Nervenzellen© whitehoune / iStock / Getty Images Plus
Die Nervenzellen des Vagusnervs kommen zwar aus derselben Schaltzentrale, steuern jedoch unterschiedliche Bereiche im Körper an und übernehmen somit auch verschiedene Aufgaben.

Magen-Darm-Trakt | Therapiemöglichkeiten

WIE NERVENZELLEN DAS SÄTTIGUNGSGEFÜHL STEUERN

Unser Gehirn und der Magen-Darm-Trakt sind im ständigen Austausch, wenn wir etwas essen. So haben sie das Sättigungsgefühl und den Blutzuckerspiegel im Blick. Vermittler ist hierbei der Vagusnerv, dessen Nervenzellen Forscher nun näher untersucht und dabei eine interessante Entdeckung gemacht haben.

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Wie läuft eigentlich die Kommunikation zwischen Gehirn und Magen-Darm-Trakt genau ab, wenn wir etwas essen, und wie erkennen Nervenzellen überhaupt, was wir essen? Ein Forscherteam des Kölner Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung, des Exzellenzclusters für Alternsforschung CECAD der Universität zu Köln und der Uniklinik Köln haben sich die Aufgabenteilung der Nervenzellen in der Schaltzentrale des Vagusnervs detailliert angeschaut. 

Bei ihren Untersuchungen haben die Wissenschaftler festgestellt, dass die Nervenzellen zwar aus derselben Schaltzentrale kommen. Zunächst einmal nichts Neues. Überraschend war allerdings, dass diese unterschiedlichen Bereiche im Körper ansteuern und somit auch gegensätzliche Funktionen übernehmen, wenn es um das Sättigungsgefühl und den Blutzuckerspiegel geht. Diese neuen Erkenntnisse könnten künftig gerade bei Therapien gegen Diabetes und Übergewicht eine wichtige Rolle spielen. 
 

Wesentliche Kommunikation über Vagusnerv

Alles, was wir essen, wird vom Magen-Darm-Trakt an das Gehirn gemeldet . So wird beispielsweise darüber entschieden, ob wir noch einen Teller Nudeln essen oder satt sind. Außerdem werden wichtige Informationen über den Blutzuckerspiegel vermittelt. Für diese gesamte Kommunikation ist der Vagusnerv die Schaltzentrale, der sich vom Gehirn bis in den Magen zieht. Wirft man nun einen genauen Blick auf die Schaltzentrale des Vagusnervs, das sogenannte Nodose Ganglion, so wird deutlich, dass von den verschiedenen Nervenzellen, die dort sitzen, einige den Magen und andere wiederum den Darm ansteuern. Außerdem reagieren sie auch unterschiedlich. Während manche auf mechanische Reize der Organe, wie die Ausdehnung des Magens, reagieren, nehmen andere chemische Signale, also Substanzen aus der Nahrung, wahr. Die spannende Frage bleibt nun, welche Funktionen diese unterschiedlichen Nervenzellen während des Essens übernehmen und welches Verhalten sie im Gehirn steuern. 

„Um die Aufgabenteilung der Nervenzellen im Nodose Ganglion zu untersuchen, haben wir die verschiedenen Typen von Nervenzellen durch ein genetisches Verfahren in Mäusen sichtbar gemacht. Das ermöglicht uns, genau zu sehen, welcher Typ Nervenzelle welches Organ ansteuert und gibt uns einen Eindruck davon, welche Signale wahrgenommen werden“, erklärt Studienleiter Dr. Henning Fenselau. „Außerdem können wir damit die unterschiedlichen Typen von Nervenzellen gezielt ein- und ausschalten, um ihre genaue Funktion während der Nahrungsaufnahme herauszufinden.“
 

Art der Nahrung entscheidend

Die Forscher fokussierten sich bei ihren Untersuchungen vor allem auf zwei wichtige Typen von Nervenzellen in dem gerade einmal einen Millimeter großen Nodose Ganglion. „Einer dieser Zelltypen erkennt die Ausdehnung des Magens. Werden diese Nervenzellen aktiviert, essen die Mäuse deutlich weniger“, erklärt Fenselau. „Diese Nervenzellen leiten Appetit-hemmende Signale an das Gehirn weiter und verringern darüber hinaus unseren Blutzuckerspiegel.“ Die zweite Gruppe von Nervenzellen steuert vor allem den Darm an. „Diese Gruppe von Nervenzellen nimmt chemische Signale aus unserer Nahrung wahr, hat aber keinen Einfluss auf unsere Nahrungsaufnahme. Stattdessen erhöht die Aktivierung dieser Zellen unseren Blutzuckerspiegel“, so Fenselau. Die Erkenntnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass die beiden Nervenzelltypen in der Schaltzentrale des Vagusnervs somit gegensätzliche Aufgaben während der Nahrungsaufnahme erfüllen.

Hierzu erklärt Fenselau: „Die Reaktion unseres Gehirns auf die aufgenommene Nahrung ist vermutlich ein Zusammenspiel dieser beiden Nervenzelltypen“. Die Aufnahme von Nahrung mit viel Volumen dehne unseren Magen, aktiviere die dort liegenden Nervenzelltypen. Diese stoppen ab einem gewissen Punkt die weitere Nahrungsaufnahme und passen gleichzeitig den Blutzuckerspiegel entsprechend an. Nahrung mit hoher Nährstoffdichte führe eher zu einer Aktivierung der Nervenzellen im Darm. Diese erhöhen den Blutzuckerspiegel weiter aktiv, indem körpereigene Glukose ausgeschüttet wird, stoppen aber nicht die weitere Nahrungsaufnahme.

Quellen:
Diba Borgmann, Elisa Ciglieri, Nasim Biglari, Claus Brandt, Anna Lena Cremer, Heiko Backes, Marc Tittgemeyer, F. Thomas Wunderlich, Jens C. Brüning, Henning Fenselau: „Gut-brain communication by distinct sensory neurons differently controls feeding and glucose metabolism“, Cell Metabolism, 26. Mai 2021.https://doi.org/10.1016/j.cmet.2021.05.002

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