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Immunstimulanzien

IMMUN-BOOSTER ZISTROSE

Die altbewährte Heilpflanze aus dem Mittelmeerraum entpuppt sich als Kick für das Immunsystem. Belege aus der Forschung lassen aufhorchen: Zistrose kann Krankheitserreger wie vor allem Viren und das Wachstum bösartiger Tumoren hemmen.

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Viele Heilpflanzen sind wertvolle Helfer, um das Abwehrsystem auf natürliche Weise gezielt zu unterstützen. Eines dieser Phytos macht derzeit zurecht ordentlich Furore: der in mediterranen Regionen beheimatete Strauch namens Zistrose. Von seinen insgesamt 24 Arten sind die graubehaarte Zistrose (Cistus incanus) und die kretische Zistrose (Cistus creticus) in medizinischem Einsatz.

Seit jeher geschätzt In den Ländern rund ums Mittelmeer bewährt sich die Zistrose seit der Antike als „Heilkraut für Körper, Geist und Seele“, wie sie in Schriften aus dieser Zeit firmiert. Darüber hinaus fungierte das Harz der Blätter, das bekannte Ladanum, als Kosmetikum – vor allem bei Haut- und Haarproblemen – sowie als Räuchermittel. Außer gut zu duften, machte es sich bestens bei Infekten der Atemwege.

Wieder hoch im Kurs Zu antiken Zeiten war natürlich noch nicht bekannt, worauf der große therapeutische Erfolg des Cistus-Krautes beruht. Inzwischen sind seine Inhaltsstoffe und deren Effekte weitgehend erforscht. Das Interesse der modernen Wissenschaft erregte die Zistrose erstmals mit dem Auftreten der Vogel- und Schweinegrippe: Ihre antiviralen Eigenschaften könnten möglicherweise gegen Virusinfekte genutzt werden. Im Jahr 2009 wurden deshalb die ersten klinischen Studien mit der Heilpflanze durchgeführt. Das war der Auftakt zur erneuten Erfolgsstory, in der sich die Zistrose einen hohen Stellenwert als immunstärkendes Phytotherapeutikum erobert hat.

Cystus 052 sorgt für den Durchbruch In einer Studie untersuchten Forscher der Charité in Berlin einen Extrakt aus Zistrose namens Cystus 052 bei Patienten mit einer viralen Infektion der oberen Atemwege. Mit bemerkenswerten Ergebnissen: Normalerweise klingen solche viralen Infekte erst nach etwa zehn Tagen ab, unter dem Extrakt war dies bereits nach drei Tagen der Fall. Cystus 052 ließ nicht nur die Beschwerden wesentlich schnelleren zurückgehen, sondern senkte auch die infektiös erhöhten Entzündungsparameter. Damit war der Durchbruch geschafft. Zistrose rückte immer mehr in den Fokus der Wissenschaft.

Ordentlich was drin und drauf Im Kraut der Zistrose stecken zahlreiche potente Wirkstoffe. Unter anderem ätherische Öle, Harze, Gerbstoffe und Polyphenole. Genau diese sekundären Pflanzenstoffe sind es, die Cistus zu einem so wirksamen Immun-Booster machen. Denn Polyphenole können entscheidende Proteine für die Anheftung und das Eindringen von Viren inaktivieren. Das versetzt die Zistrose in die Lage, pathogene Viren wirksam daran zu hindern, in die Wirtszelle des Organismus einzudringen. Zudem besitzen die Polyphenole in der Zistrose eine hohe antioxidative Wirkung – ihre Zellschutz-Kraft ist erheblich stärker als die der bekannten Radikalfänger Vitamin E und C. Weitere wissenschaftliche Untersuchungen bescheinigten diesen Cistus-Stoffen auch eine starke fungizide, also pilzhemmende, Wirkung. Sehen wir uns an, was die Polyphenole in Cistus noch so drauf haben.

  • Kaempferol Dieser Pflanzenstoff wirkt stark antioxidativ, entzündungshemmend und blutdrucksenkend, zudem tumorhemmend und antibakteriell.
  • Apigenin Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass Apigenin tumorhemmende Eigenschaften besitzt. Darüber hinaus hat es positive Effekte bei Typ-2-Diabetes, indem es Fetteinlagerungen vermindert und den Zuckerstoffwechsel anregt.
  • Ellagsäure Die Ellagsäure kommt überwiegend in der Zistrose vor, aber auch der Granatapfel enthält den krebsfeindlichen Wirkstoff.
  • Naringenin Diese Substanz wirkt überwiegend antioxidativ und lipidsenkend.
  • Quercetin Dieses Polyphenol stärkt das Immunsystem und kann den Stoffwechsel positiv beeinflussen. Besonders positiv hervorzuheben ist zudem seine Wirkungsweise bei Chemotherapien, denn die damit verbundenen Nebenwirkungen werden durch Quercetin deutlich verringert.

Zistrose in der Apotheke Noch hat die Zistrose keine Zulassung als pflanzliches Arzneimittel, eine Positiv-Monographie der Kommission E fehlt dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte noch. Mit den weiteren laufenden Studien, die der Pflanze laut aktuellem Stand auch eine Wirksamkeit bei bakteriellen Infektionen und Tumorerkrankungen bescheinigen werden, wird sich das sicherlich in Kürze ändern. Ungeachtet dessen ist getrocknetes und geschnittenes Zistrosen-Kraut (Cistus incanus herba) in Apotheken erhältlich. Diese Darreichungsform ist die gebräuchlichste.

Apothekenpflichtige Fertigpräparate (traditionell pflanzliche Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel) enthalten Extrakte der Art Cistus incanus L. Pandalis. Sie besitzt einen besonders hohen Anteil der wirksamkeitsbestimmenden Polyphenole. Aus diesem Grund wurde für sie auch Sortenschutz beantragt und bis 2035 genehmigt. Entscheidend ist, dass die Zistrose vorbeugend oder sofort bei den ersten Anzeichen einer Infektion eingesetzt wird. Hier einige Anwendungsmöglichkeiten für Ihre Beratung.

Bis in den Olymp
In Griechenland gibt es bis heute die Legende, dass die Götter auf dem Olymp der Zistrose die Aufgabe erteilten, die Wunden der in der Schlacht verletzten Kämpfer zu heilen.

Als Tee Bei Erkältungen und grippalen Infekte empfiehlt es sich, Zistrosen-Tee zu trinken. Für diesen Tee wird ein Esslöffel der getrockneten Blätter mit 250 Millilitern kochend heißem Wasser übergossen. Der Tee sollte fünf bis sieben Minuten ziehen, bevor man ihn in kleinen Schlucken trinkt. Um den bitteren Geschmack etwas abzumildern, können auch weitere, aromatischere Heilkräuter wie Melisse und Salbei zugemischt werden, die ebenfalls immunprotektive und teils antivirale Wirkungen haben. Je nach Geschmack kann man den Tee mit etwas Honig oder mit Zitronensaft verfeinern. Die empfohlene Dosis beträgt drei Tassen Zistrosen-Tee am Tag.

Zur Inhalation Der Tee lässt sich als Abkochung auch gut für eine Inhalation einsetzen. Dazu wie beschrieben den Tee zubereiten und in eine Schüssel gießen. Dann die daraus aufsteigenden Dämpfe mit einem über den Kopf gelegten Handtuch inhalieren. Etwa fünf Minuten lang, danach sollten sich Ihre Kunden eine Weile zuhause aufhalten, um Zugluft zu vermeiden.

Lokale Anwendung Natürlich können mit dem Tee auch Nasenduschen durchgeführt werden. Das dazu erforderliche Equipment bekommen Ihre Kunden auch bei Ihnen. Lutschtabletten sind beliebt und einfach anzuwenden. Sie tragen auch zur Linderung von Schleimhautreizungen im Mund-Rachenraum bei. Zur Anwendung sind die Einnahmeempfehlungen des Herstellers zu beachten. Rachensprays sind eine recht neue Anwendungsform. Auch hier sind zur Anwendung die Herstellerempfehlungen angezeigt.

Zu Risiken und Nebenwirkungen … Last but not least: in höheren Dosierungen kann Zistrose zu Schwindelgefühlen, Übelkeit und Magenschmerzen führen. Bei einer Schwangerschaft sollte vor der Anwendung ein Arzt zu Rate gezogen werden, da bislang keine Erkenntnisse über den Einsatz bei werdenden Müttern vorliegen.

Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/2021 ab Seite 114.

Birgit Frohn, Diplombiologin und Medizinjournalistin

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