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Schon mal da gewesen?

FRAUENBILD IN DER KUNST

„Femme fatale“ – ein schillerndes, im 19. und 20. Jahrhundert vielfältig in der Kunst aufgegriffenes und stark klischeebehaftetes Vorstellungsbild, dem sich derzeit eine Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle widmet.

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Sie sitzt auf einem Felsen, die schöne Loreley, und spielt Laute auf diesem Ölbild. Ihr goldblondes Haar fällt unter einer Haube herab über Schultern und Rücken. Das knappe helle Oberteil lässt eine Brust frei. Ungerührt schaut sie hinunter auf den Fluss, auf zwei Männer in einem seltsam schrägen Boot. Die beiden kentern offensichtlich, haben aber gleichzeitig nur Augen für Loreley.

Wer das Gemälde von Carl Joseph Begas aus dem Jahr 1835 anschaut, findet darauf eine bekannte Sagengestalt des Rheins dargestellt, und zwar als sogenannte Femme fatale, als verhängnisvolle Frau. Mit diesem Begriff werden Frauen beschrieben, die attraktiv sind, erotisch-verführerisch – und die unter Einsatz ihrer Schönheit und Sexualität Männer in ihren Bann ziehen, damit in Gefahr bringen oder sogar ins Unglück stürzen.

Die Frauendarstellung in der Kunst – ein einziges Klischee?

Die Ausstellung demonstriert anhand von 200 Exponaten, wie das Klischeebild der verhängnisvollen Frau im Lauf der Zeit in Frage gestellt, verwandelt, aufgelöst wird. Gezeigt werden die Interpretationen biblischer, mythologischer und literarischer Frauengestalten wie zum Beispiel die Loreley. Oder Salome, die als Gegenleistung für einen verführerischen Tanz den Kopf von Johannes dem Täufer verlangt.

Ab 1900 werden auch reale Frauen als Femmes fatales klassifiziert und entsprechend gemalt und fotografiert: Tänzerinnen, Schauspielerinnen, Künstlerinnen aus Großstädten wie Paris, Wien oder Berlin. Immer wieder wird die von einer Femme fatale ausgehende Gefahr durch langes, lockiges, ungebändigtes Haar symbolisiert. Durch Schlangen am nackten Frauenkörper, spärliche Bekleidung, irr wirkende Blicke.

Doch auch spöttische Kunst zum Thema ist gehängt, so Gustav Adolf Mossas „Gesättigte Sirene“ von 1905: Ein übergroßes Wesen in Federkleid und mit Krallenfuß thront über einem Meer, darin untergegangene Schiffe und Bauwerke, aus dem Mund seines puppenhaften Frauengesichts tropft Blut, der Blick ist zufrieden.

Femme fatale seit Beginn des Feminismus obsolet?

Spätestens mit feministischer Kunst ab den 60er Jahren wird, so behauptet es die Ausstellung, die Femme fatale abgeschafft. Neue Erzählungen von Weiblichkeit, Körperlichkeit und Sexualität finden in der Kunst ihren Platz. Der Untertitel der Ausstellung lautet aber nicht grundlos „Blick – Macht – Gender“.

Thematisiert werden auch der männliche Blick auf Frauen, patriarchale Prägungen in der Kunst, die teilweise Vermischung von Rassismus und Antisemitismus mit Femme-fatale-Motiven. Was sich von diesen überlebt hat, was nicht – darüber nachzudenken, regt die Ausstellung an. Beispielsweise über die anhaltende Dämonisierung von weiblichem Haar in Form des Kopftuchgebots in bestimmten Ländern.

Noch einmal zur Loreley: Dass sich Femme-fatal-Mythen pulverisieren lassen, zeigt Aloys Rump mit zwei Gemälden „Loreley – Rheinaufwärts“ bzw. „Rheinabwärts“ von 2022. Sie zeigen Felsen pur und sind gemalt mit Marmorstaub und Schiefermehl aus der Grube Rhein Bacharach.

Ausstellung „Femme fatale – Blick – Macht – Gender“ , bis 10. April in der Hamburger Kunsthalle, inklusive umfangreichem Begleitprogramm.

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