© Die PTA in der Apotheke
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Schädliche Hausmittel

FINGER WEG!

Für viele Tipps aus Großmutters Zeiten gilt: Hilft nicht, schadet aber auch nicht. Allerdings gibt es auch solche, die Ihre Kunden auf gar keinen Fall ausprobieren sollten.

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Ein weit verbreiteter Irrtum: Wenn Zecken sich festgebissen haben, hilft es, Öl oder Klebstoff auf die Einstichstelle zu geben, damit die Spinnentiere ersticken und abfallen. Das ist gefährlich, denn zum einen reizt es die Haut, die mit Rötungen, Quaddeln und anderen Kontaktallergien reagieren kann, zum anderen kann der Klebstoff in die Einstichstelle eindringen und dort Entzündungen auslösen. Und zudem: Es nützt gar nichts, eine Zeckeneinstichstelle „abzudichten”. Denn die kleinen Blutsauger atmen über Tracheen, deren Öffnungen im Hinterleib liegen.

Heißt: Die Zecke bleibt einfach nur in der Haut stecken und kann so FSME- und Borreliose-Erreger übertragen. Kleber, Öl oder Creme über die ganze Zecke zu verteilen, ist ebenso gefährlich, denn im Todeskampf sondern die Tiere besonders viel Speichel oder Magensaft ab, der die Krankheitserreger enthält. Zecken sollte man daher einfach nur so schnell wie möglich mit einer Pinzette gerade nach oben herausziehen.

Salz macht Zähne weiß Immer schön mit Salz putzen, das tötet Bakterien und macht die Zähne weiß! Stimmt das? Bedingt. Denn Salz hat zwar eine antibakterielle Wirkung, einen Bleaching-Effekt bekommt man jedoch nicht, denn das Salz greift den Zahnschmelz an und schmirgelt ihn förmlich ab. Die Folge: Verunreinigungen können sich in der rauen Oberfläche noch besser absetzen.

Speziell präparierte Tampons gegen Vaginalinfektionen Pilzinfektionen der Scheide sind unangenehm. Ein fragwürdiger Tipp: Man soll Tampons mit Teebaumöl, Knoblauchöl oder Essig tränken und sie in die Scheide einführen, um die Pilzinfektion zu bekämpfen. Doch für die empfindliche Vaginalflora sind diese Wirkstoffe viel zu aggressiv, sie können das Leiden sogar noch verschlimmern.

Natron gegen Sodbrennen Zu scharf, zu fettig, zu viel gegessen, und jetzt brennt die Speiseröhre höllisch? Da soll ein Löffelchen Natron Wunder wirken! Natron ist auch in vielen Medikamenten gegen Sodbrennen enthalten, und natürlich möchten viele lieber ein kostengünstiges Hausmittel verwenden, als denselben Wirkstoff als Tablette zu bezahlen.

Zuerst einmal: Die kurzfristige Wirkung von Natron ist tatsächlich gegeben, denn es ist basisch und neutralisiert damit die Säure. Allerdings führt es auch zu einer vermehrten Gasbildung im Magen-Darm-Trakt. Langfristig kommt es jedoch zu einer noch stärkeren Übersäuerung des Magens (acid rebound), unter Umständen sogar zu einer metabolischen Alkalose, einer Stoffwechselentgleisung. Außerdem kann Sodbrennen gefährliche Ursachen haben, die man auf jeden Fall vom Arzt abklären lassen sollte.

Butter auf die Brandblasen Omas Tipp für Verbrennungen: Butter draufschmieren! Aus medizinischer Sicht absolut kontraproduktiv, weil sich die Hitze unter der Fettschicht staut, die Haut nicht mehr atmen kann und so die Wundheilung verzögert wird. Wenn bei der Verbrennung eine offene Wunde entstanden ist, ist die Haut außerdem in ihrer Funktion als Keimbarriere stark eingeschränkt.

Im Fett der Haushaltsbutter, womöglich noch einer bereits angebrochenen Packung, tummeln sich Bakterien, die dann eine Infektion auslösen können. Also: Fetthaltige Produkte wie Butter, Quark oder auch fetthaltige Salben haben auf Verbrennungen nichts zu suchen. Stattdessen die betroffene Stelle vorsichtig kühlen, einen lockeren Verband anlegen und in schweren Fällen oder bei starken Schmerzen sofort zum Arzt.

ERKÄLTUNGEN RAUSSCHWITZEN...
…… und zwar in der Sauna! Dieses Hausmittel ist ganz gefährlich. Saunieren wirkt zwar bei Menschen mit intaktem Immunsystem vorbeugend gegen Erkältungskrankheiten, ist man aber bereits krank und der Körper geschwächt, sind die hohen Temperaturschwankungen beim Saunagang lebensgefährlich. Der Organismus kann sie nicht mehr ausgleichen, sodass es zum Kreislaufkollaps und im schlimmsten Fall zu Herzstillstand kommen kann. Schwitzen ist bei Erkältungen trotzdem eine gute Idee, aber in Maßen, indem man sich im eigenen Bett einfach gut warm hält, Erkältungstees wie beispielsweise Lindenblütentee trinkt, oder sich mit Wadenwickeln eine kreislauffreundliche „Heimsauna” schafft.

Mehl auf Wunden Ähnliches wie für die Verbrennungen gilt auch für den Tipp, Mehl auf Wunden zu streuen. Zum einen besteht ein hohes Risiko, dass sich die Wunde infiziert, weil das Mehl nicht keimfrei ist, zum anderen verklebt Mehl gerade bei nässenden Wunden die betroffene Hautpartie. Die Wunde wird so ungewollt „verschlossen”, heilt langsamer ab und die Wundränder sind nicht mehr sauber. Dadurch können hässliche Narben entstehen.

Bei Vergiftung Milch trinken oder erbrechen Auf gar keinen Fall! Hat ein Kind zum Beispiel ein ätzendes Reinigungsmittel getrunken, würde es beim Erbrechen die Speiseröhre und den Halsraum ein zweites Mal verätzen. Das Fett in der Milch kann die Resorption vieler Gifte im Körper sogar noch beschleunigen. Das einzige, was Ihr Kunden bei einer Vergiftung machen sollten, ist sofort – wenn möglich – die Quelle zu lokalisieren, den Giftnotruf zu kontaktieren und ins Krankenhaus zu fahren.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/12 ab Seite 72.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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