Bewegung als Prävention und Therapie
PTA-Fortbildung

Warum, wie viel und welchen Sport der Körper braucht

Sport ist gesund. Denn er beugt Krankheiten vor und kann sie lindern. Wie körperlich aktiv muss man sein, damit die Gesundheit profitiert? Und welche Art der Bewegung ist wann geeignet?

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Wer sollte mehr, weniger oder besonderen Sport treiben?

Das gleiche Maß an Aktivität gilt auch für Frauen während der Schwangerschaft oder nach der Geburt. Zusätzlich sollen sie sanftes Stretching durchführen. Bei Schwangeren lässt sich das Risiko von Präeklampsie, Schwangerschaftshypertonie, Gestationsdiabetes und einer exzessiven Gewichtszunahme in der Schwangerschaft reduzieren. Nach der Entbindung kann körperliche Bewegung Wochenbettdepressionen vorbeugen. 

Für Schwangere eignen sich besonders Sportarten, bei denen die Verletzungsgefahr gering ist, also beispielsweise Gymnastik, Schwimmen, Joggen oder Radfahren. Auf Ballsportarten, Reiten oder Klettern sollten Schwangere lieber verzichten.

Ebenso sollen Menschen mit einer chronischen Erkrankung oder Behinderung mit dem gleichen Pensum an Ausdauer- und Krafttraining aktiv bleiben. Allerdings sind bei den verschiedenen Erkrankungen die spezifischen Empfehlungen der jeweiligen Fachgesellschaften zu berücksichtigen. Hier kann es in einigen seltenen Fällen Einschränkungen geben. 

Beispielsweise konkretisieren die Leitlinien für Sportkardiologie von der European Society of Cardiology (ESC) welche Sportart und wie viel Aktivität bei den verschiedenen Herzerkrankungen möglich ist. 

Ein anderes Beispiel ist die S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der der Behandlung von onkologischen PatientInnen“. Sie rät Krebspatienten explizit, Inaktivität zu vermeiden und so bald wie möglich moderat bis anstrengend körperlich aktiv zu werden. Ziel ist die Behandlung und Prävention einer Fatigue sowie der Erhalt der Lebensqualität. Ihr Bewegungsprogramm soll Ausdauer-, Kraft- Koordinations- und Beweglichkeitstraining umfassen. Konkrete Sportarten werden nicht empfohlen, wobei Tai-Chi, Qigong und Yoga als Mind-Body-Verfahren Erwähnung finden.

Älteren Menschen ab dem 65. Lebensjahr empfiehlt die WHO, zusätzlich zu den allgemeinen Empfehlungen für Erwachsene an mindestens drei Tagen die Woche zunehmend in ihr Bewegungsprogramm Aktivitäten zu integrieren, die Gleichgewicht und Koordination trainieren sowie die Muskelkraft aufbauen, um Stürze zu vermeiden. Krafttraining hat zur Prävention von Stürzen die höchste Bedeutung. Aber auch Aktivitäten wie beispielsweise 

  • Aerobic, 
  • Gymnastik, 
  • Tai-Chi, 
  • Tennis, 
  • Yoga oder 
  • Tanzen 

spielen eine Rolle, da sie zum Erhalt des Gleichgewichts beitragen. Letztendlich ist gesichert, dass aktivere Personen weniger Stürze als inaktivere erleiden. Eine Sturzprophylaxe hilft, vor sturzbedingten Knochenbrüchen zu bewahren, und ist daher auch für Osteoporose-Patienten wichtig.

Passende Aktivitäten im Alter

Prinzipiell muss körperliche Aktivität bei allen Erwachsenen in allen Altersstufen eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining umfassen. Bei der Wahl der geeigneten Sportart gilt es, mit zunehmendem Alter gewisse Regeln zu beachten. 

Ab einem Alter von 50 bis 60 Jahren ist der Erhalt der Funktionstüchtigkeit des Herz-Kreislauf-Systems eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Gesundheit im höheren Alter. Daher sollte ab dieser Lebensdekade, so die Experten, der Schwerpunkt auf Ausdauertraining gelegt werden. Dabei eignen sich 

  • Laufen, 
  • Radfahren, 
  • Schwimmen,
  • Rudern oder 
  • Skilanglauf

gleichermaßen. Das Krafttraining sollte überwiegend im mittleren und niedrigen Intensitätsbereich ausgeübt werden, das heißt zwischen 65 und 80 Prozent beziehungsweise unter 65 Prozent der Maximalkraftleistung. Regelmäßige Koordinationsübungen (z. B. Golf, Tennis) ergänzen das Trainingsprogramm.

Ab 60 Jahren wird regelmäßiges Krafttraining immer wichtiger, da durch Stoffwechselveränderungen Muskelmasse und damit auch die Muskelkraft nun merklich schwinden. Während dieser Prozess anfangs (etwa ab dem 50. Lebensjahr) noch langsam verläuft, beschleunigt er sich ab dem 60. Lebensjahr deutlich. 

Der Alterungsprozess der Muskulatur erfolgt nicht nur quantitativ, zudem ist die Qualität der Muskeln betroffen. Vor allem kommt es zu einem Verlust der schnellen, weißen Muskelfasern, die viel Kraft entfalten können und für schnelle, kraftvolle Aktivitäten erforderlich sind. Die Einbuße an weißen Muskelfasern ist daher mit einer Abnahme der Schnellkraft verbunden, die in vielen Aktivitäten des täglichen Lebens eine zentrale Rolle spielt (z. B. beim Treppensteigen, vom Stuhl aufstehen). 

Muskeln 
Damit Muskeln ihre Arbeit erfüllen können, sind sie aus roten und weißen Muskelfasern zusammengesetzt.
Die roten Muskeln enthalten viel Myoglobin, das sie optimal mit Sauerstoff versorgt. Dadurch können sie ausdauernd arbeiten, entfalten aber nicht so viel Kraft. Da sie dabei nur langsam kontrahieren, werden sie auch als langsame Fasern bezeichnet. Dieser Fasertypus ist für den Ausdauersport sehr wichtig.
Hingegen können die weißen Fasern auch ohne Sauerstoff Energie gewinnen. Sie entfalten schnell hohe Kraft, allerdings nur für kurze Zeit, da sie schnell ermüden. Da sie schnell kontrahieren, werden sie auch als schnelle Fasern bezeichnet. Sie ermöglichen intensive, kraftvolle Bewegungen, wie sie beim Krafttraining erforderlich sind. 
Ein untrainierter Mensch besitzt etwa 45 Prozent langsame und 55 Prozent schnelle Fasern. Je nach ausgeübtem Training kann ein Sportler bis zu 90 Prozent schnelle (z. B. Sprinter) oder langsame Fasern (z. B. Ausdauersportler) aufweisen.

Außerdem führt die Abnahme der Muskelmasse zu einem Verlust an maximaler Sauerstoffaufnahme, was wiederum mit einem Rückgang der körperlichen Leistungsfähigkeit einhergeht. Damit verschiebt sich die Balance der energieverbrauchenden Zellen hin zu den Fettzellen, was die Entwicklung unterschiedlichster Stoffwechselkrankheiten begünstigt.

Damit man langfristig am Ball bleibt, sollte die Art der Bewegung vor allem Spaß machen!

Für Sport ist es nie zu spät

Das Gute ist aber, dass sich selbst im hohen Alter noch Muskelmasse und Knochendichte aufbauen und die Mobilität steigern lassen. Jede Muskulatur kann innerhalb von zwölf Monaten um mehr als 100 Prozent gestärkt werden. Studien zufolge können 65-Jährige durch Krafttraining innerhalb von vier Monaten auf den Stand eines untrainierten 30-Jährigen gelangen. 

„65-Jährige können durch Krafttraining innerhalb von vier Monaten auf den Stand eines untrainierten 30-Jährigen gelangen.“

Es lohnt sich also, in jedem Alter mit Sport anzufangen oder die sportliche Aktivität zu intensivieren, wie Sportmediziner betonen. Das Wichtigste dabei ist, sich so regelmäßig wie möglich zu bewegen, wobei die Belastungen stets variiert werden sollten. 

Ebenso sind Ausdauer und Koordination weiterhin zu trainieren. Dabei sollte der Bewegungsapparat nicht unterfordert werden. Fitness-Sportarten wie Aquajogging oder Erlebnissportarten wie Wandern und Skilanglauf sind immer noch möglich.

Im fortgeschrittenen Alter, etwa ab 70 Jahren, ist auf Sportarten mit hohen Intensitäten und Gelenkbelastungen zu verzichten. Nordic Walking oder Spazierengehen sind als gelenkschonende Alternative dem Joggen vorzuziehen. Weiterhin zählt Wandern zu den geeigneten Ausdauersportarten. 

Auch Radfahren ist immer noch optimal, allerdings nur, wenn keine akuten Kniebeschwerden vorliegen. Um die Gelenke nicht zu stark zu belasten, sollten am Fahrrad keine zu schweren Gänge eingestellt werden. Alternativ eignet sich auch ein E-Bike. 

Das zusätzlich erforderliche Krafttraining kann immer noch an Geräten stattfinden oder mit Hanteln erfolgen. Als gute Alternative empfehlen Sportmediziner Übungen mit einem Latexband. Die elastischen Bänder sind kostengünstig, können in fast jeder Umgebung zum Einsatz kommen und führen auch bei funktional eingeschränkten Senioren zum Kraftzuwachs. 

Wichtig ist immer, so die Experten, dass die Übungen mit einer Intensität durchgeführt werden, bei der die Sporttreibenden spüren, dass die Muskulatur arbeitet. 
Zwei Trainingswege führen dabei zum Ziel. Entweder erfolgt das Training in einem hohen Wiederholungsbereich (12 bis 15 Wiederholungen pro Satz) bei mittlerer Belastung. Oder es wird mit hoher Intensität (hohe Gewichte) mit wenig Wiederholungen (bis zu sechs) trainiert. Letztere Trainingsform fordert besonders die weißen Muskelfasern, die im Alter am schnellsten schwinden. 

Beweglichkeit und Koordination lassen sich beispielsweise in Gymnastik-, Yoga- und Tanzkursen schulen. Am gemeinsamen Sporttreiben in Kursen haben Senioren häufig besonders viel Spaß, nicht zuletzt aufgrund der Gemeinschaft, die sie dort erleben.

Check-up erforderlich
Vor dem Sport-Einstieg ist für ältere Personen ein Gesundheits-Check-up wichtig. Aber auch jüngere Personen, die vorher überwiegend inaktiv waren, sollten vor Aufnahme vermehrter körperlicher Aktivität mit ihrem Hausarzt sprechen. Diese Empfehlung geben Sportmediziner Einsteigern bereits ab einem Alter von mehr als 35 Jahren. 

Ebenso sollten sich Patienten mit Vorerkrankungen vor Beginn ihres Bewegungsprogramms immer einem Arzt vorstellen, der ihre Belastbarkeit checkt und eine darauf abgestimmte individuelle Trainingsintensität empfiehlt. 

Manchmal kann auch eine Dosisänderung der Medikation notwendig werden, die unbedingt vor Trainingsbeginn besprochen werden muss. Dies ist typischerweise bei Diabetikern der Fall. Da bei ihnen durch körperliche Aktivität der Blutzucker gesenkt wird, kann sich das Hypoglykämie-Risiko erhöhen.

Buchvorstellung
Wer tiefer in das Thema „Sport und Gesundheit“ einsteigen möchte, für den eignet sich das Buch „Körperliche Aktivität und Gesundheit“. Es gibt einen Überblick über den aktuellen Kenntnisstand zum Thema Bewegung und Gesundheit. Auf 435 Seiten informieren die Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Disziplinen wie Sportmedizin, Sportwissenschaft, Gesundheitswissenschaften und Psychologie umfassend über präventive und therapeutische Ansätze der Bewegungs- und Sportmedizin. Dabei werden wissenschaftliche Grundlagen erläutert, Studien aufgeführt und bewährte Praxisbeispiele gegeben.

Winfried Banzer (Hrsg.)
Körperliche Aktivität und Gesundheit
Präventive und therapeutische Ansätze der Bewegungs- und Sportmedizin
Mit 60 Abbildungen
Springer-Verlag, 459 Seiten, 119,99 Euro
ISBN 978-3-662-50334-8

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