolgt zunächst durch Ernährungsumstellung kombiniert mit mehr Bewegung, dann Insulin
+ Es besteht ein Risiko für Mutter und Kind sowie für Langzeitfolgen, wenn nicht therapiert wird

Komplikationen bei der Mutter Bei Blutzuckerwerten von mehr als 180 mg/dl wird die sogenannte „Nierenschwelle“ überschritten, die Glucose-Carrier in der Niere sind erschöpft, Glucose kann nicht mehr rückresorbiert werden und wird mit dem Harn ausgeschieden. Es kommt zur Glucosurie. So werden Harnwegsinfekte oder Vaginalmykosen begünstigt, da sich in diesem Milieu Bakterien und Pilze gut vermehren können. Ebenso kann es zu Veränderungen der Fruchtwassermenge, einem Polyhydramnion kommen. Hierbei handelt es sich um eine gesteigerte Fruchtwassermenge. Unter dem Einfluss der fetalen Hyperinsulinämie kommt es zur Makrosomie, einer übermäßigen Gewichts- und Größenzunahme des Ungeborenen.

Denn während die Mutter die Glucose nicht komplett in die Zelle schleusen kann, kann es das Ungeborene sehr wohl. Die Gewichts- und Größenzunahme sind mittels Ultraschall erkennbar. Während der Geburt solch großer Kinder ist häufig der Austritt des Kopfes verzögert und es kann zu einer Schulterdystokie kommen. Hierbei bleibt die Schulter des Kindes im Becken der Mutter hängen und ein Sauerstoffmangel droht. Darüberhinaus zeigen Gestationsdiabetikerinnen häufig eine geringere Kontraktilität der Gebärmuttermuskulatur, trotz Stimulation mit Oxytocin.

Das bedeutet, das zu große Kind kann meist nicht auf natürlichem Weg geboren werden, sondern kommt per Kaiserschnitt zu Welt. Es wird empfohlen, eine Entbindungsklinik mit Gestationsdiabetes-Erfahrung auszusuchen. Möglich ist auch eine übermäßige Gewichtszunahme und das Auftreten eines erhöhten Blutdrucks bei der Schwangeren. Das Risiko eine Präeklampsie zu entwickeln ist hoch. Dabei kommt es neben einer ausgeprägten Hypertonie zur Eiweißausscheidung im Urin. Dies ist Zeichen einer Nierenschädigung und kann lebensbedrohlich sein. Veraltete Begriffe für die Präeklampsie sind Schwangerschaftsvergiftung, Spätgestose oder EPH-Gestose.

Die ursprüngliche Vermutung, dass es sich um eine Vergiftung des Körpers handelt, hat sich nicht bestätigt. Gestationsdiabetikerinnen entwickeln bei einer nachfolgenden Schwangerschaft zu 50 Prozent erneut eine Schwangerschaftsdiabetes. Ebenso erhöht sich für sie das Risiko, auf die folgenden zehn Jahre gerechnet, an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken. Es verringerte sich aber, wenn sie ihr Baby mindestens drei, besser sechs Monate stillen.

Sowohl die Gefahr einer Präeklampsie bei der Mutter als auch das Risiko von Komplikationen bei der Geburt steigen als Folge von Gestationsdiabetes an.

Insulin in der Schwangerschaft? Ja, das ist möglich und auch nötig. Leider reichen bei weniger als 10 Prozent der Schwangerschaftsdiabetikerinnen die diätetischen Maßnahmen kombiniert mit dem Bewegungsprogramm nicht zur optimalen Blutzuckereinstellung aus. Es muss Insulin gespritzt werden, verwendet wird Humaninsulin. Orale Antidiabetika wie Metformin, Sulfonylharnstoffe oder GLP-1-Rezeptoragonisten stehen aufgrund vermuteter embryotoxischer Wirkprofile nicht für Schwangere zur Verfügung. Neuere Studien prüfen, ob der Einsatz von Metformin oder Glibenclamid als Alternativen möglich sind.

Unterschiedliche Fakultäten arbeiten nun zusammen – Gynäkologie, Diabetologie und Geburtshelfer bilden eine Einheit. Behandelt wird nach der intensivierten Insulintherapie mit einem Langzeit- oder Verzögerungsinsulin, das den Basisbedarf deckt und von der Schwangeren selbst abends oder morgens und abends subcutan verabreicht wird. Um postprandiale Spitzen infolge der Nahrungsaufnahme zu vermeiden, kann zusätzlich ein kurzwirksames Insulin verabreicht werden. Die Therapie mittels einer Insulinpumpe bietet keine Vorteile und wird nur sehr selten eingesetzt. Im Vergleich zu schwangeren Typ-1-Diabetikerinnen sind deutlich höhere Insulindosen notwendig, da Gestationsdiabetikerinnen eine sehr ausgeprägte, periphere Insulinresistenz aufweisen.

Wichtig sind mehrmalige Messungen des Blutzuckers am Tag und das Führen eines Tagebuches in dem Ernährung, Bewegung und Insulindosen festgehalten werden.

Schulung ist wichtig Vor einer Insulintherapie steht die Schulung der Schwangeren. Sie benötigt ein Blutzuckermessgerät mit Stechhilfe, muss wissen wie Blutzucker gemessen wird und die gemessenen Werte richtig beurteilen können. Auskennen muss sie sich ebenfalls mit der Handhabung von Insulinpen, Nadeln und dem korrekten Einstellen der Insulindosis. Das Spritzen des Insulins, subcutan, muss sie selbstverständlich ebenfalls erlernen. Sie sollte über mögliche Komplikationen und Gegenmaßnahmen aufgeklärt sein, besonders Symptome einer plötzlichen Hypoglykämie (Unterzuckerung) erkennen und gegebenenfalls mit Traubenzucker gegensteuern.

In 90 Prozent der Fälle reichen mehr Bewegung und Veränderung der Essgewohnheiten aus, um einen Schwangerschaftsdiabetes in den Griff zu bekommen.

Blutzuckerspitzen vermeiden, aber wie? Die Schwangere soll nicht mehr als 1800 bis 2400 Kilokalorien pro Tag aufnehmen und diese am besten auf fünf bis maximal sieben kleine Mahlzeiten verteilen. Die Nahrung, bestehend zu 40 bis 50 Prozent aus Kohlenhydraten, zu 30 Prozent aus Fetten und 20 bis 30 Prozent aus Eiweiß, ist im Vergleich zu der von gesunden Erwachsenen im Kohlenhydrat-Anteil leicht reduziert und im Eiweiß-Anteil leicht erhöht. Kohlenhydrate sind aus ein, zwei oder mehr Zuckermolekülen aufgebaut, die je nach ihrer Länge als Mono-, Di-, Oligo- oder Polysaccharide bezeichnet werden. Einfach- und Zweifachzucker schmecken süß und werden sehr schnell resorbiert. Vielfachzucker werden auch komplexe Kohlenhydrate genannt, schmecken nicht süß und müssen vor ihrer Resorption zunächst aufgespalten werden.

Kohlenhydratreiche Nahrungsmittel gehören zu den Energielieferanten. Vorgeschlagen wird auch bei Schwangeren der vorwiegende Verzehr von langsam resorbierbaren Kohlenhydraten wie man sie in Vollkornprodukten findet. Ein klares Nein wird zu Weißmehlprodukten, Süßwaren und Fruchtsäften ausgesprochen. Diese bestehen aus schnell resorbierbaren Zuckern, die auch schnell den Blutzucker in die Höhe treiben. Fette sind ebenfalls wichtige Energielieferanten. Sie werden als Triglyceride bezeichnet, weil sie aus einem Molekül Glycerin und drei Molekülen gleicher oder unterschiedlicher Fettsäuren aufgebaut sind. Sie können unterschieden werden in kurz-, mittel- und langkettige oder in gesättigt sowie einfach oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Qualitativ hochwertiger sind ungesättigte Fette.

Als Fettlieferanten dienen alle Koch- und Streichfette, fette Milch und Milchprodukte, Speiseöle (Sonnenblumen-, Oliven-, Distel-, Leinöl), Bauchspeck oder anderes, fettes Fleisch, Nüsse, Samen und Mandeln. Bei Schwangeren wie auch bei Nichtschwangeren sind pflanzliche Fette und Öle den tierischen vorzuziehen. Achtung vor den „versteckten Fetten“, die sich in vielen Wurstwaren, Streichkäse, Milch- und Joghurtzubereitungen, aber auch in Käse, Sahne, Mayonnaise, Schokolade, Fisch, Fleisch, Wurst sowie in viele Backwaren befinden. Eiweiße, auch als Proteine bezeichnet, dienen dem Körper als Baumaterial in dem er die einzelnen Aminosäuren zu neuen, körpereigenen Proteinen zusammensetzt. Hochwertige Eiweißquellen sind solche, deren Proteine einen besonders hohen Anteil an essenziellen Aminosäuren besitzen. Zu den tierischen Proteinquellen zählen Fleisch, Fisch, Eier und Milch, wovon die fettarmen Varianten zu bevorzugen sind.

Pflanzliche Proteine sind in Kartoffeln, Hülsenfrüchten, Gemüse, Vollkornprodukten und Nüssen enthalten. Die Eiweißwertigkeit ist ein Maß für die Qualität von pflanzlichem und tierischem Eiweiß. Sie ist umso höher, je besser ein durch die Nahrung aufgenommenes Eiweiß zur Produktion von körpereigenem Eiweiß genutzt werden kann. Durch Kombination verschiedener Lebensmittel kann diese gesteigert werden (Eier mit Kartoffeln oder Milch mit Kartoffeln) Zusätzlich sollten täglich 30 g Ballaststoffe in den Ernährungsplan eingebaut werden. Es sind pflanzliche Faser- und Quellstoffe.

Sie bewirken, dass die Nahrung länger und besser gekaut wird und lassen den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen. Typische Ballaststoff-Lieferanten sind neben frischem Obst auch getrocknete Früchte (Pflaumen, Rosinen und Aprikosen), sämtliches Gemüse, aber auch Vollkornprodukte wie Haferflocken, -kleie, Dinkelflocken, -kleie, Vollkornbrot, -nudeln sowie Nüsse und Samen. Zu den löslichen Ballaststoffquellen zählen Leinsamen, Flohsamen, Flohsamenschalen oder Chia-Samen.

Körperliche Fitness steigern Bewegung verbraucht Energie und der Blutzuckerspiegel sinkt. Deshalb hilft ein moderates Bewegungsprogramm im Alltag hohe Blutzuckerwerte zu normalisieren. Ein flotter Spaziergang nach der Hauptmahlzeit kann effektiv einen Blutzuckeranstieg vermindern. Ebenso steigt durch körperliche Aktivität die Empfindlichkeit der Zellen für Insulin. Also heißt das Motto „jeder Gang macht fit“, es gilt jetzt, die Treppe statt den Fahrstuhl zu benutzen. Als Sportarten eignen sich Walken, Schwimmen oder Radfahren und natürlich nicht die Schwangerschaftsgymnastik vergessen. Meistens verbessern sich durch oder mit der regelmäßigen Bewegung nicht nur die Blutzucker- sondern auch Blutfett- und Blutdruckwerte.

Fokus Glucosestoffwechsel Glucose ist plazentagängig, Insulin nicht. Unter der Einwirkung schwangerschaftstypischer Hormone wie humanem Plazentalactogen, Estrogen, Progesteron und Prolactin sowie der erhöhten Sekretion von Cortison können dem Organismus größere Energiemengen bereitgestellt werden. Die dafür benötigten erhöhten Blutglucosekonzentrationen bewirken eine Steigerung der Insulinausschüttung, was bei den Schwangeren zu einer relativen Insulinresistenz führt. Das ist normal. Die mütterliche Glucosehomöostase ist nun zwar schwieriger zu erreichen, gelingt aber bei gesunden Schwangeren.

Sie können sich physiologischen Blutzuckerwerten nähern, da sie durch eine gesteigerte Insulinproduktion gegensteuern. Schwangere, die einen Gestationsdiabetes entwickeln, können den erhöhten Blutzuckerwerten nicht ausweichen. Dies manifestiert sich meist ab der 20. Schwangerschaftswoche. Sind die mütterlichen Glucosewerte im Blut dauerhaft erhöht, führt das auch beim Ungeborenen zur Hyperglykämie, zur Stimulation der B-Zellen des fetalen Pankreas und zur fetalen Hyperinsulinämie.

Symptome – leider nein! Ähnlich wie zum Beginn eines Typ-2-Diabetes liegt die Gefahr darin, dass auch ein Schwangerschaftsdiabetes bei moderatem Verlauf zunächst keine typischen Symptome zeigt. Lediglich die sehr hohen Glucosekonzentrationen im Blut können unspezifische Anzeichen wie Müdigkeit, Schwäche oder Durst auslösen, die aber nicht selten als typische Schwangerschaftsbeschwerden gedeutet werden.

Zuckertest positiv Wird eine Schwangerschaft festgestellt, gehören verschiedene Vorsorgeuntersuchungen zum Standardprogramm: Kontrolle des Blutdrucks und des Gewichts, Urintest auf Bakterien sowie Eiweiß und Zucker, Check des Hämoglobingehalts im Blut, Bestimmung der Blutgruppe sowie des Rhesusfaktors, um nur einige zu nennen. Auch ein Glucosetoleranztest gehört zum Screening dazu. Für die Diagnose des Gestationsdiabetes bedarf es eines zweistufigen Testverfahrens. Routinemäßig wird zwischen der 23. und 28. Schwangerschaftswoche (SSW) ein sogenannter Suchtest (Glucose Challenge Test, GCT) durchgeführt. Unabhängig von der Tageszeit und davon was gegessen wurde beziehungsweise wann die letzte Mahlzeit war, muss die Schwangere 50 g Glucose in Wasser gelöst trinken.

Der Grenzwert des Blutzuckers beträgt 135 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) oder 7,5 mmol/l (Millimol pro Liter). Liegt der gemessene Blutzuckerwert nach einer Stunde unter diesem Grenzwert, ist der Test beendet und ein Gestationsdiabetes kann ausgeschlossen werden. Beim Erreichen des Grenzwertes oder Werten darüber hinaus, muss zeitnah ein sogenannter oGTT (oraler Glucosetoleranztest) durchgeführt werden. Dieser dient dem Ausschluss oder der Bestätigung eines Gestationsdiabetes. Beim oGTT muss die Schwangere nüchtern sein und darf acht Stunden nichts gegessen haben.

Es wird zunächst ihr Nüchternblutzucker bestimmt, dann erhält sie eine Lösung mit 75 g Glucose in 200 ml Wasser zu trinken. Weitere Blutzuckerwerte werden genau nach einer und nach zwei Stunden bestimmt. Werden auch hier vorgegebene Grenzwerte überschritten, ist das der Nachweis der Schwangerschaftsdiabetes. Gehört die Schwangere einer der Risikogruppen an, wird der Testzeitpunkt individuell festgelegt, hierzu vereinbart der Gynäkologe einen Termin vor der 23. SSW. Sechs bis zwölf Wochen nach der Entbindung wird empfohlen, erneut einen oGTT durchzuführen, um zu prüfen, ob sich die Blutzuckerwerte normalisiert haben.

Und jetzt? Ernährungsumstellung und mehr Bewegung, das sind die ersten Maßnahmen, die bei der Diagnose eines Schwangerschaftsdiabetes empfohlen werden. Schon bei 90 Prozent der Betroffenen gelingt es, da die körpereigene Insulinproduktion nun wieder ausreicht, die Blutzuckerwerte in den Normbereich zu verschieben. Folgende Zielwerte werden zugrunde gelegt: nüchtern sollten die Blutzuckerwerte 95 mg/dl nicht überschreiten. Postprandiale Werte, gemessen eine Stunde nach einer Hauptmahlzeit, sollten unter 140 mg/dl und nach zwei Stunden kleiner gleich 120 mg/dl sein.

Risikogruppen
Ursachen und Mechanismen eines Gestationsdiabetes sind weitgehend ungeklärt. Bei bestimmten Risikofaktoren kann jedoch ein gehäuftes Auftreten erkannt werden:
+ Adipositas vor der Schwangerschaft,
+ Diabetes mellitus Typ 2 in der Familie,
+ mütterliches Alter über 30 Jahre,
+ Gestationsdiabetes während einer früheren Schwangerschaft,
+ gestörte Glucosetoleranz vor der Schwangerschaft,
+ ein bereits geborenes Kind mit einem Geburtsgewicht von über 4500 g,
+ mehr als drei Fehlgeburten unbekannter Ursache in der Vorgeschichte sowie extreme Gewichtszunahme während der Schwangerschaft.

Komplikationen beim Kind Die Risiken der Frühsterblichkeit des Neugeborenen, einer Totgeburt oder Fehlbildungen steigen bei nicht therapierter Hyperglykämie stark an. Besonderes Augenmerk ist nach der Geburt auf den kindlichen Blutzucker zu richten. Da die mütterliche Zuckerzufuhr plötzlich fehlt, sinkt dieser stark ab. Das Neugeborene wirkt oft gereizt, schreit oder ist manchmal auch lethargisch und es kann in extremen Fällen zu Krampfanfällen oder Atemaussetzern kommen. Prophylaktisch wird das Neugeborene innerhalb der ersten halben Stunde nach der Geburt gestillt oder ein Dextrosegel in die Wangenschleimhaut massiert. Als Schulkinder zeigen solche Kinder meist eine Glucosetoleranz und neigen zu Adipositas, was sich auf die starke Beanspruchung der Bauchspeicheldrüse während der Schwangerschaft im Mutterleib zurückführen lässt.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/2021 ab Seite 58.

Bärbel Meißner, Apothekerin

×