Eine Frau hält Fächer in beiden Händen aufgefächerte Geldscheine, reißt den Mund vor Freude auf und steht im Konfettiregen.
Können Gewinnspiele dazu beitragen, dass Menschen ihre Medikamente regelmäßig einnehmen? © Denis_Vermenko / iStock / Getty Images Plus

Therapietreue | Studie

GEWINNSPIEL ALS BELOHNUNG FÜRS TABLETTENSCHLUCKEN

Sollten finanzielle Anreize die ordnungsgemäße Einnahme von Medikamenten fördern? Dieser ungewöhnlichen Fragestellung gingen jetzt Wissenschaftler in Form einer Studie nach. Es traf dabei die Statine, jene Pillen also, die das „schlechte“ LDL-Cholesterin senken

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Manchmal müssen Menschen zu ihrem Glück gezwungen werden. In der Pharmazie nennt man das „Compliance“, ein schier unübersetzbarer Begriff aus dem Englischen, der die Bereitschaft eines Patienten zur aktiven Mitwirkung an therapeutischen Maßnahmen meint. Und die ist manchmal im Argen: Schätzungen zufolge nimmt weltweit die Hälfte aller chronisch Kranken ihre Medikamente nicht ordnungsgemäß ein. Dabei erhöht das die Morbidität und sogar die Mortalität der Kranken, was darüber hinaus natürlich auch das Gesundheitssystem belastet. Eine Forschergruppe aus den USA nahm dies zum Anlass, einen finanziellen Anreiz als Persistenz-fördernde Maßnahme genauer zu untersuchen. Persistenz meint „das Bestehen eines Zustandes über längere Zeit“ und in diesem Fall eine langfristig ordnungsgemäße Medikamenteneinnahme.

Konkret nahm eine Arbeitsgruppe um Dr. Iwan Barankay in einer randomisierten Studie unter die Lupe, ob ein Gewinnspiel (als finanzieller Anreiz) die Statin-Adhärenz langfristig verbessern und damit den LDL-Spiegel beeinflussen würde. Da Wissenschaftler gern mit Fremdworten um sich werfen, sei hier gesagt, dass Adhärenz die Einhaltung der gemeinsam von Patient und Behandler gesetzten Ziele bedeutet. Die Studienpopulation umfasste insgesamt 805 Erwachsene mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, suboptimaler LDL-Spiegel-Kontrolle und Anzeichen für eine mangelnde Therapietreue. Die Teilnehmer wurden in eine Kontroll- und in drei Interventionsgruppen eingeteilt. Bei letzteren war die Statin-Einnahme über sechs Monate mit einem finanziellen Anreiz in Form eines Gewinnspiels verbunden, um die Patienten auf eine regelmäßige Einnahme zu konditionieren. Der LDL-Spiegel wurde dann weitere sechs Monate später erneut evaluiert, um auch nach dem Ende der Intervention auf dauerhafte Verbesserungen zu testen. Alle Teilnehmer wurden täglich an die Medikamenteneinnahme erinnert. Sie erhielten außerdem eine elektronische Tablettendose, durch deren Öffnung die Statin-Adhärenz nachverfolgt wurde.

Kurios war das Ergebnis der Studie. So war (natürlich) die gemessene Adhärenz in den Interventionsgruppen höher – doch unterschied sich der LDL-Spiegel nach zwölf Monaten statistisch gesehen zwischen Interventions- und Kontrollgruppe nicht. Was die Studien-Autoren zu dem Satz veranlasste: „Finanzielle Anreize können die Adhärenz und somit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbessern, aber das optimale Vorgehen zur Förderung einer anhaltenden Adhärenz nach dem Wegfall von Anreizen ist noch unbekannt.“

Man könnte es auch so sagen: Wenn’s Geld dafür gibt, nehmen die Leute zwar ihre Tabletten regelmäßig, aber ihre Blutwerte verbessern sich dadurch trotzdem nicht. Dafür hätten die Probanden ihre Tabletten wohl auch nach den sechs Monaten des Gewinnspiels zuverlässig einnehmen müssen.

Mehr zum Thema Compliance und Adhärenz erfahren Sie hier:
Ich nehme meine Tabletten immer so, wie Sie gesagt haben, Herr Doktor!
Sieben Tipps fürs Tablettenschlucken
Besser therapiert mit App

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

×