Kann der in der Hanfpflanze enthaltene Wirkstoff Tetrahydrocannabinol dem Fortschreiten einer Demenz entgegenwirken? Neueste Studienergebnisse legen das nahe. © Светлана Зайцева / iStock / Getty Images Plus

Cannabinoid-Rezeptoren | Neue Studie

MACHT CANNABIS WIEDER JUNG?

Niedrige Dosen vom im Cannabis enthaltenen Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) könnte altersbedingtem Gedächtnisverlust entgegenwirken. Diese Hoffnung weckt eine neue Studie der Universität Bonn.

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Zumindest funktioniert es bei Mäusen: Niedrige Dosen von THC heben die kognitive Leistung von älteren Mäusen auf das Level von jungen Tieren – es dreht den Leistungsverlust älterer Tiere buchstäblich komplett um. Beobachtet wurde auch ein Zuwachs von Verknüpfungen der Nervenzellen, die eine essenzielle Rolle im Lernprozess spielen.

Basierend auf dieser Untersuchung richtete man das Augenmerk noch einmal auf den Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1) und stellte fest, dass er nicht nur für den Rauschzustand beim Cannabis-Konsum verantwortlich ist, sondern auch als Sensor für neuronale Aktivitäten im Gehirn dient. Fällt dieser aus, könnten chronische Entzündungen im Gehirn die Folge sein, was wiederum eine ungünstige Wirkung auf das Gedächtnis hat.

Im Alter werden kognitive Beeinträchtigungen des Gedächtnisses dadurch offensichtlich, dass es schwerer wird, Neues zu lernen oder mehreren Dingen gleichzeitig Aufmerksamkeit zu widmen. Das ist ein natürlicher Prozess und ganz normal – er kann aber auch Demenzerkrankungen begünstigen.

Bei der Alterung des Gehirns spielen Mikrogliazellen eine große Rolle. Unter anderem lösen sie über Transmitter einen entzündungsprotektiven Mechanismus aus. Allerdings kann dieser Schutzmechanismus auch dazu führen, dass gesundes Hirngewebe angegriffen wird. „Man weiß, dass dabei Endocannabinoide eine Rolle spielen“, erklärt Dr. Andreas Bilkei-Gorzo vom Institut für Molekulare Psychiatrie der Universität Bonn.

Doch im Alter nimmt die Aktivität der zuständigen Rezeptoren ab. Bei Mäusen, bei denen der Rezeptor ausgeschaltet war, beobachteten die Forscher, dass die entzündliche Aktivität der Mikrogliazellen dauerhaft erhöht war: „Als Folge sterben weitere Neuronen ab, sodass die Immunreaktion noch weniger gebremst wird.“ Die Forscher hoffen, dass Cannabis diesen Teufelskreis durchbrechen und dem Fortschreiten einer Demenz entgegenwirken kann: „Denn THC ist ein starker Aktivator des CB1-Rezeptors.“

Cannabis ist in Deutschland für den medizinischen Gebrauch legal in der Apotheke erhältlich, sofern der Arzt ein Rezept ausgestellt hat. Kanada geht noch einen Schritt weiter: Dort werden ab Mitte Oktober die Blüten der Hanfpflanze für jedermann erhältlich sein; der Staat erhebt darauf eine Steuer, ähnlich wie beim Tabak. Ein Schritt, den auch hierzulande mancher begrüßen würde: So sprach sich zu Beginn des Jahres der Bund Deutscher Kriminalbeamter für eine Legalisierung aus. Aktuell machen Cannabis-Vergehen 60 Prozent aller Rauschgiftdelikte aus. Den Löwenanteil von 84 Prozent bilden dabei die so genannten „konsumnahen Vergehen“: Bagatelldelikte, die losgelöst sind von Handel und Schmuggel. Drogenforscher sind sich sicher, dass es besser wäre, in Prävention und Aufklärung zu investieren anstatt Endverbraucher außerhalb des medizinischen Bereiches zu Straftätern zu machen.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Apotheke adhoc
   Spiegel online

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