Verschiedene Emotionen und Mimiken sind mit Köpfen in unterschiedlichen Farben dargestellt© woocat / iStock / Getty Images
In manchen Situationen geraten Menschen so stark unter Druck, dass Gefühle wie Wut, Ärger, Trauer oder Angst zum Vorschein kommen können.

Emotionsregulation

WIE MAN ADÄQUAT MIT DEN EIGENEN GEFÜHLEN UMGEHT

Gefühle sind ein wichtiger Bestandteil des Lebens, können uns jedoch auch übermannen und zur Belastung werden. Umso wichtiger ist, dass wir über Strategien zur Emotionsregulation verfügen, um auch mit negativen Stimmungen adäquat umgehen zu können.

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In manchen Situationen geraten Menschen so stark unter Druck, dass sie Gefühle von Wut, Ärger, Trauer oder Angst kaum aushalten können. Betroffene kämpfen dann damit, die Emotionen unter Kontrolle zu bekommen. Geraten sie häufiger in Situationen, in denen ihnen die Kontrolle entgleitet, kann dies sehr belastend sein. 

Die Steuerung der Gefühle bezeichnet man als Emotionsregulation. Auch das Erleben sowie die Regulierung der Dauer und Intensität der Emotionen fallen unter diesen Begriff. 

Gefühle nicht unterdrücken

Grundsätzlich sind Gefühle sehr bedeutsam, denn sie beeinflussen das eigene Verhalten und können sogar lebensrettend sein. Es ist zudem nicht sinnvoll, negative Gefühle zu unterdrücken, denn dies kann zu Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit führen.
Dennoch ist es wichtig, mit den eigenen Emotionen adäquat umzugehen. Man sollte beispielsweise seinem Ärger nicht einfach freien Lauf lassen und impulsiv handeln, da dies zu zahlreichen Nachteilen führen kann.

Durch die eigene Gefühlskontrolle nimmt man Einfluss darauf, wie man selbst bestimmte Situationen interpretiert, sich damit fühlt und wie andere darauf reagieren. Man ist den Emotionen also nicht hilflos ausgeliefert, sondern hat durch die eigenen Emotionsregulationsstrategien Einfluss auf deren Auswirkungen.

Betrachtet man die Emotionsregulation einmal genauer, lässt sich diese in zwei Arten unterteilen, und zwar in die

  • externale Regulation und
  • internale Regulation.

Die externale Emotionsregulation orientiert sich vor allem an den sozial erwünschten Verhaltensweisen, indem eine wütende Person beispielsweise ihre Gefühle kontrolliert und im Gespräch nicht laut wird.
Hingegen kann die internale Regulation etwa das bewusste Lenken der Aufmerksamkeit auf ein anderes Thema sein, anstatt sich von der unangenehmen Situation übermannen zu lassen. Dies wird auch als Frustrationstoleranz bezeichnet.

Fähigkeit zur Selbstbeherrschung

Die Emotionsregulation besteht aus fünf Phasen:

  • In Phase 1 tritt zunächst die Situation ein, welche die Gefühle durcheinanderwirft. Dies kann beispielsweise ein Anruf sein, bei der man die Entscheidung trifft, ob man ihn annimmt oder ignoriert.
  • In Phase 2 wendet man sich dem Problem zu und schenkt diesem seine Aufmerksamkeit. Die Bewertungsphase, erfolgt im Anschluss.
  • In Phase 3 geht es, wie schon erwähnt, um die Bewertungsphase. Sie hängt unter anderem vom Tonfall des Kommunikationspartners ab. Hat sich dieser wütend, bittend, verzweifelt, Rat suchend oder anklagend geäußert?
    Ist diese Beschwerde berechtigt? Braucht die Person Hilfe? Natürlich löst das Verhalten, das der Kommunikationspartner zeigt und das wir bewerten, eine emotionale Reaktion in uns aus – Phase 4.
  • In Phase 4 ist eine Bandbreite an Gefühlen vorstellbar, die von Mitgefühl, Gereiztheit, Hilfsbereitschaft bis hin zu Unverständnis, Wut oder Enttäuschung reichen kann.
  • In Phase 5 ist die eigentliche Emotionsregulation gefragt: Handelt es sich um ein verärgertes Gegenüber, ist es erforderlich, die eigenen Gefühle zu kontrollieren, um die Situation nicht eskalieren zu lassen. Auch wenn wir durch die möglichen Vorwürfe innerlich aufgewühlt sind, reagieren wir ruhig und gelassen und versuchen uns selbst zu kontrollieren. 

Wozu dient die Emotionsregulation?

Zum einen hat der adäquate Umgang mit Gefühlen eine soziale Funktion. Das bedeutet, dass man nicht jede negative Stimmung am Gegenüber auslassen sollte, um potenzielle Konflikte zu vermeiden.
Umgekehrt ist es manchmal auch nicht angebracht, Freude und Jubel zu stark auszudrücken, während Mitmenschen beispielsweise eine Frustration erleben. Wer etwa eine Beförderung erhält, während der Freund im Büro gekündigt wird, wird seine Freude in der Gegenwart der betroffenen Person vermutlich drosseln.

In verschiedenen Situationen, wie beispielsweise auf einer Beerdigung, werden zudem von der Gesellschaft bestimmte Gefühlszustände erwartet. Ein fröhliches und lautes Lachen auf einer Trauerfeier würde von den Trauernden als Affront gewertet werden.

Einfluss auf die Emotionen

Gefühle werden durch die Emotionsregulation bewusst gestärkt oder vermindert. Dies kann sowohl positive als auch negative Konsequenzen haben: Verstärken Betroffene negative Gefühle, suhlen sie sich oft in Selbstmitleid.
Aktivieren sie hingegen Glücksgefühle , indem sie sich immer wieder ihre Freude oder ihren Erfolg vor Augen führen, verbleiben sie in positiver Stimmung oder in einer Euphorie.

Es gibt verschiedene Interventionsmöglichkeiten, mit denen man Emotionen regulieren kann. Einige davon finden bereits vor der eigentlichen Situation, die erwartungsgemäß die Gefühle hervorrufen würde, statt.
Der amerikanische Psychologe James Gross definiert eine Strategie als „Situationsauswahl“. Betroffene entscheiden dabei selbst, ob sie sich den negativen Gefühlen und der entsprechenden Situation stellen oder ob sie die Situation verhindern und auf eine Vermeidungsstrategie zurückgreifen. Ganz gleich, wie sie sich entscheiden – die Situationsauswahl trägt bereits zur Emotionsregulation bei.

Eine weitere Strategie ist die „Situationsmodifikation“. In der potenziell bedrohlichen Situation können Betroffene sich etwa Hilfe holen und die ursprünglich bedrohliche Situation dadurch verändern.
Nach Gross zählt auch die „Lenkung der Aufmerksamkeit“ zu den Interventionsmöglichkeiten. Anstatt sich auf die negativen Emotionen zu fokussieren, beschäftigen Betroffene sich mit anderen lapidaren Gedanken und lenken sich dadurch ab.

Des Weiteren kann auch die „Kognitive Neubewertung“, das sogenannte Reframing, helfen. Dabei betrachtet man die positiven Seiten einer als negativ interpretierten Situation und macht sich bewusst, dass es gar nicht so schlimm sein kann.
Die „Modulation der emotionalen Reaktion“ bezieht sich auf eine Situation, in welcher die Gefühle bereits vorhanden sind. Mit verschiedenen Techniken, wie etwa durch Entspannungsübungen, geht man gegen die scheinbar unkontrollierbaren Gefühle vor. 

Tipps für Kunden in emotionalen Krisen

Manchmal reicht es schon, bewusst die Atmung zu verlangsamen, um sich in einer emotionalen Situation, in der man die Gefühle kaum kontrollieren kann, wieder zu beruhigen. Da Gefühle wie Wut und Ärger mit Muskelanspannungen einhergehen, helfen oft Entspannungstechniken, wie etwa

  • die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder
  • Autogenes Training, um die Anspannung abzubauen.

Es ist auch sinnvoll, sich eine Auszeit an einem ruhigen Ort zu gönnen, wenn man von den eigenen Gefühlen überflutet wird.
Diese kann zuhause in einem ruhigen Zimmer oder auch bei einem Spaziergang im Wald stattfinden. Auch eine selbstbewusste Körperhaltung beeinflusst Situationen, vor denen man Angst hat, positiv.

Bei emotionaler Anspannung wirkt sich zudem die Unterstützung von vertrauenswürdigen Mitmenschen entspannend auf die betroffene Person aus. Durch die Anwesenheit einer Bezugsperson fühlt sich die Situation weniger bedrohlich und somit bewältigbar an.

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