Hund mit drei Beinen.© bruev / iStock / Getty Images

Tiere in der Apotheke

HAUSTIER AUF DREI BEINEN

Die Amputation eines Beines ist nach einem Unfall, aufgrund eines inoperablen Tumors oder eines neurologischen Leidens oft die einzige Möglichkeit, schmerzfrei weiterleben zu können und beeinträchtigt die Lebensqualität des Tieres in der Regel kaum.

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Können Katzen und Hunde auch mit drei Beinen ein normales Leben führen oder reduziert das ihre Lebensqualität drastisch? Für viele Menschen ist der Anblick eines auf drei Beinen laufenden Tieres zunächst sehr ungewohnt und traurig. Die Entscheidung für eine Amputation fällt den meisten Tierbesitzern daher verständlicherweise nicht leicht, denn es bestehen Zweifel an einer tiergerechten Lebensqualität.

Amputation kann Leben retten Die Amputation einer Gliedmaße ist jedoch die letzte Behandlungsmöglichkeit, wenn eine normale Funktion der Extremität nach einer inoperablen Fraktur, wegen eines Knochen- oder Weichteiltumors an einer Extremität (Osteosarkom), aufgrund von Nervenschäden, wie zum Beispiel eine Nervus-radialis-Lähmung, oder einer Infektion nicht mehr hergestellt werden kann – und oft auch der einzige Ausweg, um ein Katzenleben zu retten.

Somit kann eine Amputation eine Alternative zur Euthanasie des Tieres darstellen. Dieser Eingriff wird zuvor eingehend mit dem Besitzer besprochen, um diesem ein besseres Bild über die Lebensqualität nach einer Amputation zu geben. Es ist wichtig bei der präoperativen Beratung darauf hinzuweisen, dass der Anblick eines dreibeinigen Tieres erst einmal gewöhnungsbedürftig ist.

Vor einer Gliedmaßenamputation wird eine orthopädische Untersuchung des Tieres durchgeführt. Da nun die kontralaterale Extremität, also das andere Vorder- oder Hinterbein, die fehlenden Gliedmaßenfunktionen ausgleicht und dadurch mehr belastet wird, sollte sie orthopädisch in Ordnung sein.

Lebensqualität wird kaum beeinträchtigt Eine Studie, in der Besitzer von beinamputierten Katzen und Hunden befragt wurden, ergab, dass kaum jemand postoperativ eine Verschlechterung der Lebensqualität seines „Dreibeiners“ feststellte. Im Gegenteil: 95 Prozent der Tierhalter würden wieder einem derartigen Eingriff zustimmen. Die Lebensqualität kann sich im Vergleich zum präoperativen Zustand sogar verbessern, da die Tiere keine Schmerzen mehr haben.

Aktiv und glücklich trotz Amputation Die Anpassungsfähigkeit der beinamputierten Tiere ist im Allgemeinen sehr gut. Bis etwa zwei Wochen nach der Operation sollten anstrengende Aktivitäten möglichst vermieden werden, aber anschließend dürfen Katzen wieder nach draußen gelassen werden. Die meisten früheren Aktivitäten können auch nach einer Amputation, unabhängig davon, ob eine Vorder- oder Hintergliedmaße amputiert wurde, wieder normal ausgeführt werden.

Gerade Katzen lernen erstaunlich schnell, sich auf drei Beinen fortzubewegen und können genauso wie vor der Operation auf die Jagd gehen. Schon nach zwei bis drei Wochen sind die meisten Katzen in ihrer Beweglichkeit kaum mehr von ihren Artgenossen zu unterscheiden. Unter Umständen können Katzen nach einer Amputation manchmal etwas schlechter klettern und springen und die Körperpflege oder das Kratzen hinter dem Ohr können wegen der fehlenden Gliedmaße beeinträchtigt sein.

Es hat sich gezeigt, dass Hunde wieder als Jagdhunde eingesetzt werden und wie früher neben dem Fahrrad laufen können – eventuell etwas eingeschränkt. Einige Hunde gehen auch weiterhin mit ihrem Besitzer joggen, auch wenn konditionelle Probleme auftreten können und gegebenenfalls Spaziergänge verkürzt werden müssen. Es kann also möglich sein, dass ein Hund nach einer Amputation langsamer läuft und die Gassi-Runden insgesamt kürzer ausfallen.

Auch das Einsteigen ins Auto, Treppensteigen und das Springen vom Sofa können nach so einem Eingriff schwieriger sein. Vor allem bei (großen) Hunden erweisen sich Vorderbeinamputationen manchmal als problematischer als die Amputation einer Hintergliedmaße. Das Körpergewicht scheint aber generell in keiner Relation zum Erfolg der Amputation zu stehen.

Die Amputation eines Beines bei Katze oder Hund verschlechtert meist nicht deren Lebensqualität.

Vollständige Entfernung der Gliedmaße Im Allgemeinen wird dazu geraten, eine hohe Amputation durchführen zu lassen. Wird das Schulterblatt belassen, kommt es postoperativ zu einer Atrophie der Schulterblattmuskulatur, was insbesondere bei kurzhaarigen Rassen kosmetisch stören kann. Bei einer Amputation der Hintergliedmaße im proximalen Drittel des Femurs bewegt sich der Stumpf postoperativ mit, was viele Besitzer irritiert. Die vollständige Entfernung des Schulterblattes gilt daher als besonders komplikationsarm und kosmetisch am akzeptabelsten.

Partielle Amputationen und die Verwendung von Prothesen sind inzwischen zwar auch in der Tiermedizin eine Behandlungsoption, aber nicht immer die beste Lösung für die Haustiere und die Halter, denn die Pflege eines Stumpfes oder einer Prothese ist zeitaufwendig und muss sorgfältig kontrolliert werden. Außerdem ist die Infektionsgefahr beim Stumpf sehr groß.

Fazit: Grundsätzlich hat sich gezeigt, dass Katzen und Hunde auch nach einer Gliedmaßenamputation eine hohe tiergerechte Lebensqualität haben und die Leistungsfähigkeit in vielen Fällen kaum oder nur in geringem Ausmaß reduziert ist.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 04/2022 ab Seite 90.

Dr. Astrid Heinl, Tierärztin

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