Ältere Frau © dolgachov / 123rf.com
Bereits bei der Abgabe des Arzneimittels sollten Sie auf Besonderheiten der Verpackung oder Anwendung hinweisen. © dolgachov / 123rf.com

Senioren und Arzneimittel

WENN DER KINDERSICHERE VERSCHLUSS DIE THERAPIE BEEINTRÄCHTIGT

Zur Arzneimitteltherapiesicherheit gehört auch die Sicherstellung einer Anwendung, die für jeden Patienten einfach und exakt durchführbar ist. Gerade Senioren berichten allerdings immer wieder von Problemen beim Öffnen von Verschlüssen, beim Verabreichen von Augentropfen oder beim Herausdrücken verblisterter Tabletten. Wie kann die PTA hierbei helfend zur Hand gehen?

Seite 2/2 5 Minuten

Seite 2/2 5 Minuten

Kritische Darreichungsformen Auch Inhalationssysteme gehören zu den klassischen beratungsintensiven Darreichungsformen, nicht nur bei Senioren. Ein gemeinsames Inhalationstraining mit Placebo-haltigen Demomodellen hilft, Unsicherheiten abzulegen. Zudem ist es sinnvoll, bei Folgeverordnungen immer wieder nachzufragen, ob die Anwendung Probleme bereitet. Ein Großteil der Inhalationen (ca. 40-80%) wird nicht richtig ausgeführt. Dies kann zur Folge haben, dass im schlimmsten Fall gar kein Arzneistoff am eigentlichen Wirkort ankommt. Gerade ältere Menschen haben Probleme mit den unterschiedlichen Systemen.

Unterstützen Sie sie beispielsweise durch das Vorbereiten des Inhalators (z.B. Einlegen der Patrone/des Pulver-Reservoire) oder machen Sie auf akustische Signale bei der Anwendung (Klicken beim Laden des Devices oder Anstechen der Pulverkapsel) aufmerksam. Bei Schwerhörigkeit kann ein angelegter Joghurtbecher oder die Vorbereitung auf der Tischplatte zur Resonanzverstärkung dienen. Geeignete Hilfsmittel wie Spacer können die schwer umzusetzende simultane Auslösung von Dosieraerosol und Einatmung unterstützen. In manchen Fällen kann auch eine Umstellung auf eine geeignetere Darreichungsform angezeigt sein (z.B. von Pulver- auf Dosieraerosol). Raten Sie in diesem Fall zu einem Gespräch mit dem behandelnden Arzt. 

Kleine Hilfen, große Wirkung Eine geeignete Darreichungsform zu finden kann auch außerhalb der Indikation von Asthma oder COPD problematisch werden. Viele Senioren leiden unter Mundtrockenheit, auch einige Arzneistoffe führen diese Nebenwirkung in ihrer Fachinformation auf. Das Schlucken einer Tablette kann dann eine regelmäßige Einnahme erschweren. Wenn die korrekte Einnahme auch nicht mit einer geeigneten Menge Wasser (200-250ml) gelingt und eine Umstellung auf dosisgleiche Tropfen, Kapseln oder Zäpfchen keine Option darstellt, kann eine Schluckhilfe (z.B. Medcoat®) angewendet werden.

Sie überzieht die Tablette mit einem gleitfähigen Film, der vor allem die Einnahme großer oder nicht überzogener Tabletten erleichtert. Auch beim Tablettenteilen gibt es praktische Helferlein, wenn die Fingerkraft nicht ausreicht. Tablettenteiler sollten unbedingt dem Küchenmesser vorgezogen werden, da sonst keine Teilung in gleiche Dosen gewährleisten werden kann. Bei der dermalen Anwendung kann mitunter auch Hilfe benötigt werden. Sogenannte Tubenquetscher oder –presser können nicht nur dem vollständigen Entleeren der Tube dienen, sondern auch deren Handhabung zur Applikation gleichbleibender Dosen (z.B. je 2 cm Salbenstrang) unterstützen.

Das Ziel vor Augen Lässt die Sehkraft im Alter nach, wird nicht nur das Lesen des Beipackzettels oder der Schrift der Packung zum Problem. Hier können übrigens bestimmte Vorlesedienste unterstützen. Auf www.patienteninfo-service.de sind bereits für viele Fertigarzneimittel sowohl entsprechende Audiodateien als auch Beipackzettel in vergrößerter Darstellung hinterlegt. Die handschriftliche Kennung der Packungen in der Offizin (z.B. METFORMIN, DIABETES) und ein übersichtlicher Medikamenten-Einnahmeplan in großer Schrift verbessern ebenfalls die Therapiesicherheit.

Ein besonderes Problem stellt an dieser Stelle auch die Einnahme arzneistoffhaltiger Tropfen dar. Wenn man die Tropfen nicht richtig sieht, ist eine korrekte Dosierung fast unmöglich und kann mitunter gefährlich werden. Auch hier können Joghurtbecher als Resonanzverstärker wirken: einfach reintropfen und die Geräusche mitzählen. Manche Systeme sind statt eines Tropfers mit einer Pumpe ausgestattet, so können die Pumpstöße gezählt werden (vorher Tropfenzahl in Pumpstöße umrechnen).

Ebenso stellen sogenannte Oraldispenser eine Alternative dar. Dazu die verordnete Tropfenzahl in Milliliter umwandeln, die Dispenser-Spritze mittels Adapter auf den Tropfer aufsetzten und dann die entsprechende Flüssigkeitsmenge entnehmen. Hier können Sie als PTA wirklich etwas bewirken! Gerade Senioren sind Ihnen sehr dankbar, wenn sie Ihnen empathisch und einfühlsam mit offenem Ohr zur Seite stehen und auf die Probleme bei der Applikation eingehen.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin



Quellen:
 

„Wenn der kindersichere Verschluss die Therapie beeinträchtigt”

×