Eine Darstellung zeigt mehrere Viren und einen RNA-Strang.
SARS-CoV-2 mutiert - und einige Varianten stellen Impfstoffentwickler vor Herausforderungen. © CROCOTHERY / iStock / Getty Images Plus

Virusvarianten | Antikörper

WIRKT DIE IMPFUNG AUCH GEGEN CORONA-MUTATIONEN?

Nicht nur, dass das Coronavirus mit Namen SARS-CoV-2 die Welt erobert hat – jetzt macht es auch noch durch zusätzliche, besonders ansteckende Mutationen von sich reden. Sorgen bereitet den Wissenschaftlern in diesem Zusammenhang die Frage, ob die bereits zugelassenen Impfungen gegen diese Mutationen wirken.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Wie immer in dieser Pandemie muss alles ganz schnell gehen. Vor gut einem Jahr tauchte die „neuartige Lungenkrankheit“ auf. Bald darauf begannen Forschungslabore aus aller Welt mit der Entwicklung von Impfstoffen, die nun endlich Marktreife erlangt haben. Jetzt, da die größte Massenimpfung der Geschichte gestartet ist, droht das Virus uns wieder ein Schnippchen zu schlagen: Denn seit Ende 2020 breitet sich in Südafrika eine Variante mit der Bezeichnung B.1.351 oder 501Y.V2 aus, die acht charakteristische Mutationen aufweist. Wissenschaftler untersuchten, ob diese Variante der Immunantwort nach einer SARS-CoV-2-Infektion entkommen kann. Dazu testeten sie mit echten Coronaviren, inwieweit Seren von Genesenen die Variante neutralisieren.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass 501Y.V2 der Kontrolle durch neutralisierende Antikörper nach einer natürlichen Infektion entkommen kann.

Südafrikanische Variante: Antikörper helfen nicht
Die Ergebnisse ließen aufhorchen: Die Neutralisationsaktivität der Seren war bei der neuen Variante deutlich niedriger als bei anderen Modifikationen. Bei einem Probanden fehlte sie sogar völlig. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass 501Y.V2 der Kontrolle durch neutralisierende Antikörper nach einer natürlichen Infektion entkommen kann“, heißt es in schönster Wissenschaftler-Sprache. Im Klartext: Ob die vorhandene Impfung wirkt, kann nicht sicher gesagt werden.

Auch zelluläre Immunantwort beachten
Die Autoren der auf einem Preprint-Server veröffentlichten Studie betonten allerdings, man wisse noch nicht genau woran das liegt. Sind nun neutralisierende Antikörper für den Schutz notwendig? Oder spezifische T-Zellen, die ja bei einer Infektion und Impfung auch gebildet werden? Denn das ist genau das Problem: In der Regel wird nur die Antikörperantwort betrachtet, während der zelluläre Teil der Immunantwort nicht untersucht wird.

Impfstoff-Wirkung reduziert?
Einer weitere Studie aus Südafrika stammt von einemTeam um Professor Dr. Penny Moore aus Johannesburg. Sie testete die Aktivität von Seren von Genesenen gegen verschiedene andere Virus-Mutationen. Hierzu verwendeten die Wissenschaftler Pseudoviren, die mit verschiedenen Spike-Proteinen von SARS-CoV-2 ausgestattet wurde. Diese Variante (501Y.V2) kann drei therapeutisch relevanten monoklonalen Antikörpern sogar vollständig entkommen. Zudem waren sie nur noch wenig bis gar nicht mehr durch neutralisierende Antikörper aus dem Genesenen-Plasma angreifbar – so sehr, dass das Team fürchtet, dass die Wirkung der Spike-basierten Impfstoffe reduziert sein könnte.

Britische B.1.1.7: Impfung wirkt
Aus Großbritannien stammt außerdem die Variante B.1.1.7. Sie weist ebenfalls eine Reihe von Mutationen im Spike-Gen auf und ist bisherigen Erkenntnissen zufolge deutlich ansteckender als nicht mutierte Formen. Der Impfstoffproduzent Biontech hat dazu untersucht, inwieweit seine mRNA-Vakzine Comirnaty®Geimpfte gegen die Variante schützt. Die Ergebnisse lassen hoffen: Sie beeinträchtigen die Schutzwirkung der Impfung nicht. Auch zwei weitere Untersuchungen, in denen man sowohl das Plasma von Geimpften nach erster sowie von erster und zweiter Impfung verwendet hatte, zeigten sich hohe Antikörpertiter gegen das Spike-Protein und eine hohe neutralisierende Aktivität.

Allerdings: Die Aktivität gegen bestimmte Varianten (N501Y, E484K oder eine Kombination aus N501Y, E484K und K417N) war um eine kleine, aber signifikante Differenz reduziert. Was das aber für die Impfstoffeffektivität tatsächlich bedeute, sei aus in-vitro-Untersuchungen schlecht abzuleiten: Hier brauche man Real-Life-Daten.

Alexandra Regner,
PTA und Medizinjournalistin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung 

×