Eine Illustration zeigt einen Menschen, der einen übergroßen Stift in der Hand hält. Er geht an einer Zielgeraden entlang, auf der fünf Felder markiert sind. Zwei davon hat der Mensch abgehakt.© Nuthawut Somsuk / iStock / Getty Images Plus
Fünf abrechenbare pharmazeutische Dienstleistungen hat die ABDA herausgegeben, zwei davon dürfen PTA anbieten. Sind Sie schon vorbereitet?

Pharmazeutische Dienstleistungen

BLUTDRUCKMESSEN UND INHALATIONSSCHULUNG IM ÜBERBLICK

Was längst Apothekenalltag war, wird nun vergütet: Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind in aller Munde. Auch PTA werden miteinbezogen und können zwei der Dienstleistungen direkt umsetzen. Das sagen die aktuellen Leitlinien dazu.

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Sie machen es fast jeden Tag: Medikamente abgeben, dazu beraten, die Handhabung erklären oder vorführen. Dazu Blutzucker- oder Blutdruck messen – es mag sogar Kund*innen geben, die extra dafür täglich vorbeischauen. Und doch: Mit der Routine schleicht sich auch Unachtsamkeit ein. Zur Sicherung des Qualitätsmanagements bietet sich zudem ein standardisiertes und gut dokumentiertes Vorgehen an – auch für diese täglichen Arbeiten.

Die ABDA stellt auf ihrer Website in einem gesonderten Bereich Arbeitshilfen zur korrekten und standardisierten Umsetzung verschiedener pharmazeutischer Angebote zur Verfügung,auch für die Blutdruckmessung oder die für die Beratung von Menschen mit Asthma. Wir haben das Wichtigste für Sie zusammengefasst.

Blutdruckmessung: in Ruhe und am Oberarm

Den Anspruch haben alle Versicherten inne, die einen Bluthochdruck haben und mindestens ein verordnetes blutdrucksenkendes Mittel einnehmen. Und zwar einmal jährlich oder nach Neuverordnung beziehungsweise Änderung der Therapie (im besten Fall sollte die Medikation zwei Wochen eingenommen worden sein).

Ein separater, ruhiger Bereich ist Voraussetzung für die Messung. Die ABDA empfiehlt ein Oberarm-Messgerät mit vollautomatisierter Dreifachmessung, zusätzlich ein Stethoskop-Messgerät als Alternative. Prinzipiell kann aber jedes validierte, mit einem Gütesiegel ausgezeichnete Gerät verwendet werden. Die Geräte sollten alle zwei Jahre einer messtechnischen Kontrolle unterzogen werden.

Platzieren Sie den Kunden oder die Kundin auf einem Stuhl, er oder sie soll für mindestens fünf Minuten entspannt sitzen können. Während der Sommerhitze oder nach großer körperlicher Anstrengung auch ein paar Minuten länger. Hat die Person kurz vorher Alkohol getrunken oder Koffein beziehungsweise Nikotin zu sich genommen? Dann könnten die Werte verfälscht sein – es empfiehlt sich ein einstündiger Verzicht vor der Messung. Bevor Sie loslegen, lassen Sie sich noch ein paar Fragen beantworten: Liegen Herzrhythmusstörungen vor oder eine chronische Erkrankung wie Diabetes mellitus? Eine fortgeschrittene Schwangerschaft? Dann lieber zum Stethoskop greifen, da oszillometrisch arbeitende Messgeräte hier häufig störanfällig sind.

Und jetzt geht es los: Insgesamt drei Messungen im Abstand von ein bis zwei Minuten müssen durchgeführt werden (sollte das Gerät das nicht automatisch tun). Der Messarm soll ruhig auf einer Unterlage liegen, auf eine Unterhaltung sollte, der Messwerte zuliebe, verzichtet werden. Der untere Rand der Oberarmmanschette wird gut zwei Querfinger über dem Ellbogen platziert, der Schlauch läuft vom Arm weg in Ihre Richtung. Endlich darf der Knopf gedrückt werden – das war‘s. Die Werte können Sie auf einer standardisierten Vorlage eintragen.

Den Bogen nehmen die Versicherten mit, zusätzlich können die Werte in einem Blutdruckpass protokolliert werden oder auch in der Kundendatei der Apotheke. Achtung: Blutdruckwerte über 180 zu 110 mmHG stellen einen ärztlichen Notfall dar!

Wer im Team darf welche Leistung erbringen?
Die standardisierte Risikoerfassung bei Bluthochdruck dürfen alle erbringen: Von PTA im Praktikum über Pharmazeut*innen im Praktikum bis zum approbierten Personal. PTA und Approbierte dürfen auch Inhalatoren erklären, Praktikant*innen nicht. Die restlichen Dienstleistungen dürfen nur dann abgerechnet werden, wenn sie von approbierten Apotheker*innen mit entsprechender Zusatzqualifikation erbracht werden.

Asthmaschulung: Jeder Inhalator ist anders

Wird ein Inhalator falsch angewendet, hat das erhebliche Auswirkungen auf das Therapieergebnis und die Therapietreue des Betroffenen. Schon eine einmalige Einweisung kann hier Einfluss nehmen. Anspruch auf die Leistung haben alle Versicherten ab sechs Jahren mindestens einmal im Jahr oder mit einer Neuverordnung eines Devices, einem Device-Wechsel oder wenn sie während der vergangenen zwölf Monate laut Selbstauskunft keine Einweisung mit praktischer Übung für ihr aktuelles Inhalationssystem erhalten haben und nicht in Asthma- oder COPD-Programmen eingeschrieben sind. So lange ein Inhalator benötigt wird, ist die Diagnose unerheblich.

Die Videos der Deutschen Atemwegsliga e.V.
Auf dem YouTube-Channel der Deutschen Atemwegsliga finden Sie viele Anwendungsvideos, die die Handhabung von Dosieraerosolen, Pulverinhalatoren oder Inhalationssystemen zeigen: www.youtube.com/c/AtemwegsligaDe/videos

Gehen Sie gemeinsam in einen separaten, ruhigen Bereich und halten Sie verschiedene Dummys bereit. Die Übungen sollten im aufrechten Stehen oder Sitzen stattfinden. Lassen Sie sich zunächst zeigen, wie der oder die Versicherte den Inhalator normalerweise anwendet (dies entfällt bei einer Neuverordnung). Die ABDA stelle eine Checkliste mit insgesamt 19 Punkten zur Verfügung, mit der Sie diese Inhalation dokumentieren können. Bei Anwendungsfehlern kann im Nachgang auf jeden Punkt eingegangen werden. Die korrekte Anwendung wird im Anschluss gemeinsam geübt. Bei einer Neuverordnung wird direkt mit der Übung gestartet: mit einem Dummy, Schulungsvideos, Infomaterial.

Haben Sie Bedenken bezüglich der Device-Wahl? Pharmazeutische Bedenken können notiert werden: Manchmal genügt es schon, den Rabattpartner nicht auszuwählen, sondern beim gewohnten Device zu bleiben. Treten trotz wiederholter Schulung Handlungsfehler auf, könnte ein Device-Wechsel vorteilhaft sein – dies darf aber nur der behandelnde Arzt beziehungsweise die Ärztin durchführen. Sie dürfen Ihre Empfehlung aber notieren.


Kommentar von Gesa Van Hecke, PTA und Redakteurin

Wundern Sie sich, warum meine Kollegin hier nur über Blutdruckmessung und Inhalationsgeräteschulungen schreibt – hat sie die Interaktions-Checks und die Beratung nach Organtransplantation oder bei oraler Tumortherapie vergessen? Nein, hat sie nicht. Zu letzteren drei Themen ist eine Fortbildung zur Medikationsanalyse nötig, die nur für Apotheker*innen vorgesehen ist – wir schreiben aber für PTA. Traut die ABDA uns PTA also nicht einmal nach einer Fortbildung zu, zu Wechselwirkungen zu beraten, obwohl die fast 70 000 PTA in den deutschen Apotheken das bereits täglich leisten?

Ich frage mich, wie das im Alltag aussehen soll. Nimmt die Apothekenleitung hin, dass sie die Beratung durch manche Angestellte abrechnen kann, durch andere nicht? Oder vielleicht dürfen dann nur noch fortgebildete Apotheker*innen zu Wechselwirkungen beraten. Neue Standardbegrüßung durch PTA: „Guten Tag, was kann ich für Sie tun? Ach, eins gleich vorweg: Wenn Sie wissen möchten, ob Ihr neues Arzneimittel zu Ihren anderen Medikamenten passt, fragen Sie besser jemand anderen!“ Man könnte natürlich auch Schilder über den Kassen aufhängen: Links anstellen, wenn Sie beraten werden möchten, rechts, wenn Sie schon alles wissen. Falls Sie doch noch Fragen bekommen, stellen Sie sich bitte wieder hinten an, gehen Sie nicht über Los, danke.

In einigen Bundesländern ist die schulische PTA-Ausbildung kostenlos und PTA können künftig  Praxisanleiter*innen für Auszubildende werden – das reicht aber nicht, um den Beruf attraktiver zu machen. Nicht nur, dass die Bestimmungen immer komplexer werden und den Alltag erschweren, es fehlen auch Weiterbildungs- und Aufstiegschancen. Nicht zuletzt fehlt es an einer ordentlichen Bezahlung: Der Aldi bei mir um die Ecke sucht gerade „Verkäufer*innen (m/w/d), 21 Stunden wöchentlich, 14,40 €/h“. PTA im fünften Berufsjahr verdienen laut Bundesrahmentarifvertrag rund 14,20 Euro. Und es fehlt die gesellschaftliche Anerkennung für einen Beruf, in dem man viel Verantwortung trägt, aber nie offiziell, für den man eine Menge Fachwissen braucht und eine Riesenportion Geduld mit ungeduldigen Kund*innen. Auf diese Anerkennung dürfen PTA aber wohl weiterhin nur hoffen, wenn die Regelungen zu den pharmazeutischen Dienstleistungen Ihnen die Beratungskompetenz abspricht und sie zum Blutdruckmessen und Inhalieren-Üben verdonnern.


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