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Mit über 50 Millionen Betroffenen ist Alzheimer die häufigste Form der Demenz. Meist betrifft es Menschen über 65 Jahre.

Demenz | Proteine

ALZHEIMER: DAS PASSIERT MIT DEN HIRNZELLEN

Morbus Alzheimer zeigt sich im Gehirn durch Plaques, die sich außerhalb von Nervenzellen im Gehirn sammeln. Doch auch innerhalb der Zellen kommt es zu Veränderungen. Was genau sich dort abspielt, haben Forschende untersucht.

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Mit über 50 Millionen Betroffenen ist Alzheimer die häufigste Form der Demenz. Sie betrifft meist Menschen über 65 Jahre. Pathologisch zeichnet sich die Erkrankung im Gehirn vor allem durch zwei Merkmale aus: Beta-Amyloid-Plaques außerhalb der Nervenzellen und Tau-Proteine. Im Inneren von Zellen stabilisiert das Tau-Protein röhrenartige Strukturen (Mikrotubuli), welche für den Transport von Nährstoffen bei Nervenzellen wichtig sind. Beta-Amyloid ist ein Protein, welches durch die Spaltung des Amyloiden-Vorläuferproteins (APP) entsteht. 

APP ist in die Zellmembran der Nervenzellen eingebettet. Das Vorläuferprotein ragt nach innen und außerhalb der Zelle heraus. Im Normalfall wird APP mittig gespalten, wobei der Teil innerhalb der Nervenzellen zerfällt. Bei Alzheimerpatienten finden zwei Spaltungen statt, sodass drei Teile entstehen.

Forschende aus der Arbeitsgruppe Cell Signalling am Lehrstuhl Molekulare Biochemie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) unter Leitung von Privatdozent Dr. Thorsten Müller fanden heraus, dass der innerhalb der Nervenzellen liegende Teil des APP bei Alzheimerpatienten stabiler ist. Er besteht aus circa 50 Aminosäuren und kann unter bestimmten Bedingungen gemeinsam mit anderen Proteinen wie FE65 und TIP60 in den Zellkern wandern, so die Forscher*innen. Dieser Protein-Komplex (nukleare Aggregate) ist in der Lage, die Genexpression der Zelle zu beeinflussen. Sie beeinflussen also, welcher Information aus dem Erbgut abgelesen wird. Erstautor David Marks von der Arbeitsgruppe Cell Signaling der RUB erklärt:

„Das weist darauf hin, dass die Aggregate in diesem Bereich eine Funktion haben.“

Tests, Proben und Organoide

Innerhalb der nuklearen Aggregate konnten die Wissenschaftler*innen ein Protein finden, dass an der Modifikation der DNA beteiligt ist. „Um diesen Mechanismus noch besser zu verstehen, haben wir nach weiteren Proteinen gesucht, die Teil dieser Aggregate sein könnten, und haben zwei weitere Kandidaten gefunden, die an den nuklearen Aggregaten beteiligt sind, die sogenannten Tumorsuppressor-Proteine P53 und PML“, erläutert Marks. In Experimenten an Zellen konnten die Forschenden zeigen, dass mit der Zeit aus den Proteinen APP-CT50, FE65, TIP60 und PML gebildete nukleare Aggregate miteinander fusionieren und noch größere nukleare Aggregate bilden.
 

Alzheimer: Eine Frage des Alters

Außerdem untersuchten sie Gehirnproben älterer verstorbener Personen, aber auch selbst generiertes neuronales Gewebe aus Stammzellen. „Diese Mini-Gehirne, sogenannte Zerebrale Organoide, spiegeln die Embryonal- und Entwicklungsphase eines Gehirns relativ akkurat wider“, so Thorsten Müller. Das Forschungsteam konnte keine nuklearen Aggregate in den vergleichsweise jungen Zerebralen Organoiden finden, wohingegen diese jedoch in den Gehirnproben von älteren Patienten vorhanden waren. Daraus schließen die Forscher*innen, dass der Prozess abhängig vom Alter ist.
 

Weniger PML-Körperchen in Amyloid-Plaques

An den Gehirnproben zeigte sich auch, dass APP-CT50 und FE65 einen Teil der sogenannten PML-Körperchen ausmachen. Die Forschenden untersuchten hippocampale Gehirnschnitte von Alzheimerpatienten genauer. In Beta-Amyloid-Plaque-reichen Regionen hatten die Zellkerne weniger PML-Körperchen. In solchen Regionen kommt es zu einer höheren Expression und Prozessierung von APP. Der Transfer von APP-CT50 und FE65 in den Zellkern könnte also ein Teil der Alzheimerpathologie sein und dort die Fusion von PML-Körpern beeinflussen.

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
 

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