Hilfsmittelversorgung
PTA-Fortbildung

Licht ins Dunkel

Die meisten Rezepte, die in der Apotheke eingelöst werden, sind über Arzneimittel ausgestellt. Nur eine geringe Anzahl betreffen Hilfsmittel. Doch gerade sie verursachen einen großen Aufwand.

16 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. Mai 2020

Vertragsdschungel Die Vertragssituation gestaltet sich bei der Hilfsmittelversorgung immer komplexer und unübersichtlicher. Inzwischen sind immer mehr Versorgungsverträge geschlossen worden, wobei getrennte Regelungen für verschiedene Produktgruppen existieren und viele lediglich auf regionaler Ebene gelten. Die unüberschaubare Vielfalt macht die Belieferung von Hilfsmitteln für die einzelne Apotheke häufig schwierig, zumal selbst die Apotheken-EDV meist nicht in der Lage ist, die vielschichtigen Vertragsregelungen abzubilden. Die Frage ist immer, ob man überhaupt oder gar noch Vertragspartner ist, denn die Verträge erfahren zudem andauernd Neuerungen und werden seitens der jeweiligen Krankenkasse oder auch seitens des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) beziehungsweise des zuständigen Landesverbandes (LAV) immer wieder geändert oder gekündigt.

Es ist also nicht leicht, den Überblick zu behalten. Aufpassen muss man beispielsweise immer bei Rezepten regionaler Krankenkassen, wie denen von AOK-Versicherten. Häufig erfolgte der Beitritt zum Vertrag nur mit der entsprechenden Landes-AOK. Kommt der Versicherte beispielsweise aus Hamburg und ist bei der AOK Rheinland/Hamburg versichert, kann er nicht ohne weiteres nur wenige Kilometer weiter sein Hilfsmittel-Rezept in einer Apotheke in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein zu Lasten seiner AOK einlösen. Die Apotheke muss vor der Belieferung eines Rezeptes einer anderen Landes-AOK erst einmal eine Genehmigung bei dieser einholen.

Ebenso muss eine Apotheke nicht immer automatisch Vertragspartner aller Ersatzkassen sein. Während ursprünglich ein bundesweiterer Vertrag des vdek für die Hilfsmittelbelieferung bestand, schließen inzwischen die Ersatzkassen für sich allein oder in einem ausgewählten Verbund mit anderen Krankenkassen Sonderverträge ab, die zudem oft noch nach einzelnen Produktgruppen differenziert sind. Die TK hat beispielsweise einen eigenen Hilfsmittelliefervertrag.

Versicherte haben einen Anspruch auf Hilfsmittel, wenn diese dazu dienen, den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen.


Durchblick schaffen Erste Hilfestellung in dem nahezu undurchschaubaren Vertragsdschungel geben Listen der regionalen Apothekerverbände, in denen für die Mitgliedsapotheken sämtliche Vertragspartnerschaften vermerkt sind. Allerdings sind diese Aufstellungen nicht immer aktuell, sodass eine (Rest)Unsicherheit bleibt, ob die Apotheke versorgungsberechtigt ist. Für mehr Transparenz sorgen EDV-gestützte Lösungen, in denen regelmäßig die aktuelle Vertragslage eingepflegt wird. Diese Hilfsmitteldatenbanken ermöglichen der Apotheke per Klick einfach nachzusehen, ob sie einem entsprechenden Vertrag beigetreten ist. Zudem ist für sie ersichtlich, zu welchen Konditionen abgerechnet werden kann.

Damit wird auf gegebenenfalls erforderliche Kostenvoranschläge und spezielle Präqualifizierungsanforderungen hingewiesen – alles ein enormer Informationsgewinn für die Apothekenmitarbeiter. Beispielsweise haben die Landesapothekerverbände/-vereine gemeinsam mit dem Deutschem Apothekerverband e.V. (DAV) und dem ABDATA Pharma-Daten-​Service ein Online-Vertragsportal (OVP) entwickelt. Mit dem OVP kann die Apotheke bei Hilfsmittel-Rezepten sofort prüfen, ob sie versorgungsberechtigt ist. Eine Verbindung zum Warenwirtschaftssystem ermöglicht zudem eine direkte Lagerabfrage. Allerdings sind bislang noch nicht alle Landesverbände an das OVP angeschlossen (z. B. Hamburg, Schleswig-Holstein).

HilmA hilft Dafür betreiben einige Apothekerverbände Clearingstellen, die die Mitgliedsapotheken bei der Bearbeitung von Hilfsmittelanträgen unterstützen. Die Apothekerverbände Schleswig-Holstein und Hamburg haben beispielsweise die „Hilfsmittelstelle für Apotheken“ (HilmA) ins Leben gerufen. Die HilmA übernimmt die Abwicklung des gesamten Genehmigungsverfahrens zwischen Apotheke und Krankenkasse. Dafür überprüft sie für ihre Apotheken die eingesandten Verordnungen vorab auf Genehmigungspflicht und Genehmigungsfähigkeit. Liegt eine Genehmigungspflicht vor, generiert sie einen Kostenvoranschlag und leitet diesen an die Annahmestellen der Krankenkassen weiter.

Bei nicht genehmigungspflichtigen beziehungsweise -fähigen Hilfsmitteln erhält die Apotheke zeitnah eine Mitteilung, sodass sie das Hilfsmittel möglichst schnell an den Kunden entweder zu Lasten der GKV oder zu Lasten des Kunden (bei nicht genehmigungsfähigen Hilfsmitteln) abgeben kann. Die Serviceleistung umfasst auch, dass die HilmA den Rücklauf der Kostenvoranschläge überwacht. Meldet sich die Krankenkasse nicht, verschickt die HilmA Mahnungen an die Krankenkasse, um den Genehmigungsprozess zu beschleunigen. Ebenso hilft die HilmA in den Fällen, in denen Krankenkassen einen elektronischen Kostenvoranschlag (eKV) fordern, indem sie diesen entsprechend weiterleitet.

Wie läuft das Prozedere praktisch ab? Der Apothekenmitarbeiter muss ein Antragsformular ausfüllen, das eine Kopie des Rezeptes und spezielle Angaben zum Hilfsmittel wie Pharmazentralnummer (PZN), Hilfsmittelnummer, bestellte Menge und den kalkulierten Verkaufspreis umfasst. Dieses faxt er an die Clearingstelle, die die Daten registriert und digitalisiert. Die Apotheke erhält eine automatische Fax-Bestätigung über den Eingang des Auftrages. Gibt es bei der Preiskalkulation Fragen, kann man die Clearingsstelle anrufen. Die Experten haben den vollen Durchblick im Dschungel der regionalen und überregionalen Verträge und können kompetent helfen.

Fazit Auch dieser Artikel hat versucht, Licht ins Dunkel der Hilfsmittelversorgung zu bringen. Da man sich dennoch bei Hilfsmitteln weiterhin nicht immer sicher sein wird, ob man sie korrekt beliefert oder abrechnet, sollte sich der Apothekenmitarbeiter in Zweifelsfällen nicht scheuen, lieber einmal mehr als zu wenig nachzufragen. Findet sich in der Apotheke keine Lösung, geben in der Regel die Apothekerverbände gerne Hilfestellung. Manchmal reicht auch ein Anruf bei der entsprechenden Krankenkasse, um Unklarheiten zu beseitigen.

Gode Chlond, Apothekerin

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