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Repetitorium

FRAUENGESUNDHEIT – TEIL 3

Die Wechseljahre sind eine Lebensphase voller Veränderungen. In manchen Fällen kann eine Behandlung sinnvoll sein. Es stehen hormonelle und pflanzliche Optionen zur Verfügung.

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Unter den Wechseljahren werden bei der Frau die Jahre der hormonellen Umstellung vor und nach der letzten Regelblutung (Menopause) verstanden. In dieser Zeit verliert der weibliche Körper allmählich seine Fähigkeit zur Fortpflanzung, da die Hormonproduktion in den Eierstöcken (Ovarien) nachlässt. Die Folgen sind Hormonmangel und ein Hormonungleichgewicht, was sich physisch und psychisch auswirkt.

Neuer Lebensabschnitt Der Begriff Wechseljahre verdeutlicht anschaulich, dass es sich um eine jahrelang andauernde Übergangsphase handelt. Die Phase kann sich über einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren, manchmal sogar bis zu 20 Jahren erstrecken. Sie beginnt schleichend. Schon mit Anfang 40 setzen erste Symptome ein, die viele Frauen noch nicht mit der hormonellen Umstellung in Verbindung bringen. Man kann nicht vorhersagen, wann die Wechseljahre genau anfangen und wie lange sie dauern, das tritt individuell verschieden ein. Ebenso variiert der Zeitpunkt der letzten Regelblutung. Er kann nur rückblickend festgestellt werden, nachdem die Menstruation an zwölf aufeinanderfolgenden Monaten ausgeblieben ist.

Gewöhnlich tritt die Menopause zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr ein. In Europa liegt das Durchschnittsalter der Frauen zwischen 51 und 52 Jahren. Der medizinische Terminus lautet Klimakterium, was aus dem Griechischen abgeleitet ist (klimaktér = Stufenleiter, Treppe) und sinngemäß für einen „kritischen Zeitpunkt im Leben“ steht. Damit wird auf den Wandel verwiesen, den eine Frau in dieser Zeit erlebt. Gleichzeitig drückt es aus, dass der Höhepunkt des Lebens erreicht, wenn nicht gar überschritten ist. Doch so negativ ist die zweite Lebenshälfte gar nicht, wie der Fachbegriff anklingen lässt. Sie beinhaltet auch eine Chance für einen positiven Neuanfang.

Viele Frauen haben wieder mehr Zeit für sich und den Partner, da die Kinder inzwischen selbstständiger oder schon aus dem Haus sind. Zudem eröffnet der Abschied von der Fruchtbarkeit einen freieren Umgang mit der Sexualität: Empfängnisverhütung spielt nach der Menopause keine Rolle mehr und auch die von vielen als lästig empfundene Monatsblutung hat ein Ende. Allerdings kann der Lebensabschnitt auch Ängste auslösen, da er mit dem Älterwerden einhergeht. Viele verknüpfen das mit nachlassender Attraktivität oder sie fürchten, weniger leistungsfähig zu werden. Auf jeden Fall sollten Frauen wissen, dass die Wechseljahre keine Krankheit, sondern ein Teil des natürlichen Alterungsprozesses sind.

Phasen der Wechseljahre Der erste Abschnitt wird als Prämenopause bezeichnet. Darunter versteht man die Zeit vor der letzten Regelblutung. Der Zyklus bleibt in diesen Jahren noch regelmäßig, wobei sich die Zykluslänge verkürzt. Typisches Anzeichen sind Spannungsgefühle in den Brüsten, die durch sinkende Progesteronspiegel ausgelöst werden. Der Zeitraum um die letzte Regelblutung herum (wenige Jahre vor und ein Jahr danach) ist die Perimenopause. Jetzt wird die Produktion der Estrogene massiv reduziert und die des Progesterons ganz eingestellt. Charakteristischerweise schwanken die Zyklen in dieser Phase verstärkt.

Zudem können sich nun Hitzewallungen und Schweißausbrüche einstellen. Ursache sind nachlassende Estrogenmengen, die das Regulationszentrus für Körpertemperatur und Stimmungslage im Hypothalamus stören. Daher sind einige der Betroffenen in dieser Zeit auch leichter reizbar oder leiden unter Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen. Ein Jahr nach der Menopause beginnt die Postmenopause. Sie reicht etwa bis zum 65. Lebensjahr. In dem Jahrzehnt nach der letzten Regelblutung hat die hormonelle Achterbahn ein Ende, die Estrogenproduktion in den Eierstöcken versiegt schließlich ganz. Nur noch das Fettgewebe und die Nebennierenrinde stellen weiterhin kleine Mengen an Estrogen her, weshalb geringe Estrogenspiegel auch noch nach den Wechseljahren vorhanden sind.

Die ovariale Produktion männlicher Hormone lässt dagegen weniger nach, so dass es durch ein relatives Überwiegen der Androgene zu gewissen Vermännlichungserscheinungen kommen kann: vermehrte Gesichtsbehaarung an Oberlippe und Kinn sowie das Ausdünnen der Haare auf der Kopfhaut bis hin zu Haarausfall. Während die typischen vasomotorischen Symptome wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche als eher kurzfristige Folgen des Hormonmangels allmählich zurückgehen, rücken langfristige Veränderungen in den Vordergrund. Sie betreffen vor allem die Schleimhäute des Urogenitaltraktes, was eine trockene Scheide, Inkontinenz und rezidivierende Harnwegsinfekte begünstigt. An Knochen und Gelenken steigt das Risiko für Osteoporose und Gelenkschmerzen. Auch das Herz-Kreislauf-System und der Fettstoffwechsel sind betroffen. Der darauffolgende Zeitraum stellt das Senium dar. Hier stellt sich wieder eine stabile Hormonsituation ein.

Vorteile und Risiken der Hormontherapie Wie stark und häufig Frauen Wechseljahresbeschwerden haben, ist individuell unterschiedlich. Ein Drittel der Frauen nimmt die Wechseljahre gar nicht, ein anderes Drittel nur geringfügig wahr. Beim letzten Drittel schränken starke Beschwerden die Lebensqualität ein. Für diese Frauen kann eine Behandlung mit Hormonen oder pflanzlichen Präparaten erwogen werden. Während Hormone früher lange Zeit als Allheilmittel bei Wechseljahresbeschwerden galten und sie sogar im breiten Rahmen präventiv zum Einsatz kamen, verordnet man sie phasenweise sehr zurückhaltend und nur noch bei starken, belastenden Beschwerden.

Hintergrund für die restriktive Verschreibungspraxis waren Langzeitstudien, die darauf hinwiesen, dass die Hormontherapie mit einem erhöhten Risiko einhergehen kann, an Brustkrebs zu erkranken, eine Thrombose, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden.Inzwischen werden die Daten der Studie jedoch neu interpretiert und anders bewertet.

Individuell bewerten Nach der aktuellen Erkenntnis gilt es, Nutzen und Risiken differenziert abzuwägen, denn die derzeitige Datenlage zeigt, dass eine individuell abgestimmte Hormongabe mit weniger Risiken behaftet zu sein scheint, als man bis vor kurzem noch dachte. Inzwischen geht man sogar davon aus, dass Frauen in bestimmten Fällen langfristig von einer Hormontherapie (HT) profitieren können. Daher muss der der Arzt immer im Einzelfall gemeinsam mit der Frau das Für und Wider von Hormonen betrachten. Wurde die Entscheidung für eine HT getroffen, soll die Hormongabe nur so kurz wie möglich (zirka drei bis fünf Jahre) und so niedrig dosiert wie nötig erfolgen.

Zudem ist ihr Einsatz regelmäßig zu überprüfen. Dann gehen die Experten nach derzeitiger Datenlage davon aus, dass eine HT bei Frauen mit moderaten bis schwerwiegenden Symptomen, die nicht unter speziellen Risikofaktoren oder Vorerkrankungen (z. B. Karzinome der Brust oder der Gebärmutterschleimhaut, kardiovaskuläre Vorbelastung, Lebererkrankungen) leiden, vertretbar ist. Zudem wird empfohlen, mit der Therapie zeitnah nach der Menopause beziehungsweise vor dem 60. Lebensjahr zu beginnen. Dieses Zeitfenster gilt als günstig, da dann noch Restmengen des eigenen Estrogens das Gefäßsystem schützen können.

Leitliniengerechte Therapie Die S3-Leitlinie „Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Intervention“, die 2020 umfassend überarbeitet wurde, gibt Ärzten eine Hilfestellung bei ihrem Entscheidungsprozess, ob eine HT indiziert sein könnte. Die Leitlinie führt Studienergebnisse auf und gibt evidenzbasierte Empfehlungen zum Einsatz von Hormonen bei verschiedenen Indikationen. So lindern sie nicht nur Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, sondern wirken sich auch positiv bei urogenitaler Atrophie, vaginaler Trockenheit, Inkontinenzerscheinungen, Problemen mit der Blase und rezidivierenden Harnwegsinfekten aus.

Zudem ist eine HT zur Prophylaxe und Therapie der Osteoporose bei hohem Frakturrisiko möglich. Aber nur, wenn gleichzeitig Wechseljahresjahresbeschwerden vorliegen oder eine Unverträglichkeit oder Kontraindikationen gegenüber anderen zur Osteoporoseprävention zugelassenen Arzneimitteln besteht.

Estrogene und Gestagene Meist erfolgt die HT als Kombination aus Estrogen plus Gestagen. Bei Frauen ohne Gebärmutter reicht Estrogen allein. Vorteil der Estrogen-Monotherapie ist das deutlich geringere Brustkrebsrisiko im Vergleich zu einer kombinierten Estrogen-Gestagen-Therapie. Ist der Uterus noch vorhanden, sind zusätzlich Gestagene aber immer erforderlich. Als Gegenspieler der Estrogene verhindern sie einen starken estrogenbedingten Aufbau der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) und reduzieren damit die Gefahr eines Gebärmutterkrebses (Endometriumkarzinom). Als Estrogen-Komponente kommen meist Estradiol, Estradiovalerat und Estriol zum Einsatz.

Konjugierte Estrogene, die aus dem Harn trächtiger Stuten gewonnen werden, sind heute seltener Kombinationspartner. Das synthetische Ethinylestradiol, das man aus der Pille als Ovulationshemmer kennt, wird zur HT in den Wechseljahren nur dann verordnet, wenn auch eine Empfängnis verhütet werden soll. Als Gestagen-Komponente dienen sowohl synthetische Verbindungen mit unterschiedlichen Partialeigenschaften (z. B. Dienogest, Levonorgestrel, Medrogeston, Norethisteronacetat oder Medroxyprogesteronacetat) als auch das natürliche Gestagen, das Progesteron. Die Gestagengabe kann kontinuierlich oder sequentiell erfolgen, wobei die Anwendungsdauer mindestens zehn Tage in der zweiten Zyklushälfte betragen sollte. Häufig werden sie 12 bis 14 Tage appliziert.

Die sequentielle Applikation ahmt den natürlichen Zyklus nach, wodurch regelmäßige Blutungen erfolgen. Werden diese nicht gewünscht, ist eine kombinierte Gabe von Estrogenen und Gestagenen dauerhaft zu bevorzugen. Allerdings treten in den ersten Jahren nach der Menopause häufig Durchbruchblutungen auf, so dass die kontinuierliche Kombinationstherapie meist erst etwa zwei Jahre nach der Menopause empfohlen wird. Einen Sonderfall stellt das 19-Nortestosteronderivat Tibolon dar, das zugleich estrogene, gestagene und androgene Eigenschaften entfaltet.

Oral, transdermal, topisch-vaginal Estrogene und Gestagene sind in fixen Kombinationen oder einzeln verfügbar. Dabei existieren verschiedene Darreichungsformen für die systemische und lokale Anwendung. Kombinationspräparate werden für die orale und transdermale Applikation angeboten. Gestagene allein werden meist oral als Tablette oder Weichkapsel eingenommen. Praktiziert wird auch eine vaginale Anwendung der Weichkapseln, auch wenn sie für die HT in den Wechseljahren nicht zugelassen ist. Bei Estrogenen stehen für die systemische Monotherapie Tabletten für die orale Einnahme sowie Pflaster, Gele oder ein Spray zur transdermalen Applikation zur Verfügung.

Transdermale Systeme werden immer häufiger verordnet, da mit ihnen aufgrund des fehlenden First-pass-Effektes das Thromboserisiko geringer ist als unter oraler Hormongabe. Durch Umgehung des Leberkreislaufes werden die hepatischen Gerinnungsparameter nicht nennenswert aktiviert, wodurch sich vermutlich auch das Schlaganfallrisiko minimieren lässt. Stehen urogenitale Symptome im Vordergrund, wird die vaginale Applikation eines reinen Estrogens präferiert, da so geringere Hormondosen nötig sind und mit weniger Nebenwirkungen als bei der systemischen Gabe zu rechnen ist.

Die Leitlinien raten dementsprechend bei urogenitaler Atrophie, vaginaler Trockenheit, Inkontinenzerscheinungen, Problemen mit der Blase und rezidivierenden Harnwegsinfekten zu einer vaginalen Estrogentherapie. Vorrangig wird Estriol als Creme, Ovula oder Zäpfchen vaginal eingeführt. Es wird gut von der Schleimhaut aufgenommen und bereits geringe Dosen beeinflussen die Atrophisierung der Haut und des Harnröhrenepithels günstig. Auch Estradiol findet sich in Vaginalcremes sowie in einem Vaginalring aus Silikon, der eine kontinuierliche Hormongabe über drei Monate ermöglicht. Eine zusätzliche Gestagengabe ist bei der vaginalen Anwendung nicht notwendig.

Ohne Hormone Alternativ kann zu estrogenfreien feuchtigkeitsspendenden Vaginalgelen, -cremes oder –zäpfchen (z. B. mit Milch- oder Hyaluronsäure) geraten werden. Sie genügen häufig, um die Vagina ausreichend zu befeuchten. Andere Frauen suchen auch prinzipiell nach hormonfreien Behandlungsoptionen für ihre Wechseljahresbeschwerden oder sind aufgrund von Risikofaktoren oder Kontraindikationen auf hormonfreie Alternativen angewiesen. Bei leichten bis mittelstarken Symptomen kann ein Therapieversuch mit pflanzlichen Präparaten lohnenswert sein. Allerdings sind sie schwierig zu bewerten. Problem ist eine uneinheitliche Datenlage. Nicht alle pflanzlichen Optionen sind als Arzneimittel zugelassen, einige haben lediglich den Status eines Nahrungsergänzungsmittels (NEM). Diese müssen – anders als Arzneimittel – weder ihre Wirksamkeit noch Unbedenklichkeit in wissenschaftlichen Studien dokumentieren.

Pflanzliches Selbst unter den zugelassenen pflanzlichen Arzneimitteln gibt es Unterschiede. Vor allem sind Extrakte aus dem Rhizom der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) gut untersucht. Produkte mit höchster Evidenz sind dabei Arzneimittel mit dem isopropanolischen Cimicifuga racemosa (iCR)-Spezialextrakt. Sie zeigen bei hoher Sicherheit eine effektive Wirksamkeit bei Beschwerden wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen, die einer niedrig-dosierten Hormontherapie vergleichbar ist. Es existieren auch Kombinationspräparate mit Johanniskraut (Hypericum perforatum).

Diese können für Frauen, bei denen das Beschwerdebild auch durch depressive Verstimmungen begleitet wird, eine wirkungsvolle Option sein. Präparate mit einem Spezialextrakt ERr 731 aus der Wurzel des Sibirischen Rhabarbers (Rheum raponticum) sind auch als Arzneimittel zugelassen. Auch sie lindern Wechseljahrssymptome wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen ebenso effektiv wie eine niedrig dosierte Hormontherapie. Allerdings ist die Studienlage hinsichtlich der Langzeitwirkung nicht so eindeutig wie bei der Traubensilberkerze. Unklar bleibt daher das Nutzen-Risiko-Verhältnis für einen Einsatz bei Brustkrebspatientinnen. Ebenso schwierig ist die Beurteilung von NEM mit Isoflavonen aus Rotklee (Trifolium pratense) und Soja (Glycine max).

Bereits vor vielen Jahren wurde aufgrund ihrer phytoestrogenen Effekte eine große Diskussion über ihren Nutzen und ihre Sicherheit bei Wechseljahresbeschwerden in Gang gesetzt. Inzwischen geht man davon aus, dass Präparate mit Rotklee und Soja in bestimmten Dosierungen bei einer Einnahmedauer von bis zu drei Monaten für Frauen nach der Menopause sicher sind. Dennoch besteht bei ihrem Einsatz weiterhin eine Unsicherheit. Einig ist man sich, dass sie für Frauen mit Brust- oder Gebärmutterkrebs kontraindiziert sind.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 12/2021 ab Seite 88.

Gode Chlond, Apothekerin

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